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Ein Kuss und Schluss

Ein Kuss und Schluss

Titel: Ein Kuss und Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Graves
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worden war.
    John hatte man das Kanapee überlassen. Es war ein recht kleines Kanapee. Und Renee blieb nichts anderes übrig, als es mit ihm zu teilen.
    Sie setzte sich vorsichtig und spürte sofort, dass sich das Polster zur Mitte neigte und sie gegen John gedrängt wurde. Sie verschränkte die Arme und versuchte sich so klein wie möglich zu machen. John schien genauso verkrampft wie sie zu sein, und wenn alle anderen sich nicht auf das Spiel konzentriert hätten, wäre niemandem entgangen, dass sie beide unmöglich ein Paar sein konnten.
    Der Rest der Familie hingegen zeigte nicht die Spur von Befangenheit. Sie riefen, schimpften, jubelten, schlossen Wetten über die nächste Spielrunde ab, fluchten, strichen den Wettgewinn ein und jubelten wieder. Der ganze Raum schien in Bewegung zu sein, während Gelächter und gutmütige Beleidigungen hin und her flogen.
    Renee wusste, dass ihr Hiersein eine einzige Lüge war, aber für einen langen, himmlischen Moment schloss sie die Augen und sonnte sich im Gefühl, von einer Familie umgeben zu sein, auch wenn es nicht ihre eigene war. Und plötzlich war sie so eifersüchtig auf John, dass sie es nicht mehr ertragen konnte. Er hatte diese wunderbare Familie, und sie war überzeugt, dass er es als völlig selbstverständlich nahm, während sie als Kind einer Alkoholikerin aufgewachsen war, die sie wie den letzten Dreck behandelt hatte und mit der sie seit Jahren nicht mehr gesprochen hatte. Ihr Gefühl der Sehnsucht wurde so überwältigend, dass sie in Ohnmacht zu fallen drohte.
    Sie hatte sich wegen der falschen Gefahren Sorgen gemacht. Das Problem bestand gar nicht darin, dass alle Familienmitglieder mehr oder weniger für die Polizei arbeiteten, sondern dass sich Renee in ihrer Mitte viel zu wohl fühlte. Was war, wenn sie im Gefängnis landete? Sie kannte diese Leute kaum, aber der Gedanke war ihr unerträglich, dass sie sie für eine Kriminelle halten könnten.
    Und das Wichtigste überhaupt war: Was dachte John darüber?
    Er saß steif neben ihr und schien ihre Anwesenheit gar nicht zu bemerken. Er hatte die Arme verschränkt und starrte auf den Fernseher, obwohl Renee spürte, dass er sich kaum auf das Spiel konzentrierte. Offensichtlich passte es ihm nicht. so tun zu müssen, als wäre sie seine Freundin. Und wenn er, was selten geschah, doch in ihre Richtung schaute, war sein Blick voller Misstrauen, als rechnete er damit, dass sie jeden Moment durchdrehen und Geiseln nehmen konnte.
    Als dächte sie auch nur im Traum daran, solange Brenda anwesend war.
    »Alice?«
    Renee blickte sich um. Melanie stand hinter ihr und hielt einen Stapel Spielkarten in der Hand.
    »Ja?«
    »Spielst du Quartett mit mir?«
    »Melanie«, sagte Brenda. »Lass Alice in Ruhe, wenn sie sich das Spiel ansieht.«
    »Kein Problem«, sagte Renee zu Brenda und lächelte Melanie an. »Ich würde gerne mit dir spielen. Aber vielleicht sollten wir an den Tisch da drüben gehen, um niemanden zu stören.«
    Als sie aufstand, schien John wieder aufzuwachen und warf ihr einen warnenden Blick zu, wie es zwischen ihnen schon fast zur Gewohnheit geworden war. Sie deutete mit einem Nicken auf den Esstisch. Er lehnte sich auf dem Kanapee zurück und sah sie mit einem Ausdruck an, der besagte, dass er alles andere als begeistert war. Doch als sie mit Melanie ins Nebenzimmer ging, konnte sie genau spüren, wie sich sein Blick in ihren Rücken bohrte. Sie hätte sich am liebsten umgedreht und ihn angebrüllt: Wir spielen nur Karten, nicht Räuber und Gendarm!
    Aber sie tat es nicht. Sie setzte sich mit Melanie an den Tisch und versuchte so zu tun, als wäre John überhaupt nicht anwesend. Sie konnte sich in der nächsten Zeit einem stumpfsinnigen Kartenspiel und der Illusion hingeben, sie führe ein völlig normales Leben, und sie beschloss, es ausgiebig zu genießen.
    John saß auf dem Kanapee, trommelte mit den Fingern auf der Armlehne und starrte geradeaus, als verfolgte er das Spiel. Doch im Augenblick hätte er kaum die beiden Teams auseinander halten können, und wenn sein Leben davon abgehangen hätte, den derzeitigen Spielstand zu nennen, wäre er ein toter Mann gewesen. Er wünschte sich nur, die Bande würde endlich sein Haus verlassen, damit er nachdenken und nach einer Möglichkeit suchen konnte, wie er aus dem Schlamassel herauskam, in den er sich hineinmanövriert hatte. Zum Glück schien niemand den Verdacht zu hegen, dass Renee vielleicht doch nicht seine Freundin war, und das war gut so.
    Aber

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