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Ein Kuss und Schluss

Ein Kuss und Schluss

Titel: Ein Kuss und Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Graves
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sie die nächsten Jahre hinter dicken Mauern verbrachte, wo die Berührung eines Mannes genauso selten wie ein Menü in einem Feinschmeckertempel oder ein Schaumbad war.
    In den folgenden anderthalb Stunden liefen sie schweigend nebeneinander her. Bald wurde der Sandweg von einer Schotterstraße und schließlich einer asphaltierten Piste abgelöst. Einmal fuhr ein verrosteter Ford-Truck an ihnen vorbei. Aber selbst als John mit den Armen wedelte und sich praktisch vor das Auto warf, weigerte sich der Fahrer, anzuhalten und sie mitzunehmen. Daraufhin hatte John eine Serie von Flüchen und Verwünschungen ausgestoßen, die nahezu sämtliche Schimpfwörter enthielten, die Renee jemals gehört hatte, und eine ganze Menge weiterer, um die sie ihren Wortschatz erweitern konnte.
    Irgendwann am Nachmittag erreichten sie den Highway. John bog wortlos ab und marschierte auf dem Seitenstreifen der Straße in Richtung des schäbigen Restaurants, in dem sie ihn gestern angebaggert hatte. Da sie keine andere Wahl hatte, folgte sie ihm.
    Bald hatten sie einen Hügel überquert, hinter dem das Red Oak Diner in Sicht kam. Ihr wurde schwindlig vor Angst, als ihr klar wurde, wie nahe sie der Zivilisation und damit dem Gefängnis gekommen waren, und für einen Moment überlegte sie, ob sie einfach am Straßenrand zusammenbrechen sollte. Sobald sie in die Nähe eines Telefons gekommen waren, konnte John Hilfe herbeirufen, und dann wäre ihr Schicksal besiegelt.
    Sie wollte nur noch schreien. Weglaufen. Ihn anflehen, sie nicht einzusperren. Sondern ihr zu helfen , weil es ansonsten niemanden auf Erden gab, an den sie sich hätte wenden können. Stattdessen lief er mit stoischer Miene neben ihr her, mit der Maske eines entschlossenen Polizisten, als hätte es vor nur wenigen Stunden nicht so heiß zwischen ihnen gebrannt, dass sie beinahe Smokey, den Feuerschutzbären, zu Hilfe hätten rufen müssen. Sie erkannte nun, dass er durch und durch Polizist war, und das bedeutete, dass er nicht bereit war, ihr Freiticket ins Gefängnis für ungültig zu erklären, nur weil sie wieder und wieder beteuert hatte, dass sie unschuldig war.
    Oder weil sie gerne Sex mit ihm gehabt hätte.
    Als sie auf den Parkplatz des Diners traten, konnte sie das Schweigen nicht mehr ertragen. Es mit Sarkasmus zu probieren, war im Augenblick vielleicht nicht die klügste Idee, aber es war so ziemlich die einzige Möglichkeit, etwas zu sagen, ohne den letzten Rest ihrer Selbstachtung zu verlieren.
    »Wie soll es jetzt weitergehen, John? Willst du nach einem Seil, einer Rolle Klebeband oder überzähligen Handschellen suchen, die irgendwo herumliegen, damit du deine gemeingefährliche Kriminelle wieder gefügig machen kannst?«
    John hielt sie fest und zwang sie, neben ihm stehen zu bleiben. »Wenn wir ins Diner gehen, möchte ich, dass du dich an den Tresen setzt und die Klappe hältst. Ich meine es ernst. Ich will, dass du nicht den leisesten Mucks von dir gibst. Haben wir uns verstanden?«
    Sie machte den Mund auf und wollte zu einer bissigen Erwiderung ansetzen, aber dann wurde ihr bewusst, dass sich etwas verändert hatte. Er sprach leise und eindringlich - und ohne die Wut und Feindseligkeit, die er ihr zuvor entgegengebracht hatte.
    Was war los?
    Er öffnete die Tür und winkte ihr, dass sie hineingehen sollte. Dann dirigierte er sie zu einem Hocker mit durchgesessenem Vinylbezug am Tresen. Sie wurden vom gleichen Mann begrüßt, der auch gestern Abend hier gewesen war einem Kerl mit Halbglatze, vollem Gesicht und einem kräftigen Rettungsring, der aus dem Hosenbund seiner Wrangler hervorquoll.
    »Nanu! Mensch! Hallo, John!«
    Johns Gesicht verzog sich zu einem breiten, sympathischen Lächeln. »Hallo, Harley!«
    Renee blinzelte verdutzt. Er lächelte? John? Sie war davon ausgegangen, dass seine Gesichtsmuskeln nicht in der Lage waren, sich gegen die Schwerkraft zu bewegen. Aber es bestand kein Zweifel: Er zeigte das schönste, strahlendste Lächeln, das sie je gesehen hat. Er sah unglaublich sexy und hinreißend aus, so dass ihr Blick gebannt an ihm klebte. Mit lässiger Anmut nahm er auf dem Hocker neben ihr Platz, als wäre er nur mal eben wegen einer Tasse Kaffee hereingeschneit.
    Harleys Blick wanderte zwischen John und Renee hin und her, dann grinste er und zeigte eine Ansammlung von Zähnen in unterschiedlichen Stadien des Zerfalls. »Nuuun ... habt ihr zwei euch gestern Nacht gut unterhalten?«
    Die Frage schien eine Ewigkeit in der Luft zu hängen. Und

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