Ein Kuss und Schluss
es Nutten sind. Viele Männer besuchen ihre Wohnung und gehen nach kurzer Zeit wieder, aber alle lächeln, wenn sie gehen.«
»Welche Nummer hat dieses Apartment?«
»Drei-siebzehn.«
Dann fragte er sie nach der genauen Adresse des Apartmentkomplexes und schrieb sich alles auf.
»Glaubst du, sie könnten etwas damit zu tun haben?«, fragte sie.
»Ich weiß es nicht.«
»Du scheinst der Überzeugung zu sein, dass es jemand gewesen sein muss, der im gleichen Komplex wie ich wohnt.«
»Die Apartments sind einen halben Kilometer vom Supermarkt entfernt. Raubüberfälle werden in den meisten Fällen von Menschen begangen, die in der Nähe des ausgeraubten Ladens wohnen. Wenn es so war, wie du sagst, und wenn jemand die Beute und die Tatwaffe auf dem Parkplatz in deinem Wagen deponiert hat, ist es gut möglich, dass der Raubüberfall von einem deiner Nachbarn begangen wurde .« Er hielt kurz inne. »Es könnte natürlich auch jemand gewesen sein, der hundert Kilometer entfernt wohnt.«
Und vor allem könntest du es gewesen sein. Er sagte es zwar nicht, aber die Worte hingen trotzdem zwischen ihnen in der Luft.
John starrte konzentriert auf seine Notizen, als versuchte er, ein schwieriges Kreuzworträtsel zu lösen. Schließlich atmete er kraftlos aus. »Sonst noch was?«
Sie wusste genau, was er wirklich mit dieser Frage meinte. Gib mir irgendeinen guten Grund, warum ich dich nicht bei der Polizei abliefern sollte - was ich schon vor über einer Stunde hätte tun sollen. Nenn mir irgendeinen Grund, warum ich dir glauben soll.
Aber sie hatte ihm nichts mehr anzubieten.
»Ich weiß nicht, was ich noch sagen könnte«, murmelte sie.
Er klopfte langsam mit dem Stift auf die Tischplatte. Für einen längeren, furchtbaren Zeitraum war es das einzige Geräusch im Raum, vielleicht mit Ausnahme ihres Herzens, das so heftig in ihrer Brust schlug, dass die Seismographen in Kalifornien es registrieren mussten.
»Ich werde dir jetzt eine weitere Frage stellen, Renee«, kündigte er an. »Und ich will, dass du mir die Wahrheit sagst.«
Sie wartete ab, während ihr Herzschlag die Stärke 8,5 auf der Richter-Skala erreichte. Er klopfte noch zweimal mit dem Stift auf den Tisch.
»Warum hast du mich draußen vor der Hütte nicht erschossen, als du die Gelegenheit dazu hattest?«
Weil sie Waffen nicht ausstehen konnte. Weil es ihr bereits Todesangst eingejagt hatte, seine Pistole nur in der Hand zu halten. Weil sie John niemals verletzen könnte, ganz gleich, unter welchen Umständen.
Und weil sie unschuldig war.
»John, wenn du die Antwort auf diese Frage nicht wüsstest«, erwiderte sie, »wäre ich jetzt wohl nicht hier.«
Er sah sie lange Zeit mit eindringlichem Blick an, und plötzlich dachte sie, dass sie einen großen Fehler begangen hatte. Nicht gut genug, Renee , hörte sie ihn sagen, und sie hatte das schreckliche Bild vor Augen, wie er aufstand, sie zu seinem Wagen zerrte und zur Polizei fuhr.
Stattdessen warf er den Stift hin und erhob sich. »Okay. Das soll für heute genügen. Wenn du duschen willst, benutz das Bad neben meinem Schlafzimmer.«
Renee verspürte eine überwältigende Erleichterung. »Also darf ich ... heute Nacht hier bleiben?«
»Ja. Heute Nacht.«
Mehr bot er ihr nicht an, und sie bat ihn nicht um mehr.
»Komm nicht auf dumme Gedanken. Das Badezimmerfenster lässt sich seit dem letzten Anstrich nicht mehr öffnen. Und es macht sehr viel Lärm, wenn du die Scheibe einschlägst. Ich würde es sogar hören, wenn ich gerade unter der Dusche stehe. Und schließ nicht die Tür ab, sonst trete ich sie ein.«
»Okay.«
Sie hätte sich mit allem einverstanden erklärt. Schließlich bekam sie mehr, als sie sich noch vor kurzem erhofft hatte ein Zimmer, in dem sie die Nacht verbringen konnte und das nicht mit Metallgitterstäben und einer von außen einsehbaren Toilette ausgestattet war.
»John?«, sagte sie zögernd. »Was wird jetzt mit mir geschehen?«
»Darüber werden wir morgen reden.«
»Aber ...«
»Morgen.«
Renee presste die Lippen zusammen. Du bist hier und nicht im Gefängnis. Fordere dein Glück nicht zu sehr heraus.
Er führte sie zum Bad. Sie sah an sich herab, auf ihre dreckigen Jeans und die Kiefernnadeln, mit denen sie gespickt war. »Hast du eine Waschmaschine?«
»Ja. Warum?«
»Das hier sind die einzigen Sachen, die ich dabeihabe. Würde es dir etwas ausmachen, sie schnell zu waschen?«
Er blickte sie fassungslos an. »Mein Haus ist kein Luxushotel, Renee.«
»Komm
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