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Ein Kuss und Schluss

Ein Kuss und Schluss

Titel: Ein Kuss und Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Graves
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gegangen! Er schüttelte seine Überraschung ab und kam gleich zur Sache, indem er mit der gemeinsten Polizistenstimme sprach, die er zuwege brachte.
    »Damit das klar ist, Schätzchen«, sagte er. »Ich habe meinen Wagen bereits als gestohlen gemeldet. Jeder Bulle in der Umgebung hat die Augen weit geöffnet und die Waffe gezogen. Und wenn meinen Kollegen bewusst ist, dass du sowieso auf der Flucht bist, werden sie nicht zweimal überlegen, ob sie ihre Waffe einsetzen. Hast du schon mal einen wütenden Polizisten gesehen, Renee? Ich meine, einen richtig wütenden? Es ist kein netter Anblick. Vor allem hier draußen mitten in der Wildnis, wo sie mit einem winzigen Budget auskommen müssen und ihre Streifenwagen nicht mit Videokameras ausgerüstet sind, die alles aufzeichnen, wie man es in diesen Polizeivideo-Sendungen im Fernsehen sieht. Ich meine, wer könnte anschließend behaupten, du hättest keinen Widerstand bei der Festnahme geleistet? Hast du verstanden, worauf ich hinauswill, Renee?«
    Er wartete auf eine Reaktion. Er konnte hören, wie sie hektisch atmete, wie ein Teenager in einem Horrorstreifen kurz vor dem Messerstich.
    »Ich habe deinen Wagen bereits abgestellt«, sagte sie schließlich mit erstickter Stimme. »Ich schwöre es.«
    »Aber du trägst immer noch mein Handy mit dir herum, wie?«
    Stille.
    »Du bist eine notorische Lügnerin, Renee.«
    »Nein! Wirklich! Ich bin nicht mehr mit deinem Wagen unterwegs! Ich werde dir sogar sagen, wo ich ihn abgestellt habe. Du kannst hingehen und ihn abholen. Er steht am Highway, einen oder zwei Kilometer hinter dem Diner, wenn du aus Richtung Winslow kommst. Da habe ich ihn abgestellt und die Schlüssel unter den linken Vorderreifen gelegt. Ich bin nicht mehr da. Ich bin jetzt ... woanders.«
    »Das kaufe ich dir nicht ab.«
    »Und weil ich dein Auto höchstens zwanzig oder dreißig Minuten benutzt und es dir sofort zurückgegeben habe, wirst du bestimmt nicht ...«
    »Es ist schwerer Autodiebstahl! Das kannst du auf deine Liste setzen, direkt unter den bewaffneten Raubüberfall ...«
    »Nein, ich habe es mir nur ausgeborgt!«
    »Ausgeborgt?«
    »Ja! Du hast mir praktisch den Schlüssel in die Hand gedrückt!«
    »Ich soll dir ...?« John ging auf und ab, soweit es das Telefonkabel erlaubte, und gestikulierte wild. »Ich habe dir gar nichts gegeben!«
    »Nun, du hast ihn mir nicht direkt gegeben, aber er lag ganz offen auf der Küchenanrichte, nicht wahr?«
    »Und das gibt dir das Recht, einfach so meinen Wagen zu stehlen?«
    »Auszuborgen «, korrigierte sie ihn. »Ich habe ihn mir nur geliehen.«
    John war so verblüfft über diese verquere Logik, dass er am liebsten ihren Kopf gegen eine Wand geschlagen hätte. Sobald er sie zu fassen bekam, würde er der Welt einen großen Dienst erweisen. Er würde seine Finger um ihren Hals legen und ihrem unlogischen, durchtriebenen kleinen Gehirn die Blutzufuhr abschneiden. Dann würde sie nur noch vor sich hin vegetieren, ein hirnloses, harmloses Menschenwesen, das viel lächelte, hübsch anzusehen war und keine Autos klaute. Vor allem nicht sein Auto. Genau das würde er tun.
    »Sag mir, wo du bist, Renee«, sprach er weiter. »Sofort. Wenn du es nicht tust, hetze ich dir sämtliche Polizisten, Sheriffs, Scharfschützen, Bluthunde und Einsatzkommandos im Umkreis von einhundert Kilometern auf den Hals. Hast du mich verstanden?«
    Unvermittelt hörte John ein dumpfes Knacken, dann eine laut krächzende weiblichen Stimme.
    »Willkommen bei McDonald‘s! Was möchten Sie bestellen?«
    Ein Keuchen.
    Ein Klicken.
    John nahm den Telefonhörer vom Ohr und starrte ihn entgeistert an. Hatte er eben gehört, was er zu hören geglaubt hatte? Die Sprechanlage eines Drive-in-Restaurants? Hatte eine flüchtige, wegen mehrerer Verbrechen gesuchte Person nichts Besseres zu tun, als sich einen Big Mac zu besorgen?
    John knallte den Hörer auf die Gabel und dachte hektisch nach. In der Zeit, die vergangen war, seit Renee sich mit seinem Auto davongemacht hatte, konnte sie keine Stadt außerhalb von Winslow erreicht haben. Wie viele McDonald‘s konnte es in einer niedlichen kleinen Stadt wie Winslow geben? Bestimmt nicht mehr als einen. Wenn er jetzt sofort die Polizei anrief, standen die Chancen nicht schlecht, dass sie gefasst wurde, bevor sie »Tomatenketchup« sagen konnte. Doch als er den Hörer erneut abhob, stach ihm etwas ins Auge - auf der gegenüberliegenden Straßenseite, vielleicht einen halben Block vom Krankenhaus

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