Ein Kuss für die Ewigkeit
durften nicht scheitern.
Finn tätschelte ihren Arm, als versuche er ein Kind zu beruhigen, doch welche Absicht er auch mit dieser Geste verbunden haben mochte, seine Berührung löste bei ihr alles andere als kindliche Gefühle aus. Wärme und Verlangen schienen sich auf ihrer Haut auszubreiten.
Ihre lustvolle Reaktion erinnerte sie an einen Teil ihres Plans, den sie mit Finn nicht abgesprochen hatte. Mit einem Ruck riss sie einen Ärmel von ihrem Kleid ab, dann löste sie den Knoten, der die Schnüre ihres Korsetts zusammenhielt, und zog es ein Stück weit auseinander.
Finn warf einen Blick über die Schulter, um herauszufinden, was sie da machte. „Wofür soll das gut sein?“, fragte er mit solch belegter Stimme, dass sie sich wünschte, sie könnte ihre Blöße gleich wieder bedecken. „Herrgott! Jeder Mann da drinnen wird versuchen, einen Blick auf Eure Brüste zu werfen.“
„Darauf hoffe ich auch. Mit etwas Glück sind sie so sehr abgelenkt, dass sie nicht zu viele Fragen stellen.“
„Oh, abgelenkt werden sie mit Sicherheit sein.“
„Ich will auch, dass es mehr nach einem richtigen Überfall aussieht.“
„Vielleicht sollte ich mir noch einen Schlag auf den Kopf verpassen.“
„Wenn Ihr meint, dass das unsere Tarnung noch überzeugender macht“, antwortete sie lächelnd. So wie vermutet war er mit diesem Teil des Plans nicht einverstanden, deshalb konnte sie froh sein, dass sie nicht früher mit ihm darüber gesprochen hatte.
Er schwieg, seufzte aufgebracht und ließ das Pferd antraben.
Als sie die breite Wiese vor dem Wachtturm von Castle de Werre erreichten, stürmten bereits zwei Wachleute aus dem Tor auf sie zu. Es war noch immer hell genug, um ohne Fackeln etwas erkennen zu können. Der eine Wachmann zog sein Schwert, der andere hielt warnend seinen Speer auf sie gerichtet.
Sie waren nicht so gekleidet, wie man es von den Soldaten einer Garnison erwartet hätte. Stattdessen wirkte es, als hätten sie alle möglichen Teile einer Rüstung angelegt, die sie gefunden – oder gestohlen – hatten.
„Halt!“, rief der Größere der beiden. „Wer seid Ihr? Und was wollt Ihr?“
Finn antwortete und traf genau den richtigen Tonfall, der zu einem geplagten Adligen passte. „Ich bin Lord Gilbert of Fairbourne, wir wurden unterwegs überfallen. Meine Frau und ich konnten mit knapper Not entkommen!“
Zwei weitere Soldaten traten mit gesenkten Spießen aus dem Schatten des gewaltigen Fallgitters hervor. Als sie sich näherten, begann Lizette zu wehklagen. „Oh, lasst uns hinein! Gewährt uns doch Einlass!“
„Lasst uns passieren!“, verlangte Finn. „Merkt ihr nicht, wie sehr sich Lady Helewyse aufregt?“
Die Soldaten warfen sich zweifelnde Blicke zu.
„Ihr Narren! Wenn ich hier wäre, um euch anzugreifen, würde ich dann allein mit einer Frau vor Eurem Tor stehen? Um Gottes willen, lasst uns endlich eintreten! Wir sind Gäste von Lord Wimarc!“
Ein gut aussehender Mann in einem langen dunklen Wams, das an Hals und Saum mit silbernen Fäden bestickt war, durchschritt das Tor. Kleidung, Gesicht und Auftreten unterschieden ihn deutlich von den Soldaten. Um seine schmale Taille lag ein Gürtel, an dem er ein Schwert trug, und er war fast so breitschultrig wie Finn, aber er strahlte keine Angriffslust aus. Er besaß die Eleganz eines Höflings, sein Gesicht war frei von Falten, das schwarze Haar lag in Wellen über seinen Ohren, und von ihm ging ein Geruch aus, als habe er irgendein Parfüm benutzt. Es war kein weiblicher Duft, aber auf jeden Fall war er besser als die übliche Mischung aus Schweiß und Leder.
Die Wachposten wichen vor dem Mann zurück, und da begriff Lizette, wer er sein musste.
Mit ihrer Erwartung hatte sie hoffnungslos danebengelegen. Sie war davon ausgegangen, dass Lord Wimarc ein Mann mittleren Alters war, grauhaarig und verschlagen wie ein alter Geizhals, aber kein junger Mann, der es vom Aussehen her mit Finn aufnehmen konnte.
„Lord Gilbert? Lady Helewyse?“, rief er bestürzt und lief zu ihnen. „Mein Gott, natürlich dürft Ihr eintreten. Was ist geschehen?“
„Lord Wimarc?“, fragte Finn.
„Genau der“, erwiderte der Mann und verbeugte sich. „Ich war oben auf der Mauer und nannte den Wachposten die Parole für die Nacht, als ich Euch heranreiten sah. Ich bedauere zutiefst, dass Euch ein Ungemach widerfahren ist, und dazu auch noch auf meinem Besitz. Ich heiße Euch herzlich auf meiner Burg und in meinem Heim willkommen.“
Wimarc wirkte
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