Ein Kuss zum Dessert (German Edition)
sich zog, konnte sie es sich gemütlich machen und ihn gleichzeitig noch beleidigen. Nachdem sie den ganzen Tag mit Carlo unterwegs gewesen war und er mit jeder Frau zwischen sechzehn und sechzig geflirtet hatte, war es ihr lieber, dass sie es sich gemütlich machen konnte.
Zufrieden mit ihrer Erscheinung lehnte sie sich zurück und wartete darauf, dass Blake läutete. Es würde sicher nicht mehr lange dauern, denn wenn ihre Menschenkenntnis sie nicht trog,war Blake ein pünktlicher Mensch. Und auch ein anspruchsvoller, überlegte sie, als sie sich in ihrer gemütlichen Unordnung umsah.
Sicher würde er in einem eleganten maßgeschneiderten Anzug bei ihr auftauchen, mit einem blütenweißen Hemd, auf das sein Monogramm gestickt war. Und seine italienischen Lederschuhe würden kein Körnchen Staub aufweisen. Zufrieden blickte sie auf den ausgefransten Saum ihrer Jeans. Zu schade, dass keine Löcher darin waren.
Löcher oder nicht, dachte sie grinsend, auf jeden Fall sehe ich nicht aus wie eine Frau, die aufgeregt auf einen Mann wartet, den sie beeindrucken möchte. Und das, so schloss sie, ist, was ein Mann wie Blake von einer Frau erwartet. Ihn zu überraschen, würde ihr Spaß machen, ihn wütend zu machen, noch mehr.
Als es dann an der Tür klingelte, sah June sich noch einmal um, ehe sie langsam aufstand. Sie ließ sich Zeit, reckte sich noch einmal und ging dann zur Tür.
Zum zweiten Mal wünschte sich Blake, er hätte eine Kamera, um den Ausdruck der Überraschung auf ihrem Gesicht festzuhalten. Sie sagte nichts, starrte ihn nur an … Mit einem kleinen Lächeln schob Blake die Hände in die Taschen seiner eng anliegenden verwaschenen Jeans. Sicher hatte es noch nie zuvor jemandem solchen Spaß gemacht, einem anderen eins auszuwischen.
„Ist das Essen fertig?“ Er schnüffelte. „Es riecht großartig.“
Diese verflixte Arroganz – und seine Intuition, dachte June. Wie schaffte er es nur, ihr immer einen Schritt voraus zu sein? Bis auf die Tatsache, dass er Tennisschuhe trug – abgelaufene Tennisschuhe –, war er genauso gekleidet wie sie. Und was sienoch mehr ärgerte, war die Tatsache, dass er in Jeans und T-Shirt genauso attraktiv aussah wie in einem eleganten Anzug. Nur mit Mühe gelang es ihr, sich unter Kontrolle zu halten. Die Spielregeln hatten sich vielleicht geändert, aber das Spiel war deshalb noch lange nicht vorbei. So leicht gab sie sich nicht geschlagen.
„Mein Essen ist fertig“, erklärte sie ihm kühl. „Ich kann mich nicht daran erinnern, Sie eingeladen zu haben.“
„Ich sagte doch acht Uhr.“
„Und ich sagte nein.“
„Da Sie dagegen waren, mit mir auszugehen …“ Er nahm ihre beiden Hände, dann schob er sich an ihr vorbei in die Wohnung. „… dachte ich, wir würden hier essen.“
Noch immer hielt er ihre Hände fest. June überlegte, ob sie ihn auffordern sollte zu gehen. Sie konnte es verlangen … und er würde vielleicht gehen. Auch wenn es ihr nichts ausmachte, unhöflich zu sein, so wäre es nicht unbedingt sehr befriedigend, die Schlacht schon so früh zu gewinnen. Sie müsste etwas anderes, Befriedigenderes finden, um ihn auszustechen.
„Sie sind wirklich sehr hartnäckig, Blake. Man könnte beinahe sagen, stur.“
„Schon möglich. Was gibt es denn zu essen?“
„Sehr wenig.“ June befreite eine Hand aus seinem Griff und deutete auf den Tisch im Wohnzimmer.
Blake zog eine Augenbraue hoch. „Ihre Vorliebe für Fastfood ist wirklich bemerkenswert. Haben Sie eigentlich schon einmal daran gedacht, eine eigene Imbisskette zu eröffnen? Mit Minuten-Croissants? Oder mit Drive-in-Torten?“
June fand sein Gespött absolut nicht lustig. „Sie sind der Geschäftsmann“, erklärte sie. „Ich bin die Künstlerin.“
„Mit dem Appetit eines Teenagers.“
Blake ging zum Tisch hinüber und nahm sich einen Hähnchenschenkel aus der Packung. Dann setzte er sich auf die Couch und legte die Füße auf den Couchtisch. „Nicht schlecht“, meinte er nach dem ersten Bissen. „Gibt es keinen Wein?“, fragte er June.
Nein, ich will mich nicht amüsieren, dachte sie, doch als sie ihn beobachtete, konnte sie ein Grinsen nicht unterdrücken. Vielleicht hatte ihr Plan, ihn zu beleidigen, nicht geklappt, aber sie wusste ja noch nicht, wie der Abend enden würde. Sie brauchte nur ein gutes Stichwort, um ihn packen zu können. „Diät-Soda.“ Sie setzte sich und hob die Büchse an den Mund. „In der Küche ist noch mehr.“
„Das hier genügt mir.“ Blake
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