Ein Land, das Himmel heißt
geglaubt, glücklich zu sein, aber nie zuvor hatte sie diese tiefe Ruhe erfüllt, nie waren ihre Sinne empfänglicher gewesen, hatte sie ihren Körper so gespürt wie jetzt. Die schlimme Zeit war vorbei, nur noch vierunddreißig Tage bis zum fünfundzwanzigsten Februar. Christina würde ein Sonntagskind werden.
Nach dem Gespräch mit ihren Eltern hatte sie alle Renovierungen an dem Haus im Flamboyant Drive erst einmal gestoppt. »Neue Küchenschränke in ein gemietetes Haus einzubauen ist Verschwendung, und den Videorecorder kann man reparieren lassen,« teilte sie Martin mit, »jetzt wird gespart.« Doch die Kakerlakennester unter dem Fußboden und hinter Wandverkleidungen aufzuspüren erwies sich als schwierig. Erst nächste Woche würden sie wieder einziehen können.
Christina trat um sich und beulte ihren Bauch aus. Sie lachte übermütig. Martin, sie und Christina, bald würden sie zusammen auf Inqaba sein. Für die ersten Monate nach der Geburt würde sie dorthin zurückkehren. Martin hatte es vorgeschlagen. »Ich werde ständig unterwegs sein und dich viel allein lassen müssen. Dort seid ihr zwei dann am besten aufgehoben.«
Warmer Wind strich über ihre Haut, trug süßen Karamellduft von verbranntem Zuckerrohr mit sich. Sehnsüchtig ging ihr Blick nach Nordwesten. Eine große Rauchwolke stand in der klaren Luft über den grünen Hügeln Zululands. Die letzten Zuckerrohrfelder wurden abgebrannt. Sie konnte es kaum erwarten, heimzukehren. Sie pflückte eine intensiv nach Jasmin duftende Sternblüte der Amatunguluhecke, die um die Veranda wuchs, und steckte sie sich hinters Ohr. Zwischen den ledrigen Blättern leuchtete eine himbeerrote, reife Frucht. Sie pflückte und aß sie. Sie schmeckte wie eine Kreuzung von Pflaume und Aprikose, ihre Großmutter hatte davon Marmelade gemacht. Dann ging sie ins Haus. »Beatrice!«, rief sie. Irmas Hausmädchen kam aus der Küche geeilt. »Ich geh zu Fuß nach Umhlanga, es ist herrlich heute. Du brauchst nicht auf mich zu warten, ich werde erst am späten Nachmittag nach Hause kommen.«
»Wir brauchen Tomaten und Lammkoteletts für heute Abend«, antwortete Beatrice. Ihre braune Haut glänzte fettig, und Schweißperlen standen ihr auf der Stirn. »Zu heiß heute«, stöhnte sie theatralisch und schickte einen gequälten Blick unter den Augenlidern hervor, »meine Beine sind ganz schwer.«
Jill lachte, sie wusste genau, was die Zulu damit sagen wollte. »In Ordnung, du kannst jetzt Schluss machen, komm um sechs wieder, um das Essen zu kochen. Und rühre den Fernseher nicht an«, ermahnte sie. Sie wusste, dass Beatrice, kaum dass sie aus dem Haus war, ihre Arbeit liegen ließ, den Fernseher auf dröhnende Lautstärke drehte und es sich davor gemütlich machte. Nicht genug damit, die Schwarze vergaß meist auch, ihn abzuschalten, und wenn Martin und sie spät von einer Verabredung kamen, waren sie häufig aufs Äußerste von lautstarken Stimmen alarmiert worden, die aus dem Inneren des Hauses drangen.
»Tut mir Leid, Madam, hab ich vergessen«, flötete dann eine nicht im Geringsten von ihren Vorhaltungen beeindruckte Beatrice.
»Yebo, Madam«, grinste Beatrice jetzt erfreut, schien auf einmal mit neuem Leben erfüllt zu sein. Im Nu hatte sie ihre Schürze abgebunden und den hellblauen Hausmädchenkittel aufgeknöpft. Sie trug einen einteiligen Badeanzug darunter. »Ich geh schwimmen«, verkündete sie, »kann ich den Sonnenschirm mitnehmen?«
»Natürlich, aber schwimm nur, wo es erlaubt ist, hörst du? Außerhalb des bewachten Badestrandes ist es zu gefährlich.«
Beatrice grinste und trabte in die Küche, und Jill hörte, wie die Eisschranktür geöffnet wurde. Das Mädchen schnorrte sich sicher eine Cola, wie schon so häufig. Jetzt steckte sie den Kopf noch einmal durch die Tür. »Telefon ist tot«, bemerkte sie lakonisch, »schon gestern Abend.« Damit verschwand sie.
»Verdammt, warum hast du nichts gesagt«, rief Jill hinter der Zulu her. Martin und sie waren gestern Nacht erst spät von einer Einladung zurückgekehrt, und heute hatte sie noch nicht versucht zu telefonieren. Verärgert verließ sie das Haus, beschloss, gleich in Umhlanga Rocks bei der Telefongesellschaft vorbeizugehen. Über die hölzerne Veranda, die die ganze Breite des kleinen Hauses einnahm, stieg sie die lange, gewundene Steintreppe hinunter, die den Höhenunterschied von rund fünfzehn Metern vom Haus zum Strand überwand. Rechts und links hatte Irma den Küstenurwald einfach wachsen
Weitere Kostenlose Bücher