Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Kuss und Schluss

Ein Kuss und Schluss

Titel: Ein Kuss und Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Graves
Vom Netzwerk:
unumstößliches Naturgesetz«, sagte John mit leicht zitternder Stimme. »Menschen können sich ändern.«
    »Mein Gott, John, haben wir beide es nicht oft genug miterlebt? Kinder, die grundverdorben waren, die erwachsen wurden und oberflächlich einen ganz normalen Eindruck machten, aber schließlich doch wieder im Gefängnis landeten?«
    »Renee ist anders!«
    »Ach, wirklich? Glaubst du, es ist ein blöder Zufall, dass sie erneut eines Verbrechens angeklagt wurde? So etwas ist nie ein Zufall! Solche Leute halten sich immer in der falschen Gesellschaft auf, Sie ändern nie ihre Gewohnheiten. Sie leben es immer wieder aus, und ihre Verbrechen werden von Mal zu Mal schwerer. Es hört niemals auf.«
    Renee rutschte an der Wand hinunter und setzte sich auf den Boden. Sie zog die Knie fest an die Brust und hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten, um sich Alex ‘ Anschuldigungen nicht mehr anhören zu müssen. Aber sie konnte es nicht. Sie musste wissen, womit sie es zu tun hatte. Womit sie beide es zu tun hatten.
    Bitte, John. Gib nicht nach! Bitte ...
    In den nächsten Sekunden schwiegen beide Männer. Renee kauerte sich zusammen und wartete, während ihr Herz in einem trägen, schleppenden Rhythmus schlug. Solange John auf ihrer Seite stand, würde alles gut werden. Sie würde alles über sich ergehen lassen. Sie würde sich mit Benzin übergießen lassen und durch die Hölle gehen, wenn er nur zu ihr hielt.
    »Hör mir zu, Alex«, sagte John. »Ich habe mit dem Überfallopfer gesprochen. Die Frau ist nicht mehr ganz beieinander. Dass sie bei der Gegenüberstellung Renee identifiziert hat, war reiner Zufall. Vor Gericht würde sie sofort wegen Unglaubwürdigkeit angezweifelt werden. Aber sie hat etwas gesagt, das uns helfen könnte, den wahren Täter zu finden.«
    Dann erzählte er Alex von ihren Überlegungen, dass der Räuber in Wirklichkeit ein Mann gewesen war. Er sagte, dass er zur Talentshow im Aunt Charlie‘s gehen und dort nach einem Mann suchen wollte, auf den die Täterbeschreibung passte. Alex setzte ein- oder zweimal zum Protest an, aber John schnitt ihm das Wort ab. Er betonte, dass ihre einzige Chance darin bestand, die Person zu finden, die tatsächlich für den Raubüberfall verantwortlich war.
    »Erstens«, erwiderte Alex verärgert, »ist dieser Hinweis so abwegig, dass kein Polizist, der noch einigermaßen bei Verstand ist, ihn weiterverfolgen würde. Und zweitens würdest du Ermittlungen anstellen, obwohl du offiziell gar nicht im Dienst bist, während du obendrein einer Tatverdächtigen Unterschlupf gewährst. Willst du für das alles die Verantwortung übernehmen?«
    Es folgte eine Pause. Eine viel zu lange Pause. Und als John wieder sprach, spürte sie genau, dass seine Überzeugung erheblich geschwächt war. »Ich muss es versuchen, Alex.«
    »Komm schon, John! Du warst doch noch nie einer dieser Idioten ohne Rückgrat, die ihre ganze Karriere für eine heiße Nummer aufs Spiel setzen! Für solche Kindereien warst du nie zu haben. Weder du noch ich, noch Dave - das galt immer für uns alle. Was ist auf einmal los mit dir?«
    John antwortete nicht. Alex senkte die Stimme. »Jeder von uns hat das Recht, sich mindestens einmal ein grobes Fehlurteil zu erlauben. Du hast dir einen Patzer erlaubt, und jetzt tu das Richtige, damit es keine weiteren Probleme gibt.«
    »Probleme? Was willst du damit sagen?«
    »Ich gebe dir vierundzwanzig Stunden. Wenn du sie nicht auslieferst, werde ich es tun.«
    »Soll das heißen, du willst sie aus meinem Haus holen?«
    »Das soll heißen, dass ich nicht zulassen werde, dass du deine Karriere ruinierst, weil irgendeine Verbrecherbraut dich um den Finger gewickelt hat!«
    »Es ist meine Karriere! Mit dir hat es überhaupt nichts zu tun!«
    »Erzähl mir keinen Scheiß! Denk an die Familie! Hier geht es nicht nur um dich. Wenn du wegen dieser Sache verknackt wirst, kriegen wir alle unser Fett ab. Was würde Vater dazu sagen, wenn er sehen könnte, wie idiotisch du dich benimmst?«
    Plötzlich erinnerte sich Renee, was Sandy über Alex gesagt hatte, dass er es war, der in die Fußstapfen ihres Vaters getreten war. Sie hatte jedoch den Eindruck, dass der alte Patriarch seine eigene gnadenlose Vorstellung von Gerechtigkeit gehabt hatte und dass John diese Ansprüche niemals hatte erfüllen können.
    Renee legte eine Hand an die Kehle. Ihr war heiß, und sie bekam kaum noch Luft. Warum schickte John Alex nicht zum Teufel? Warum verteidigte er sie nicht stärker?

Weitere Kostenlose Bücher