Ein Kuss und Schluss
den Griff der Beifahrertür zu entfernen. In panischer Angst riss sie die Tür auf und wollte davonlaufen. Aber er war sofort wieder da, schlug erneut die Tür zu und drohte ihr mit dem Schläger, worauf sie von ihrem Fluchtplan Abstand nahm.
Er ging auf die andere Seite des Wagens, warf den Baseballschläger auf den Rücksitz und zwängte sich hinter das Lenkrad. Renee zitterte vor Abscheu. Sie konnte es kaum er tragen, nur neben ihm zu sitzen. Sie hasste sein selbstgefälliges Grinsen und hätte ihm am liebsten die gerade behandelte Nase aus dem Gesicht geschlagen. Aber sie bezweifelte nicht, dass er sie in Hackfleisch verwandeln würde, wenn sie auch nur den Ansatz von Gegenwehr zeigte.
Sie konnte es nicht fassen. Johns Wagen musste verflucht sein. Jedes Mal, wenn sie damit unterwegs war, wurde sie irgendwo eingekeilt, und dann kam ein großer wütender Mann. Wie hatte Leandro sie gefunden? Tolosa war keine besonders große Stadt, aber es war auch kein winziges Dorf. Konnte ein Mensch allein so viel Pech auf einmal haben?
Dann kam ihr ein schrecklicher Gedanke. Hatte er vielleicht gewusst, dass sie die ganze Zeit bei John war? War er ihr von dort aus gefolgt?
Nein. Wenn er es gewusst hätte, wäre er zweifellos ins Haus gestürmt und hätte sie aus Johns Armen gerissen. Vielleicht hatte sie mit ihrer ersten Vermutung Recht gehabt. Er war tatsächlich ein Bluthund, der direkt aus der Hölle kam.
»Wie haben Sie mich gefunden?«, fragte sie.
»Wie ich schon einmal sagte«, antwortete Leandro mit einem selbstgefälligen Grinsen. »Ich bin eben der Beste.«
Die Ampel wurde grün, und er fuhr mit quietschenden Reifen los. Renee legte aus purem Selbsterhaltungstrieb den Sicherheitsgurt an.
»Ich habe keine Handschellen dabei«, sagte er zu ihr. »Aber ich bin überzeugt, dass du als mein ganz spezieller Gast weißt, wie du dich zu benehmen hast.« Er fügte einen warnenden Blick hinzu, der ihr verriet, dass er sie in der Luft zerreißen würde, wenn sie sich nicht an die Anstandsregeln für gefasste Kautionsflüchtlinge hielt.
Renee kam sich vor, als hätte ihr Geist den Körper verlassen, als könnte sie aus kurzer Entfernung alles verfolgen, was sich ereignete. Sie dachte daran, dass sie jetzt auch bei John sein könnte, in seinem Bett. Sie hätte heulen können. Sie wollte wieder in seinen Armen sein, und er sollte ihr noch einmal sagen, dass er an ihre Unschuld glaubte. Ob er nun die Wahrheit sagte oder nicht. Aber sie hätte alles gegeben, um es nur noch einmal von ihm zu hören. Und dass er alles tun würde, um ihr zu helfen.
Doch jetzt konnte er nichts mehr für sie tun.
Leandro ignorierte ein Stoppschild und bog auf die Fünfzehnte Straße. Sie kamen durch eine ländliche Enklave, mit einer Kuhweide auf der einen Seite und einem Friedhof auf der anderen. Er zündete sich eine Zigarette an und sog gierig daran. Anschließend wollte er das Feuerzeug auf das Armaturenbrett legen, doch dann warf er Renee einen kurzen Blick zu und steckte es stattdessen in eine Hosentasche.
»Wie gefällt dir mein neuer Wagen?«, fragte er und fuhr mit den Fingern das Lenkrad entlang. »Ziemlich heißer Schlitten, nicht wahr?«
»Nicht ganz so heiß wie Ihr voriger«, sagte Renee.
»Du kannst ja richtig witzig sein, Süße. Vielleicht solltest du Komikerin werden. Gleich nachdem du zehn Jahre im Knast abgesessen hast.«
Renee spürte, wie sich ihr der Magen umdrehte, und sie fragte sich ernsthaft, ob sie sich übergeben müsste. Das wäre keine gute Idee. Seinen letzten Wagen hatte sie angezündet. Wenn sie diesen voll kotzte, würde seine Rache furchtbar sein.
Er schob eine CD in den Player, und aus den Lautsprechern drang ein Lärm, der nur entfernt an Musik erinnerte.
»Tolle Anlage, was?«, sagte er und trommelte mit den Fingern gegen das Lenkrad, während der Bass durch den Wagen dröhnte. »Hätte mich schon vor Jahren verbessern sollen. Ein paar neue Räder waren seit langem überfällig. Dieses Baby hat alles - Tempomat, Zentral Verriegelung mit Fernbedienung, Airbag, Elektronik in jeder Schraube. Sogar Extra-Garantiezeit. Und ich habe ein Wahnsinnsschnäppchen gemacht. Dieses Weichei von Verkäufer hat mir jeden Wunsch von den Lippen abgelesen.«
Das kann ich mir vorstellen . Wahrscheinlich hatte er nur einen Blick auf Leandro geworfen und ihm anstandslos die Schlüssel ausgehändigt - ohne eine Rechnung zu schreiben.
Moment mal! Hatte er etwas von Airbag gesagt?
Plötzlich lief Renees Geist auf
Weitere Kostenlose Bücher