Ein Kuss zum Dessert (German Edition)
nach einer sinnlichen Erfahrung suchst, die ihr gleichkommt.“
„Sehr poetisch.“ June lachte. „Aber ich habe nicht vor, für jemanden die Vorspeise zu sein.“
„Nein, meine June, du bist die köstlichste aller Nachspeisenund daher auch die, nach der man am meisten verlangt.“ Er blinzelte den drei Studentinnen zu. „Dieser Cocharan, glaubst du nicht, dass ihm das Wasser im Mund zusammenläuft, wenn er dich nur ansieht?“
Wieder lachte June, dann machte sie zwei Schritte von Carlo weg. Das Bild, das er ihr gerade gezeichnet hatte, gefiel ihr. „Glaubst du wirklich?“, fragte sie.
Carlo wusste, dass er June abgelenkt hatte. Er legte einen Arm um ihre Taille und führte sie auf den Ausgang zu. Sie hatten noch immer genug Zeit für die frische Luft und die weiblichen Jogger.
„Cara“, begann er. „Ich bin ein Mann, der ‚Amore‘ studiert hat. Ich weiß, was ich in den Augen eines anderen Mannes sehe.“
June unterdrückte ein heißes Glücksgefühl, sie zuckte nur mit den Schultern. „Ihr Italiener findet doch immer eine Entschuldigung für etwas, das nichts weiter als reine Lust ist.“
Mit einem Seufzer führte Carlo sie aus dem Gebäude. „June, für eine Frau mit französischem Blut in den Adern besitzt du kein bisschen Romantik.“
„Romantik gehört in Bücher und in Filme.“
„Romantik“, berichtigte Carlo sie, „gehört überallhin.“
Auch wenn June sich bemüht hatte, ihrer Stimme einen leichtfertigen Klang zu geben, so wusste Carlo doch, dass sie die Wahrheit gesagt hatte. Das beunruhigte ihn. „Du solltest es einmal mit Kerzenlicht, Wein und leiser Musik versuchen, June. Es wird sicher nicht schaden.“
Sie warf ihm einen Blick von der Seite zu und lächelte dann rätselhaft. „Meinst du?“
„Du kannst Carlo vertrauen, so wie sonst niemandem.“
„Oh, das tue ich auch.“ Jetzt lachte sie und legte einen Arm um seine Schulter. „Ich vertraue sonst niemandem, Franconi.“
Auch das war die Wahrheit. Wieder seufzte Carlo. „Dann vertrau wenigstens dir selbst, cara. Lass dich von deinen eigenen Instinkten leiten.“
„Aber das tue ich doch.“
„Wirklich?“ Jetzt war es Carlo, der ihr einen Seitenblick zuwarf. „Ich glaube, du vertraust dir selbst nicht genug, um es zu wagen, mit dem Amerikaner allein zu sein.“
„Mit Blake?“ Er fühlte, wie sie erstarrte. „Das ist doch absurd.“
„Und warum regst du dich dann so darüber auf, mit ihm essen zu gehen?“
„Dein Englisch ist nicht ganz korrekt, Carlo. Ich rege mich nicht darüber auf, ich bin ärgerlich.“ Trotzig hob sie das Kinn. „Ich bin ärgerlich, weil er einfach bestimmt hat, dass ich mit ihm essen gehen soll, und weil er es noch immer angenommen hat, selbst jetzt, nachdem ich abgelehnt habe. Das ist doch wohl normal.“
„Ich finde, deine Reaktion auf ihn ist auch normal.“ Er zog eine Sonnenbrille aus der Tasche und setzte sie auf. „Ich habe auch in deine Augen gesehen, als wir ihn in der Küche getroffen haben.“
June warf ihm einen bösen Blick zu. „Du weißt ja gar nicht, wovon du überhaupt redest.“
„Ich bin ein Feinschmecker“, erklärte Carlo mit einer ausladenden Geste seines freien Arms. „Von gutem Essen, ja, aber auch in der Liebe.“
„Bleib du lieber bei deiner Pasta, Franconi.“Er grinste nur, dann tätschelte er ihre Hüfte. „Carissima, meine Pasta bleibt nie kleben.“
June fluchte leise auf Französisch. Es war ein Wort, das man in Paris oft an Häuserwände geschmiert lesen konnte. Dann gingen beide weiter, schweigend, während jeder darüber nachdachte, was wohl an diesem Abend um acht Uhr passieren würde.
Absichtlich und nach reiflichen Überlegungen hatte June an diesem Abend ihre schäbigsten Jeans angezogen sowie ein verwaschenes T-Shirt, das an einem Ärmel eingerissen war. Sie machte sich auch keine Mühe, Make-up aufzulegen. Nachdem sie Carlo zum Flughafen gefahren hatte, hatte sie in einem Schnellimbiss gebackenes Hähnchen und Pommes frites gekauft, zusammen mit einem kleinen Schälchen Krautsalat.
Sie öffnete sich eine Büchse Diät-Soda, stellte den Fernsehapparat an und machte es sich auf dem Sofa bequem. Dabei knabberte sie an einem Hähnchenschenkel. Zuerst hatte sie die Absicht gehabt, sich so elegant zu kleiden, dass es Blake umwarf. Und wenn er dann an ihrer Tür klingelte, hatte sie an ihm vorbeirauschen und ihm im Vorbeigehen erklären wollen, dass sie eine andere Verabredung hätte. Aber so, dachte sie, als sie die Beine unter
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