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Ein Kuss und Schluss

Ein Kuss und Schluss

Titel: Ein Kuss und Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Graves
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weiteres Leben ertragen, wenn er wusste, dass sie irgendwo da draußen war, dass sie ihn als den Mann im Gedächtnis behalten würde, den sie vielleicht geliebt hätte, wenn er ihr nicht den Rücken zugekehrt hätte?
    Sie öffnete die Tür, stieg aus und ging fort. Sie schaute sich nicht zu ihm um. Und sie würde niemals erfahren, dass auch er vielleicht - nur vielleicht - kurz davor gestanden hatte, sich in sie zu verlieben.
    Er beobachtete, wie sie in der hell erleuchteten Lobby zum Tresen ging und nach einem Zimmer fragte. Er wartete, bis er sah, dass der Angestellte ihr einen Schlüssel gab, dann fuhr er los und verließ den Motelparkplatz. Er dachte, was für ein unglaublicher Narr er gewesen war, als er vor einigen Tagen nicht zur Polizeiwache gefahren war und das Unheil seinen Lauf genommen hatte. Und er dachte, wie kalt und einsam es in seinem Haus sein würde, wenn Renee nicht mehr da war.
    Er hatte sich selbst noch nie so abgrundtief gehasst wie in diesem Moment.
    Renee lag im hässlichen kleinen Motelzimmer auf dem orange geblümten Bettüberzug, starrte zur rissigen Decke hinauf und weinte, bis ihre Tränen versiegten. Es war, als wäre in ihr ein Loch aufgerissen worden, das sich nicht mehr ausfüllen ließ, und die Schmerzen dieser Verletzung waren furchtbar. Sie hatte gedacht, sie wüsste, was für ein Mann John war, aber ein paar zornige Worte seines Bruders hatten genügt, dass er ihr den Rücken zukehrte und sie in dieses miese Motel abschob, genauso problemlos, wie er seinen Müll vor die Tür stellte.
    Mit klopfendem Herzen griff sie nach dem Telefon und rief Paula an. Zwanzig Minuten später saßen sie nebeneinander auf der hässlichen Bettdecke, und sie erzählte ihrer Freundin die ganze Geschichte. Sie erzählte, wie sie zu John zurückgekehrt war und ihn angefleht hatte, ihr zu helfen, wie sie gehofft hatten, die Talentshow könnte die Gelegenheit sein, den wahren Übeltäter zu finden, und wie schließlich Alex aufgetaucht war und John sie im Stich gelassen hatte.
    Sie hatte beabsichtigt, nicht zu erwähnen, dass sie miteinander geschlafen hatten und wie sehr sie ihm vertraut hatte. Doch während sie sprach, kehrten die Tränen, von denen sie geglaubt hatte, dass sie versiegt waren, umso heftiger zurück, und da schüttete sie ihr Herz aus. Während der ganzen Zeit nickte Paula mitfühlend und ließ Renee berichten, ohne ein Urteil abzugeben. Genau das konnte Paula am besten, und deshalb hatte Renee sie so gerne zur Freundin.
    »Ich glaube, er hat eine Zeit lang vergessen, dass er Polizist ist«, sagte Renee und wünschte sich, ihre Kopfschmerzen würden verschwinden. »Aber dann hat sein Bruder ihn wieder daran erinnert.«
    »Ach, meine Kleine, es tut mir so Leid, dass du das alles durchmachen musstest.«
    Renee schniefte, und Paula holte ihr neue Papiertaschentücher aus dem Bad.
    »Ich kann dir gar nicht beschreiben, wie überwältigend es mit ihm war«, sagte Renee und tupfte sich die Augen trocken. »Als könnte mich nichts mehr verletzen. Und dann ... das.«
    Sie wollte ihn hassen. Sie wünschte sich verzweifelt, ihn hassen zu können, damit sich ihr Schmerz in Wut verwandelte, aber sie war dazu nicht in der Lage. Jedes Mal, wenn sie sich vorzustellen versuchte, ihn zu schlagen, sah sie nur, wie sie ihn küsste.
    Hör auf! Wenn ihm etwas an dir liegen würde, wärst du jetzt in seinen Armen und nicht in diesem heruntergekommenen Motelzimmer.
    »Was wirst du jetzt tun?«, fragte Paula.
    Renee dachte an das Leben, das vor ihr lag, aber sie hatte keine Ahnung, in welche Richtung sie sich wenden sollte. »Ich weiß es nicht.«
    »Du glaubst also wirklich, dass der Täter ein Mann war?«
    »Es wäre gut möglich.«
    »Und was ist mit der Talentshow?«
    »Was soll damit sein?«
    »Glaubst du, der Täter wird hingehen?«
    Renee blinzelte. »Es könnte immerhin sein.«
    »Und? Gehst du hin?«
    Sie dachte kurz darüber nach. John und Alex hatten gemeinsam entschieden, dass es lediglich Zeitverschwendung wäre, diese Spur zu verfolgen. Dann machte sie sich klar, dass den beiden Männern ja auch kein bewaffneter Raubüberfall zur Last gelegt wurde. In diesem Fall würden sie die Angelegenheit vielleicht in einem etwas anderen Licht betrachten.
    Je länger sie grübelte, desto klarer wurde ihr, dass es ihre einzige Chance war, wenn sie nicht für den Rest ihres Lebens davonlaufen wollte. Außerdem hatte sie nichts zu verlieren.
    »Ja«, sagte sie unvermittelt. »Ich gehe

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