Ein Kuss für die Ewigkeit
Ehefrau so schmal gebaut ist“, entgegnete sie und richtete sich auf. „Keines der Kleider in dieser Truhe ist weiter geschnitten als dieses. Es war unmöglich, darunter mein Unterkleid zu tragen. Ich hatte die Wahl zwischen einem dieser Kleider oder dem verdreckten, in dem ich hergekommen bin.“
Langsam drehte er sich zu ihr um, das Leinentuch war vergessen, mit dem er sich das Gesicht abtrocknen wollte. „Du trägst kein Unterkleid?“, fragte er ein wenig heiser.
„Natürlich trage ich eines“, antwortete sie und fragte sich unwillkürlich, was er wohl tun würde, wenn es nicht der Fall gewesen wäre. „Ich habe mir eins von Lady Roslynns Unterkleidern geborgt. Zum Glück passt das etwas besser, aber ich will trotzdem nicht hoffen, dass es aufgerissen ist. Der Stoff ist nämlich sehr fein und dünn.“
Wortlos goss er mehr kaltes Wasser in die Schüssel und wusch sich das Gesicht noch einmal.
Sie erhob sich vom Bett, und da sie endlich wieder richtig durchatmen wollte, beschloss sie, die Schnüre an ihrem Kleid zu lösen, während er anderweitig beschäftigt war.
Wenn sie beobachtet wurden, konnte Finn wohl kaum wie geplant auf dem Fußboden schlafen. Trotzdem würde er sich doch sicher nicht zu ihr ins Bett zu legen, oder? Nein, das würde er nicht machen. Er durfte sie nicht anfassen.
Und wenn er es doch tat? Und wenn er versuchte …?
Sie würde ihn daran hindern. Das musste sie, weil das alles nur gespielt war. Er war ein Gesetzloser, und sie war Lady Elizabeth d’Averette.
Es fiel ihr schwer, sich daran zu erinnern, als er sein Hemd abstreifte und sich an das Fußende des Betts setzte, um sich seiner Stiefel zu entledigen. Sein nackter Rücken war muskulös und von männlicher Eleganz.
Sie sollte die Gelegenheit nutzen, solange er nicht zu ihr hinsah. Zwar rätselte sie weiter, wo sich der Spion wohl verstecken mochte, dennoch zog sie rasch das Kleid aus und warf es auf die Truhe, dann verkroch sie sich unter der Bettdecke. Das dünne Unterkleid hatte sie anbehalten.
Es fiel ihr noch schwerer, daran zu denken, dass sie kein Liebespaar waren, als Finn aufstand und sich zu ihr umdrehte. Sein nackter Oberkörper glänzte im schwachen Schein der Kerze, die Hose lag eng um seine Hüften. Welchen Ausdruck seine Augen zeigten, war in dem Dämmerlicht nicht zu erkennen. Dann machte er den Vorhang am Fußende des Bettes zu.
Wie ein Geist tauchte er links von ihr wieder auf und schloss auch dort den Vorhang. Als sie vor Erwartung und Ungewissheit bereits die Geduld zu verlieren drohte, erschien er auf der rechten Seite des Bettes, kniete sich auf die Matratze und schloss hier ebenfalls den Vorhang, sodass es um sie herum völlig dunkel war.
Sie war allein mit ihm.
Sie spürte, wie sich das Bett bewegte, als er sich neben sie legte, und sie hielt gebannt den Atem an, bis er leise, aber völlig leidenschaftslos sagte: „Ich glaube, wir können uns jetzt ungestört unterhalten, solange wir flüstern.“
„Warum glaubt Ihr, dass uns hier jemand beobachtet?“, wisperte sie. „Wo hält sich derjenige versteckt?“
„Als wir hereinkamen, fiel mir ein Loch im Wandteppich auf. Wenn ich bedenke, in welch makellosem Zustand sich der große Saal und dieses Gemach befinden, dann drängt sich mir die Frage auf, warum ein solchermaßen beschädigter Teppich hier hängen sollte. Es sei denn, das Loch dient einem bestimmten Zweck. Und welcher Zweck wäre wahrscheinlicher als der, die Leute in diesem Zimmer auszuspionieren? Es mag sein, dass Wimarc lediglich seiner Frau misstraut, doch ich werde nichts riskieren. Im Augenblick müssen wir davon ausgehen, dass wir beobachtet werden, und wir müssen uns so verhalten, als wären wir verheiratet. Da fällt mir ein: Was sollte eigentlich Euer Auftritt unten im großen Saal?“
„Ich war zu unserem Gastgeber freundlich, wie man es von einem Gast erwartet“, erwiderte sie mit einem Anflug von Trotz, um zu überspielen, wie sehr sie sich für ihr Benehmen schämte.
„Warum habt Ihr so getan, als wärt Ihr betrunken?“
„Wimarc soll glauben, dass er mich ohne große Mühe verführen kann.“
Sie konnte sich gut vorstellen, von welch wütendem Blick Finns nächste Äußerung begleitet wurde. „Seid Ihr verrückt? Ich sagte Euch doch, er ist ein gefährlicher Mann.“
Aber Lizette war nicht bereit, diesen Teil ihres Plans aufzugeben, schon gar nicht, wenn Finn das von ihr verlangte. Sie schwebte auch so bereits in Gefahr. Was machte es da aus, wenn sie sich
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