Ein Kuss und Schluss
zu verabschieden.
Melanie zerrte an Johns Hose. Er ging neben ihr in die Hocke. »Alice ist nett.«
»Ach ja?«
»Wirst du sie heiraten?«
»Nun, Mellie, darüber haben wir noch nicht gesprochen.«
»Ich mag sie. Aber sie ist nicht besonders klug.«
»Aha?«
»Ich habe sie im Quartett geschlagen. Gegen Mama habe ich noch nie gewonnen.«
Daran hatte John nicht den geringsten Zweifel. Es musste wie ein Wettkampf zwischen Tinkerbell und Rambo sein.
Melanie sprang nach draußen. Großmutter trat mit zurückhaltender Miene zu Renee. »Falls ich irgendwann mal dein Restaurant besuche, passt du dann gut auf, wie mein Essen zubereitet wird? Damit ich keine Überraschungen erlebe?«
Renee lächelte. »Es wäre mir ein Vergnügen.«
Großmutter wandte sich an John. »Also gut. Ich denke, dass sie auch meine Stimme hat.«
Sie humpelte zur Tür hinaus. Tante Louisa war die Nächste. »Es hat mich sehr gefreut, dich kennen zu lernen, Alice. Ich hoffe, dass Alex und Großvater beim nächsten Mal dabei sind, damit du die ganze Familie kennen lernst. Wie wäre das?«
Wieder lächelte Renee. »Das würde mir gefallen.«
Dann kam Dave, der wieder Ashley im Arm hielt. »Bitte beurteile uns nicht nach dem Eindruck, den John bei dir hinterlassen hat. Er mag ein Nichtsnutz sein, aber seine Familie ist schwer in Ordnung.« Er umarmte sie flüchtig. »Du bist jetzt keine Fremde mehr«, sagte er, dann folgte er Tante Louisa zur Tür. Selbst Brenda verabschiedete sich mit einer vorsichtigen, aber ehrlich gemeinten Umarmung, bevor sie ihre Sonnenbrille aufsetzte und ihre Augen unsichtbar machte.
Als Renee an der Tür stand und ihnen nachwinkte, erinnerte sich John an Sandys Worte: Versprich mir; dass du alles tust, um sie festzuhalten. Das war das Einzige, woran er im Augenblick denken konnte. Er wollte Renee festhalten. Stundenlang. Vielleicht sogar die ganze Nacht lang ...
Was war geschehen? Wie hatte sich innerhalb weniger Stunden seine Wahrnehmung so sehr verändern können, dass er jetzt keine Frau mehr sah, die eines Verbrechens angeklagt war, sondern eine Frau, mit der er so vieles unternehmen wollte - mit ihr reden, sie berühren, sie festhalten, sie lieben ...
Er blinzelte diesen Gedanken fort und sah durch das Fenster, wie das letzte Auto davonfuhr. Nachdem das Chaos den ganzen Nachmittag lang angehalten hatte, wurde es im Haus plötzlich so still, dass er glaubte, seinen eigenen Herzschlag hören zu können.
»Wie es scheint, haben wir es geschafft«, sagte Renee. »Sie haben keine Ahnung, nicht wahr?«
»Ja«, sagte John, der immer noch aus dem Fenster sah. »Sie haben keine Ahnung.«
»Ich hatte befürchtet, sie könnten mich etwas fragen, worauf ich etwas Falsches sage. Ich habe alles richtig gemacht, nicht wahr?«
John schloss die Augen. »Ja. Du hast alles richtig gemacht.«
»Habe ich zu viel gesagt? Oder nicht genug?«
»Es war völlig in Ordnung, Renee. Sie fanden dich sehr nett.«
»Also, was hast du?«
Er drehte sich langsam um. Er hatte es ihr zu verdanken, dass seine Familie geglaubt hatte, sie sei seine Freundin. Und das machte es für ihn umso schwerer, das zu tun, was er tun musste. Aber leider blieb ihm keine andere Wahl.
Er warf einen Blick zum Schlafzimmer, wo immer noch die Handschellen am Bettpfosten hingen. Diese Augenbewegung genügte, um Renee begreiflich zu machen, was er dachte. Ihre nächsten Worte waren kaum mehr als ein heiseres Flüstern.
»Du musst mich wieder fesseln.«
Er zögerte. »Ja. Ich will es eigentlich nicht, aber ...«
»Die Pflicht ruft?«
Er stieß schnaufend den Atem aus. »Was soll ich stattdessen machen, Renee? Sag es mir! Was soll ich tun?«
»Vielleicht ... mich laufen lassen?«
»Du weißt, dass das nicht geht.«
»John ...«
»Mach es mir nicht schwerer, als es ist.«
Ihre Hand bewegte sich zur Kehle, als hätte sie plötzlich Atemnot. »Ich schätze, ich hätte es wissen müssen, aber ich dachte ... nach allem, was geschehen ist ...« Sie warf ihm einen flehenden Blick zu. »Ich ... kann es einfach nicht fassen, dass du es tun willst.«
Sie starrten sich eine Weile schweigend und zitternd an. Es war furchtbar für ihn. Aber er hatte wirklich keine andere Möglichkeit. Er befand sich in einem schrecklichen Zwischenzustand - sein Gewissen sagte ihm, dass er sie weder ausliefern noch freilassen durfte.
»Ich werde nicht mehr versuchen davonzulaufen, John. Ich verspreche es. Bitte. Lass mich wenigstens für ein paar Stunden ...«
Sie verstummte, und
Weitere Kostenlose Bücher