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Ein Kuss und Schluss

Ein Kuss und Schluss

Titel: Ein Kuss und Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Graves
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bist. Entweder du stellst dich und riskierst es, im Gefängnis zu landen, oder wir machen so weiter, als wärst du keine mutmaßliche Verbrecherin und ich kein Polizist. Dann können wir auf den Tag warten, an dem wir einen Fehler machen und du trotzdem ins Gefängnis wanderst. Was meinst du? Für welche dieser beiden Möglichkeiten sollten wir uns entscheiden?«
    Renee kam sich vor wie in einem Albtraum, in dem nichts mehr wirklich war. Und hinter jedem Wort, jedem Satz, jedem Blick, mit dem John ihr antwortete, verbarg sich etwas Grausames und Zerstörerisches.
    »Was willst du damit sagen?«, fragte sie.
    »Du musst verschwinden. Heute Nacht.«
    Renee war so fassungslos, dass sie zitterte. Er zog sich von ihr zurück. Ihr Gefühl der Hoffnungslosigkeit wurde immer stärker, bis sie am liebsten geschrien hätte.
    »Nur noch eine Nacht, John«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Lass mich nur noch eine Nacht bleiben, und dann ...«
    »Nicht weit von hier gibt es ein Motel. Ich bringe dich hin. Dann hast du Gelegenheit, darüber nachzudenken, was du tun willst. Und morgen ...«
    »Nein!«, rief sie. »Ich will nicht in ein verdammtes Motel gehen!«
    Seine Kiefermuskeln spannten sich an, und er schloss langsam die Augen. »Ich weiß, wie du dich fühlst, aber ...«
    »Nein! Du weißt überhaupt nicht, wie ich mich fühle! Wenn du es wüsstest, könntest du mir so etwas niemals antun!«
    Er schob seinen Stuhl zurück und stand auf. Sie hielt sich an seinem Arm fest. »John!«
    Sie klammerte sich an ihn und wartete, bis er sie wieder ansah. Sie schluckte und versuchte, ihre Tränen zu unterdrücken. »Ich dachte, zwischen uns beiden wäre etwas«, flüsterte sie. »Habe ich mich getäuscht?«
    Für einen kurzen Moment sah sie einen winzigen Hoffnungsschimmer in seinem düsteren Gesicht aufblitzen, und dieses Zeichen verriet ihr, dass er trotz allem noch ein Herz hatte. Doch genauso schnell verschwand es wieder.
    »Nein. Du hast dich nicht getäuscht. Es war etwas zwischen uns. Aber es war nicht mehr als eine schöne Illusion. Wir haben keine Zukunft. Wir hätten uns niemals mehr erträumen dürfen.«
    Jedes Wort, das er mit kalter, emotionsloser Stimme aussprach, fügte ihr eine weitere Wunde zu. Er löste seinen Arm aus ihrem Griff und verließ die Küche. Sie blieb allein am Tisch zurück. Tränen liefen ihr übers Gesicht.
    Wie konnte er so etwas tun? Wie konnte er sie jetzt im Stich lassen, wenn sie ihn am meisten brauchte?
    John brachte Renee ins Motel, von dem er erzählt hatte. Es war billig, aber ordentlich, und lag nur zehn Minuten von seinem Haus entfernt. Während der Fahrt sprachen sie nicht miteinander, und in der Stille hallten Alex5 Worte immer lauter in seinem Kopf nach.
    Es spielt überhaupt keine Rolle, ob sie schuldig ist oder nicht. Sie ist eine flüchtige Tatverdächtige, du bist ein Polizist, und sie hält sich in deinem Haus auf! Das ist das Problem!
    Je länger Alex auf ihn eingeredet hatte, desto mehr war sich John der Tatsachen bewusst geworden. In den letzten Tagen hatte er sich einfach mitreißen lassen und geglaubt, dass die Dinge schon irgendwie in Ordnung kommen würden, wenn sein Wunsch, mit Renee zusammenzubleiben, nur stark genug war. Doch als er seinem Bruder zugehört hatte, war ihm die Wahrheit klar geworden.
    Er hatte Mist gebaut. Einen riesengroßen Haufen Mist.
    Dann erinnerte er sich, was Dave zu ihm gesagt hatte. Du musst aufhören, diese Dinge zu persönlich zu nehmen. Früher oder später wirst du daran zerbrechen.
    Dave hatte Recht. Sein Mangel an Objektivität war schon immer sein größter Fehler gewesen, der von Anfang an seine Karriere bei der Polizei bestimmt hatte. Er war nicht nur der Grund für seine Verbannung in den Osten von Texas, sondern auch für seine gegenwärtigen Probleme.
    Er sah Renee nicht an. Er warf ihr nicht einmal einen flüchtigen Seitenblick zu. Aber er fühlte sich ihr so nahe, dass er jeden ihrer Atemzüge spürte. Genauso wie ihre Angst. Und das hatte sein Urteilsvermögen so sehr getrübt, dass er gar nicht mehr wusste, was professionelle Objektivität war.
    Was würde Vater dazu sagen, wenn er sehen könnte, wie idiotisch du dich benimmst!
    Alex’ Vorwurf hatte genau ins Schwarze getroffen. Wenn ihr Vater noch leben würde, hätte er jetzt seinen typischen Gesichtsausdruck aufgesetzt, jene Mischung aus Abscheu und Enttäuschung, die John sagte, dass er seinen Erwartungen nicht gerecht wurde. Das hatte er nie geschafft, damals nicht und jetzt

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