und einer beleidigten Miene gegenübersaß, kam ihr wie eine Fremde vor.
»Komm schon, Milly«, ging Aiden dazwischen. »Du weißt doch genau, dass hier dieselben Regeln wie zu Hause gelten.«
»Darf ich dann wenigstens aufstehen und gehen?«, fragte Milly und legte ihr Besteck auf den Teller.
Zak, der die aufgeladene Stimmung natürlich mitbekam, fing an, nervös auf seinem Stuhl herumzurutschen. »Wenn Milly aufstehen darf, darf ich dann jetzt Nintendo DS spielen gehen?«, fragte Zak, ignorierte das Essen auf seinem Teller und schob den Stuhl mit einem kreischenden Geräusch zurück.
»Na, dann ab mit euch«, gab Rachel nach. Mit Aidens Schweigen und den Kids, die nur darauf brannten, in ihren Zimmern zu verschwinden, war dies alles andere als das Wiedersehensessen, das sie sich erhofft hatte.
Milly verließ die Küche, und kurz darauf hörte Rachel, wie die Tür ihres Zimmers geschlossen wurde.
Aiden sammelte alle Teller ein und räumte sie in die Spülmaschine; dabei war deutlich zu spüren, dass er mit seinen Gedanken ganz woanders war.
»Aiden«, rief Rachel. »Meinst du, mit Milly ist alles in Ordnung? Sie verhält sich immer noch so komisch, sogar noch mehr, seitdem wir hier sind. So abwesend. Findest du nicht?«
»Nein. Sie ist eben ein Teenager – mach dir keine Sorgen.«
»Nein«, entgegnete Rachel, stand auf und trug die Trinkgläser zur Spülmaschine. »Ich bin sicher, dass da irgendwas dahintersteckt. Vielleicht fällt es ihr schwer, von ihren Freunden getrennt zu sein? Oder sie ist wegen Bea besorgt? Kannst du mal versuchen, mit ihr zu reden? Bei mir macht sie immer gleich dicht.«
»Rachel.« Aiden schloss die Spülmaschine und fummelte an dem Drehknopf herum, um die richtige Einstellung zu finden. »Könntest du nicht versuchen, dich ein bisschen zu entspannen? Es tut mir wirklich leid, aber im Augenblick habe ich wirklich andere Sorgen.«
»Du hast recht, entschuldige bitte. Aber vielleicht könnten wir mit den beiden einen schönen Ausflug machen? Ich habe in der Time Out einen Artikel über ein Rentier-Winterwunderland im Hyde Park gelesen. Es gibt dort eine Eislaufbahn, Rentiere und so was alles. Wir könnten einen schönen Familienausfl…«
»Rachel«, unterbrach Aiden sie mit gerunzelter Stirn. »Du weißt doch genau, dass ich die Westley-Scheune noch fertigstellen muss – und das von hier aus zu machen, wird eine Vollzeitaufgabe sein –, und dann ist da noch Mum. Wer weiß, was im Krankenhaus noch alles ansteht.«
»Ja«, erwiderte Rachel und schaltete auf ihren Überlebensmodus. »Dann lass uns versuchen, positiv zu denken. Ich bin sicher, dass es Bea bald wieder gut geht und wir auch einen Weg finden werden, Weihnachten zu feiern.« Sanft berührte sie Aidens Arm. »Selbst wenn …«
»Rachel!« Aiden schüttelte entnervt den Kopf und hob leicht die Stimme. »Du versteht es einfach nicht, oder?«
Rachels Worte hingen im Raum und klangen nun selbst in ihren Ohren lächerlich. Sie hatte alles einfach nur gut gemeint, doch irgendwie hatte sie es geschafft, alles nur noch schlimmer zu machen.
»Hast du denn nicht gehört, was die Ärztin gesagt hat? Mum könnte Krebs haben, Rachel! Hier geht es nicht darum, ob wir es rechtzeitig zum Weihnachtsfest noch nach Hause schaffen!«
Vor Entsetzen über Aidens Worte stiegen Rachel die Tränen in die Augen. Seine sonst so sanfte Stimme war kühl und reizbar angesichts seines Stresses und des Frusts.
Er setzte sich an den Tisch und vergrub das Gesicht in seinen Händen. »Tut mir leid, Rachel. Es ist nicht dein Fehler, natürlich nicht. Es ist nur – ich hab Angst. Ich habe richtig Angst, dass wir Mum verlieren könnten.«
Von:
[email protected] An:
[email protected] Hi Laurie,
ist es okay, wenn ich dich etwas frage? Ich weiß nicht, mit wem ich sonst darüber reden sollte. Kate hat, was Jungs betrifft, auch nicht mehr Ahnung als ich, und Mum werde ich ganz bestimmt nicht fragen, die hab ich im Moment eh schon die ganze Zeit im Nacken.
Da ist dieser Junge, mit dem ich gequatscht habe. Ich kenne ihn noch nicht so lange, aber wir haben uns seit unserem Treffen Mails geschrieben. Er hat mir ein paar Playlists geschickt, die ich mir anhören soll, und ich habe ihm Fotos von mir geschickt und ein Video von uns, wie wir mit den Rädern London unsicher machen. Das hat ihm gefallen. Wenn wir uns miteinander unterhalten, fühle ich mich gut – so gut, wie ich mich seit dem Schulwechsel nicht mehr gefühlt habe. Schon