Ein Kuss unter dem Mistelzweig
Führerhaus des Vans, doch von Patrick war weit und breit nichts zu sehen.
»Lassen Sie mich Ihnen die Säcke abnehmen, meine Liebe«, bot der Mann an und kam auf sie zu.
Am Samstagmorgen betrat Laurie die Eisenwarenhandlung im Dorf und ließ ihren Blick über das unbekannte Terrain schweifen. Zwei weitere Kunden befanden sich im Gang mit den Leuchtmitteln. Laurie ging an ihnen vorbei und lief zu den Innenwandfarben hinüber.
In der vergangenen Nacht war sie bis Mitternacht aufgeblieben, hatte in Millys Zimmer an der Nähmaschine gesessen und Jacken und Röcke geändert, um sie für die Auktion aufzuarbeiten. Am frühen Abend hatte sie dafür ein paar Entwürfe gezeichnet; das hatte sie von der Enttäuschung abgelenkt, Patrick nicht gesehen zu haben. Als sie dann am Morgen Kaffee gekocht und dabei die rußgeschwärzten Wände der Cottageküche vor Augen gehabt hatte, war sie dank Dianas Tipps bereit gewesen, die Sache in Angriff zu nehmen.
Ihr Blick wanderte über die Emulsionsfarben und die Holzlasuren, bis Laurie schließlich ein Foto der gesuchten Farbe auf ihrem iPhone aufrief. Dann hielt sie das Handy neben die Farbtafeln und blinzelte, welcher Farbton der gesuchten Farbe am nächsten kam.
»Die gesuchte Farbe heißt ›Magnificent Magnolia‹«, ertönte eine Stimme hinter ihr. Sehr männlich, rau, mit einem nordenglischen Akzent. Als Laurie sich umdrehte, stand Patrick plötzlich vor ihr. Er trug eine ausgeblichene Jeans und einen schwarzen Wollpulli. Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln. Adrenalin jagte ihr durch die Adern, als sich ihre Blicke trafen.
»Meinst du?«, fragte sie scheu und hoffte, dass er ihre Nervosität nicht bemerkte. »Ich hatte an ›Inimitable Ivory‹ gedacht.« Sie hielt die entsprechende Farbkarte hoch, damit er sich den Farbton genauer anschauen konnte.
»Definitiv der Magnolia-Ton«, erklärte er und deutete auf den Farbtopf. »Was willst du denn anstreichen?«
»Küchenwände«, erwiderte Laurie ein wenig verlegen. »Es gab da einen kleinen, sehr bedauerlichen Zwischenfall. Und du? Warum bist du hier?«
»Selbst ist der Mann«, antwortete er und hielt ein paar Wandregalböden hoch.
Es folgte ein Moment des Schweigens. Zwischen ihnen schien kaum noch Luft zum Atmen zu sein.
»Kann ich dir helfen?«, bot er ihr seine Hilfe an. »Zufällig bin ich im Anstreichen ganz geschickt.«
Laurie zögerte kurz. Wenigstens eine Person, die wusste, was sie tat, könnte auf jeden Fall hilfreich sein.
»Das wäre toll.« Sie nahm eine Farbrolle sowie ein paar Pinsel und brachte sie zur Ladentheke. »Wenn du nichts Besseres vorhast?«
»Ach, das Regal hier kann warten«, erwiderte er und nickte mit einem schiefen Grinsen zu den Regalbrettern. »Das wartet schon seit einem halben Jahr, und meine DVD -Sammlung hat sich bis jetzt noch nicht über den Fußboden beschwert.«
»Nette Straße«, fand Patrick und stieß einen Pfiff aus, als sie die hübschen Cottages an der Snowdrop Lane passierten.
»Oh, das hier ist nicht mein Cottage«, entgegnete Laurie schnell. »Ich passe nur für eine Freundin aufs Haus auf. Ich bin gar nicht hier aus der Gegend.«
Patrick neigte den Kopf und musterte ironisch ihren akkuraten Haarschnitt, die High Heels und die edelsteinfarbenen Accessoires.
»Du bist nicht aus dem Dorf?«, grinste er. »Du machst wohl Witze!«
Im Cottage bedeckten Laurie und Patrick sowohl die Küchenarbeitsplatte als auch den Boden mit Zeitungspapier, und Laurie ließ das Radio dröhnen, während sie arbeiteten. Patrick hatte sich den Pullover ausgezogen und strich nun im T -Shirt an. Laurie fiel sein durchtrainierter Körper auf. Nach zwanzig Minuten sah die Küche mehr oder weniger wieder so aus, wie Laurie sie bei ihrer Ankunft vorgefunden hatte, obwohl die frisch gestrichenen Stellen ein wenig heller strahlten als der Rest.
»Das sieht ziemlich gut aus, oder?«, stellte Laurie fest und trat einen Schritt zurück.
»Jetzt kannst du wieder etwas Neues anbrennen lassen«, scherzte Patrick.
Laurie verdrehte grinsend die Augen. »Tee?«, fragte sie.
»Ich dachte schon, du würdest nie fragen«, neckte er sie. »Oh, warte.« Er legte eine Hand auf ihre Schulter und strich ihr mit der anderen durchs Haar, um Farbe zu entfernen, die dort festgetrocknet war.
Während er den Farbfleck sanft entfernte, fielen Laurie seine verführerisch vollen Lippen auf. Er war so nah – und einen Moment lang dachte sie, er würde …
Jays Gesicht tauchte vor ihrem inneren Auge
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