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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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war zufrieden. Die Gäste stiegen ein und nahmen auf den erhöhten Sitzen Platz. Jeder hielt eine Kamera in den Händen, Rainer Krusen trug zwei weitere um den Hals, jede mit einem anderen Objektiv, Axel hatte seine schwere Filmkamera mit einem handlicheren Modell vertauscht. Am Tor von Hluhluwe parkten nur drei weitere Geländewagen anderer großer Farmen, die wie sie ihr Einkommen durch zahlende Gäste aufbesserten. Musa bog gleich auf den Sandweg nach Süden ab. Der Sturzregen am Abend vorher hatte Bodenrinnen in reißende Bäche verwandelt, Erde die Abhänge hinuntergespült, und schon nach wenigen hundert Metern mussten Philani und Musa aussteigen und den Weg freischaufeln. »Wird noch wieder Gewitter heute geben«, sagte Musa mit prüfendem Blick auf den Himmel, »aber erst abends.«
    »Wunderbar, so eins zu sein mit der Natur, zu wissen, was sie uns sagen will«, bemerkte Rainer Krusen auf Englisch, notierte sich etwas dabei. »Woran sehen Sie das, Musa, riechen Sie es, oder hat Ihr Sangoma das prophezeit? Ich finde das wahnsinnig interessant, habe vor, ein Referat vor meinen Schülern darüber zu halten.«
    »Hab den Wetterbericht im Radio gehört, der ist meist zuverlässig«, lachte Musa, lachte dieses herrliche Lachen der Schwarzen, das im Bauch beginnt, in der Kehle gluckst, dann hervorbricht und alle mitreißt. Rainer Krusen machte Anstalten, verbissen auszusehen, aber auch er konnte nicht widerstehen und schmunzelte.
    »Wir werden den Hluhluwe-Fluss gleich bei der Furt überqueren«, erklärte Jill, als das Gelände steiler wurde.
    Musa lenkte den Wagen behutsam über den ausgewaschenen Sandweg. Der saftig grüne Busch, das Ried, das im leichten Wind schwankte und die Küken der Webervögel in ihren Nestern sanft wiegte, zeigten, dass sie sich dem Flussufer näherten.
    Plötzlich war vor ihnen kein Weg mehr, er führte bis zu einer gezackten Abbruchkante und dann ins Nichts. Musa trat die Bremse durch, der Wagen rutschte wie auf Schmierseife auf dem nassen Matsch, blieb aber knapp vor der Kante quer stehen. Philani und er sprangen heraus, Jill folgte ihnen. Gemeinsam spähten sie hinunter. Fünf Meter unter ihnen strudelte der Hluhluwe dahin, ein paar Betonbrocken, mit denen der Weg zur Furt befestigt worden war, ragten aus den lehmgelben Fluten. Kleinere Stücke waren fünfzig Meter nach rechts auf einer Sandbank angeschwemmt worden, auf der zwei Büffel dösten. Feuchtigkeit stieg in Schwaden aus dem Ufergebüsch, schon bildeten sich weiße Wölkchen.
    »Hier kommen wir nicht weiter«, sagte Jill, »wir müssen zurück und außen über die Straße.« Sie merkte auf, als sie hektisches Klicken vernahm. Die Krusens waren ausgestiegen und fotografierten alles. »Sie dürfen hier nicht aussteigen, Iris«, sagte sie, »wir sind in Afrika, da laufen alle möglichen Tiere frei herum, die es bei Ihnen nur im Zoo gibt. Große, hungrige Tiere.« Wie um ihre Worte zu bestätigen, hörten sie ein dumpfes Röhren, einen Ton, der aus Urzeiten zu kommen schien, sich in der Erde, in den Bäumen, in den Felsen fortsetzte und Rainer und Iris Krusen zu Statuen erstarren ließ.
    »Was … was … war das?« Iris’ Stimme stieg zu einem Quietschen.
    »Ein Löwe«, sagte Jill und dachte nicht daran, hinzuzufügen, dass die Raubkatze ein paar Meilen entfernt sein musste. Ein bisschen Nervenkitzel gehörte zum Kundenservice. »Langsam zurück ins Auto«, flüsterte sie und zwinkerte Musa und Philani dabei zu.
    Beide begriffen sofort. Sie brachten ihre Gewehre in Anschlag, stellten sich schützend vor die Krusens, und die Webervögel in Schach haltend, die sie interessiert beäugten, zogen sie sich Schritt für Schritt rückwärts zum Auto zurück. Hastig kletterten Iris und Rainer Krusen wieder hinein und nahmen aufseufzend in ihren Sitzen Platz. Beide glänzten vor Schweiß. Nervös sah sich Iris Krusen um. »Sind Sie sicher, dass ein Löwe hier nicht hochspringen kann, Jill? Das sind doch höchstens eineinhalb Meter.«
    »Das könnte er leicht, aber er wird es nicht. Er erkennt uns nicht als Beute, wenn wir im Auto sitzen.«
    »Na, hoffentlich weiß er das auch«, brummte Rainer Krusen.
    Axel setzte die Kamera ab. »Starke Szene«, bemerkte er. Nils grinste vergnügt. Offenbar hatte er die Vorstellung durchschaut.
    Musa legte den Rückwärtsgang ein und trat sanft aufs Gas, die Räder griffen. Langsam fuhren sie rückwärts durch überhängendes Gras und Palmwedel die Sandstraße hoch bis zum ebenen Teil. Dort zweigte

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