Ein Kuss und Schluss
erspart blieb.
»Ja, das habe ich verstanden.«
John antwortete ihr mit einem knappen Nicken und führte sie in die Küche. Mit seiner Erlaubnis wusch sie sich an der Spüle die Hände, dann setzten sie sich an den Tisch, wo er zwei Teller Nudelsuppe mit Huhn bereitgestellt hatte. Es war völlig surreal, wie sie dasaßen und aßen, als wäre es das Normalste der Welt. Nur das Klappern der Löffel unterbrach die Stille. Als sie fertig waren, stellte John die Teller in die Spüle, kehrte anschließend an den Tisch zurück und setzte sich wieder neben sie, wobei er sich mit einem nackten Fuß auf der Querstrebe eines weiteren Stuhls abstützte. Und er hatte sich Stift und Notizblock zurechtgelegt.
»Okay«, sagte er. »Der Tag, an dem der Überfall stattfand. Ich möchte, dass du mir deine Version der Geschichte erzählst.«
Renee starrte ihn verblüfft an. »Du ... du willst wirklich hören, was ich dazu zu sagen habe?«
Er warf ihr einen finsteren Blick zu. »Ich habe gesagt, dass ich es mir anhören will. Oder täusche ich mich?«
»Nein, das hast du gesagt, aber ...«
»Während wir durch den Wald gelaufen sind, wolltest du ständig mit mir darüber reden, und jetzt ist es plötzlich ein Problem?«
»Nein! Ganz und gar nicht! Es ist überhaupt kein Problem!« Sie atmete tief durch und versuchte, einen unschuldigen Eindruck zu machen, auch wenn sie sich nicht sicher war, was für einen Polizisten unschuldig aussah.
Sie stützte sich mit den Ellbogen auf dem Tisch ab und bemühte sich, ihr müdes Gehirn wieder zum Denken zu bringen. Sie wünschte sich, sie hätte ein wenig schlafen können, bevor er entschied, dass die Zeit für das Verhör gekommen war. Vielleicht war es ihre einzige Chance, ihn davon zu überzeugen, dass sie nichts mit diesem Raubüberfall zu tun hatte.
»Okay. An diesem Abend hatte ich kurz zuvor erfahren, dass ich befördert worden war, im Restaurant, wo ich arbeite. Der Besitzer hat mich zur Oberkellnerin ernannt. Ich hatte ewig auf diesen Job gehofft, und als ich ihn endlich hatte, wollte ich feiern. Also bin ich etwas früher gegangen. Ich fuhr nach Hause und rief meine Freundin Paula an. Aber dann erinnerte ich mich, dass sie mit ihrem nichtsnutzigen Freund Tom übers Wochenende ins Hilton gefahren war. Also musste ich allein feiern.«
»Um welche Uhrzeit geschah der Raubüberfall?«
»Anscheinend gegen zweiundzwanzig Uhr fünfzehn.«
»Welcher Supermarkt?«
»Der Handi-Mart an der Griff in Street, nur wenige Blocks von meiner Wohnung entfernt.«
John machte sich ein paar Notizen. »Und wo warst du, als der Überfall stattfand?«
»Zu Hause.«
»Hat dich jemand gesehen? Hast du mit jemandem telefoniert? War irgendwas?«
»Nein. Ich war die ganze Zeit in meiner Wohnung und habe mir irgendeine alte Schnulze im Fernsehen angesehen.«
»Aber dann hast du die Wohnung doch verlassen.«
»Ja.«
»Wann hat dich der Polizist an den Straßenrand gewunken?«
»Kurz nach elf.«
John notierte sich die Zeit. »Warum bist du um elf Uhr nachts noch einmal losgefahren?«
Renee seufzte. »Ich wollte Eiskrem kaufen.«
»Eiskrem?« Er starrte sie ungläubig an.
»Ja, Eiskrem. Ich weiß, dass es jetzt ziemlich blöd klingt, aber deswegen bin ich noch einmal zu Ben &c Jerry‘s gefahren. Sie waren die einzigen Freunde, die Zeit hatten, mit mir zu feiern.«
»Also hast du in der Zeit, nachdem du von der Arbeit gekommen und bevor du wieder losgefahren bist, niemanden getroffen.«
»Richtig. Nun, mit Ausnahme von Steve Garroway.«
»Wer ist das?«
»Mein Ex-Freund. Wir haben uns vor ein paar Monaten getrennt.«
»Ist er zu deiner Wohnung gekommen?«
»Nein. Ich habe ihn im Korridor gesehen.«
»Wann?«
»Kurz vor elf.«
»Fünfundvierzig Minuten nach dem Überfall.«
»Ja. Er kam aus Toms Wohnung ...«
»Tom?«
»Paulas Freund. Von dem ich dir erzählt habe. Tom wohnt genau gegenüber von mir.«
»Wohnt Steve auch dort?«
»Nein. Früher ja, aber vor einigen Monaten ist er ausgezogen. Er wohnt immer noch im gleichen Apartmentkomplex, aber in einem anderen Gebäude. Steve und Tom sind Cousins.«
»Was hat er in Toms Wohnung gemacht?«
»Die Katzen gefüttert, während Tom und Paula unterwegs waren. Das macht er manchmal.«
»Hast du mit Steve gesprochen, als du ihn gesehen hast?«
»Ja.« Renee starrte auf den Tisch. »Das heißt, eigentlich hat er mit mir gesprochen.«
»Worüber?«
»Müssen wir diesen Punkt wirklich vertiefen?«
»Nein, Renee. Wir müssen gar nichts
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