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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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auf der Farm leben. Irgendwann wird sie dein Bruder übernehmen, der wird heiraten und Kinder haben, wo soll da noch Platz für uns sein? Stell dir vor, wir zwei haben eines Tages Kinder, dein Bungalow ist dann zu klein. Wer hat da eigentlich vorher gelebt?«
    »Meine Großmutter«, antwortete sie. In gewisser Weise hatte er Recht. Tom würde die Farm übernehmen, und eigentlich war dann kein Platz mehr für sie. »Ich will aber hier bleiben«, hörte sie sich sagen und merkte selbst, wie kindisch und bockig das klang. Unmutig trommelte sie mit den Fingern auf dem Geländer herum, zerquetschte gedankenlos eine Ameise unter ihrem Daumen. »Lass uns morgen darüber reden. Wir werden eine Lösung finden. Für Probleme ist es zu schön heute Abend.«
    Als er zögernd nickte, beschrieb sie mit einer Handbewegung einen Kreis, der das gesamte Land vor ihnen umfasste. »Sieh es dir an! Als mein Urururgroßvater Steinach vor 143 Jahren zum ersten Mal auf dieser Anhöhe gestanden und sein Land in Augenschein genommen hat, hat er denselben Blick gehabt. Nichts hat sich seitdem geändert. Es muss ihm wie das Paradies erschienen sein, nach allem, was er durchgemacht hatte.« In der rasch aufziehenden Dunkelheit verwandelten sich Büsche, Bäume und Tiere in Schemen aus einer Fabelwelt. Es wisperte und raschelte, als die Nachttiere aus der Hitzestarre zum Leben erwachten, in der Ferne lachte eine Hyäne, ein Leopard hustete. Der hohe Sopran der Baumfrösche eröffnete Afrikas Nachtkonzert. Zikaden strichen ihre Saiten, der tiefe Bass der Ochsenfrösche schallte aus dem Sumpf am Wasserloch herauf.
    Martin lehnte sich vor, schaute sich um. »Optimaler Platz, ein Haus zu bauen«, bemerkte er, »wusstest du, dass wir hier in der Gegend auch einmal Land besaßen? Wo genau, weiß ich nicht, aber das ließe sich ja herausfinden. Stell dir vor, vielleicht haben sich unsere Urururgroßväter ja gekannt. Wir sollten einmal unsere Familiengeschichten durchforsten.«
    Erstaunt sie ihn an. »Hier, bei Inqaba? Das hab ich nicht gewusst. Wann hat sich deine Familie hier angesiedelt? Damals gab es nur eine Hand voll Siedler, sie werden sich bestimmt gekannt haben.«
    »Um 1850, aber es war nur mein Urururgroßvater Konstantin«, er lachte, »ich komme immer ins Stottern mit der Vielzahl von ›Ur‹ vor dem Großvater, also mein Urahn war damals allein, eine Familie gab es noch nicht. Lange ist er hier auch nicht geblieben. Es heißt, das Klima sei ihm nicht bekommen, aber dort, wo er dann unsere Farm gründete, war es sicherlich nicht gesünder, es ist ja nicht weit entfernt. Zwei seiner Kinder starben an Gelbfieber, zwei überlebten, alle hatten Malaria. Vielleicht gab es noch einen anderen Grund, warum er das Land hier aufgab, ich werde mal nachforschen. Auf unserem Dachboden steht eine Kiste, in der ein Haufen alter Papiere aufbewahrt wird. Wenn sie in der feuchten Hitze nicht vergammelt sind, finde ich vielleicht einen Hinweis.«
    »Vielleicht weiß es Leon?«, fragte sie eifrig, froh, dass sie ihn hatte ablenken können.
    Er winkte ab. »Mein Bruder hat neben der Farmervereinigung nur noch Zeit für die Farm und die Tussi, die er irgendwo in Johannesburg aufgegabelt hat. Den interessiert die Familiengeschichte überhaupt nicht, den interessiert nur, wie er den Betrieb über die Runden bringen kann. Er hat nicht im Entferntesten damit gerechnet, die Farm jetzt schon übernehmen zu müssen. Das war erst in ein paar Jahren geplant.«
    »Wie kommt er ohne euren Vater zurecht?« Sie verkniff sich die Frage nach der Tussi. Conrad von Bernitt war im Juli letzten Jahres allein zu einer Klettertour in die Drakensberge aufgebrochen, ohne irgendjemandem Bescheid zu sagen, und als man ihn endlich vermisste, setzte erst wolkenbruchartiger Regen ein, dann schneite es in den Höhen. Erst zwei Tage später hatte man ihn mit gebrochenem Genick gefunden.
    Martin zuckte die Schultern. »Geht so. Es ist halt kein Geld da. Wir haben nicht genug Land.«
    »Ihr Brüder seid ziemlich gegensätzlich, nicht? Du bist Künstler, Leon mehr ein physischer Typ, spielt Rugby, geht auf die Jagd. Mit Kunst hat er sicher nicht viel im Sinn. Außerdem rennt er ständig herum wie ein schlecht gelaunter Stier.«
    »… und zerstampft schnaubend den Boden!« Martin grinste. »Du kannst ruhig zugeben, dass du ihn nicht ausstehen kannst, aber er ist wirklich ein netter Kerl, wenn ich ihn auch eher mit einem Nashorn vergleichen würde. Hat er den Feind ausgemacht, galoppiert er

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