Ein Kuss zum Dessert (German Edition)
wüsste ich ihre Freundlichkeit nicht zu schätzen, aber zu viel des Guten ist niemals förderlich. Man kann eine Nachspeise auch durch zu viel Aufmerksamkeit und zu viel Getue verderben.“
„Das Gleiche sagt man auch von Kindern.“
„Hör bloß auf, so geistreich zu sein, verdammt!“
Er lächelte nur. „Hörst du mir überhaupt zu?“ June keifte förmlich. „Ich höre jedes Wort.“
„Ich kann es nun mal nicht vertragen, so umsorgt zu werden, das ist alles. Meine Mutter – jeden Tag bringt sie mir diesen Kräutertee, ich habe schon das Gefühl, dass er in meinem Bauch gluckert, wenn ich gehe. Du sollst dich ausruhen, June, du bist noch nicht kräftig genug, June. Verflixt, ich bin stark wie ein Ochse!“
Blake griff nach einer Zigarette. Er genoss dieses Schauspiel. „Das glaube ich dir.“
„Und Max! Dieser Mann bringt mich mit seiner Fürsorge um. Jeden Tag, pünktlich um zwölf, gibt es Mittagessen.“ Mit einem Aufstöhnen presste sie ihre Hand auf den Magen. „Ich habe seit einer Woche nichts Vernünftiges mehr gegessen. Ich habe dieses entsetzliche Verlangen nach Tacos, aber ich bin sovoll mit Tee und Hummer, dass ich nichts mehr runterkriege. Wenn mir nur noch ein einziger Mensch sagt, ich solle mich ausruhen, ich glaube, ich werde ihm eins auf die Nase geben.“
Blake betrachtete angelegentlich seine Zigarette. „Ich werde dafür sorgen, dass ich nicht derjenige bin.“
June wirbelte zu Blake herum und setzte sich dann wieder hin. „Du bist der Einzige hier, der mich wie ein normaler Mensch behandelt. Du hast mich gestern sogar angeschrien. Dafür bin ich dir wirklich dankbar.“
„Gern geschehen.“
Lachend nahm sie seine Hand. „Ich meine das ernst. Ich war dumm genug, so einen Unfall in meiner Küche überhaupt geschehen zu lassen, man sollte mich nicht ständig wieder daran erinnern.“
„Ich verstehe dich.“ Blake verschränkte seine Finger mit ihren. „Ich habe dich studiert, seit wir uns zum ersten Mal getroffen ha ben.“
Bei seinen Worten begann ihr Herz zu klopfen. „Ich bin nicht so leicht zu verstehen. Manchmal verstehe ich mich ja selbst nicht.“
„Dann will ich dir etwas über June Lyndon erzählen.“ Er sah auf ihre verschränkten Hände. „Sie ist eine wunderschöne Frau, ein wenig verwöhnt durch ihre Kindheit und ihren Erfolg.“ Er lächelte, als sie die Stirn runzelte. „Sie ist stark und vertritt ihren eigenen Standpunkt, und sie ist durch und durch weiblich, ohne berechnend zu sein. Sie ist ehrgeizig und besitzt die Gabe, sich völlig konzentrieren zu können. Und sie ist romantisch, auch wenn sie das abstreitet.“
„Das ist nicht wahr“, versuchte June ihn zu unterbrechen.
„Sie hört Chopin, wenn sie arbeitet, und auch wenn sie ihr Büro in einem Lagerraum einrichtet, stellt sie Rosen auf ihren Schreibtisch.“
„Der Grund, warum …“
„Unterbrich mich nicht“, befahl er, und mit einem Schulterzucken gab sie nach. „Ihre Ängste hält sie gut verborgen, denn sie gibt nicht gern zu, dass sie welche hat. Sie ist zäh genug, um es mit jedem aufzunehmen, und einfühlsam genug, eher eine unangenehme Situation zu erdulden, als die Gefühle eines anderen zu verletzen. Sie liebt den besten Champagner und dazu Essen von der Imbissbude. Es gibt niemanden, der mich schon so oft verärgert hat, und niemanden, dem ich so schrankenlos vertraue.“
June ließ die lang angehaltene Luft aus ihren Lungen entweichen. Nicht zum ersten Mal hatte er sie in eine Lage gebracht, in der ihr die Worte fehlten. „Nicht gerade eine sehr liebenswerte Frau.“
„Nicht unbedingt“, stimmte Blake ihr zu. „Aber eine sehr faszinierende.“
Sie lächelte, dann kam sie um den Schreibtisch herum und setzte sich auf seinen Schoß. „Das habe ich schon immer einmal tun wollen“, murmelte sie und schmiegte sich an ihn. „In einem eleganten Büro auf dem Schoß eines wichtigen Geschäftsmannes zu sitzen. Und plötzlich bin ich mir auch ganz sicher, dass ich lieber faszinierend sein möchte als liebenswert.“
„Mir gefällt das auch besser.“ Er küsste sie sanft. „Du hast gerade meinen nervösen Zusammenbruch verhindert – Kompliment!“
Er strich ihr über das Haar und dachte daran, dass er sie beinahe ganz für sich gewonnen hatte. „Unser Ziel ist es, die Leute zufriedenzustellen.“
„Wenn ich jetzt nur nicht in die Küche zurückmüsste.“ Sie seufzte. „Und all die besorgten Gesichter sehen müsste.“
„Was würdest du denn lieber
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