Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Kuss vor Mitternacht

Ein Kuss vor Mitternacht

Titel: Ein Kuss vor Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Candace Camp
Vom Netzwerk:
Verlangen, das sie durchflutet hatten.
    Sie schüttelte den Kopf, um diese Bilder zu verscheuchen, und wandte sich vom Fenster ab. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie das Buch immer noch an ihren Busen gedrückt hielt, drehte es um und las den Titel.
    Es war Leviathan von Thomas Hobbes, eines der bedeutendsten Werke der politischen Philosophie aus dem Jahr 1651. Wahrlich eine entspannende Bettlektüre, stellte Constance fest und musste innerlich lachen.
    Sie legte das schwer verdauliche staatstheoretische Werk auf den Nachttisch und begann sich zu entkleiden. Nan hatte sie gebeten, vor dem Zubettgehen nach ihr zu klingeln, aber Constance wollte lieber allein sein und ihren Gedanken nachhängen, die sie vermutlich daran hinderten, bald einschlafen zu können, aber das störte sie nicht im Geringsten. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sie sich sprühend vor Lebensfreude. Und dieses Gefühl wollte sie auskosten.

8. KAPITEL
    Als Constance am nächsten Morgen das Frühstückszimmer betrat, war Francesca nicht da. Constance unterhielt sich angenehm mit zwei lebhaften Schwestern, die mit ihrem Bruder Philip Norton von ihrem Landsitz in Norfolk angereist waren. Sie waren entfernte Verwandte von Lady Selbrooke und standen unter der Vormundschaft ihres älteren Bruders, der ebenso reserviert und einsilbig war wie seine Schwestern redselig und aufgedreht. Die beiden hatten mit siebzehn und achtzehn ihr Debüt noch nicht gehabt und sahen in ihrem Aufenthalt auf Redfields eine aufregende Abwechslung zu den kleinen nachbarschaftlichen Zusammenkünften und Kaffeekränzchen, die ihr Gesellschaftsleben in Norfolk ausmachten. Sie sprudelten nur so vor begeisterten Mutmaßungen über den geplanten Ausflug ins Dorf.
    Für die älteren Damen und jene, die nicht reiten konnten, stehe ein offener Landauer zur Verfügung, berichteten sie Constance, und für die Damen, die den Wunsch hatten zu reiten, wurden Pferde gesattelt. Die Schwestern zogen es selbstverständlich vor zu reiten.
    „Auch wenn wir im Vergleich zu Miss Rutherford keine gute Figur im Sattel abgeben“, erklärte Miss Elinor Norton mit einem verschmitzten Lächeln, das Constance wissen ließ, wie herzlich wenig sie das kümmerte.
    „Sie soll eine ausgezeichnete Reiterin sein, wie ich höre. Sie hat sogar ihr eigenes Pferd mitgebracht“, fügte ihre Schwester Lydia hinzu.
    „Gestern Abend erklärte sie uns, sie würde niemals und unter keinen Umständen ein fremdes Pferd reiten.“
    „Etwas anderes hätte ich von ihr auch nicht erwartet“, antwortete Constance trocken.
    „Reiten Sie, Miss Woodley?“, fragte Philip, der Bruder der beiden Mädchen, und erstaunte Constance damit, dass er offenbar der Plauderei seiner Schwestern Beachtung geschenkt hatte.
    Sie lächelte. „Ich bin zwar keine Expertin wie Miss Rutherford, aber ja, früher bin ich häufig geritten. Es ist einige Jahre her, und bedauerlicherweise habe ich nicht daran gedacht, ein Reitkostüm einzupacken.“
    Genauer gesagt hatte sie das Reitkostüm gar nicht mit nach London genommen, da sie nicht im Traum damit gerechnet hätte, Verwendung dafür zu haben. Deshalb würde sie also mit den „älteren Damen“ in der offenen Kutsche sitzen. Wenigstens blieb ihr dadurch die Nähe von Muriel Rutherford erspart, immerhin ein tröstlicher Gedanke.
    Nach dem Frühstück begab sie sich nach oben, um nach Francesca zu sehen, deren Abwesenheit ihr inzwischen ernsthafte Sorgen bereitete. Leider bestätigte es sich, dass sie sich zu Recht gesorgt hatte, denn als sie an die Tür zu den Räumlichkeiten ihrer Freundin klopfte, bat Francesca sie mit heiserer Stimme einzutreten.
    Sie saß mit gerötetem Gesicht und wässrigen Augen, in einen Schal gehüllt im Bett, den Rücken gegen die Kissen gelehnt.
    „Ach Constance“, jammerte sie – wenn ihr heiseres Krächzen als Jammern bezeichnet werden konnte. „Es tut mir so leid. Ich glaube, ich habe mir eine dumme Erkältung geholt.“
    „Du lieber Himmel, das darf Ihnen doch nicht leidtun“, erwiderte Constance mitfühlend. „Sie haben diese Erkältung ja nicht absichtlich bestellt.“
    „Ich kann nicht mit in die Kirche kommen“, klagte Francesca und nieste ins Taschentuch.
    „Natürlich nicht“, sagte Constance. „Sie bleiben im Bett und kurieren sich aus. Ich bleibe gerne und pflege Sie.“
    „Aber nein! Auf keinen Fall!“, rief Francesca entrüstet. „Maisie bringt mir Tee und legt mir feuchte Tücher auf die Stirn. Sie müssen mir versprechen, keine

Weitere Kostenlose Bücher