Ein Land, das Himmel heißt
erster Dobermann gewesen.
»Ich habe mich häufig genug bei der Parkverwaltung beklagt, aber die Game Ranger scheinen machtlos dagegen zu sein.« Ihr Vater breitete beide Hände in einer hilflosen Geste aus. »Und so weiter und so fort. Wenn ich nur an die Reparaturarbeiten an den Häusern und Hütten der Farmarbeiter denke …« Er seufzte, und es klang verzweifelt.
Sie hörte betroffen zu. Nie hatte sie sich Gedanken darüber gemacht, wie viel Geld all das kosten musste. Die Familien der Farmarbeiter, die über vierzig Mitglieder zählten, waren von der Farm mit ihrer ganzen Existenz abhängig. Auch das Schulgeld für die meisten Kinder bezahlten die Courts, nicht nur für Jonas. Mit sinkendem Herzen dämmerte ihr, dass auch ein so solides Vermögen wie das ihre langsam aufgefressen werden konnte, wenn die Einkünfte ausblieben.
Martin zog die Pläne zu sich heran und studierte sie für einige Minuten schweigend. »Wer soll das bauen?«, fragte er endlich.
»Du«, antwortete sein Schwiegervater lakonisch.
Jill lehnte sich vor. »Toll, Martin kann sich einen Namen machen. Aber bedenkt bitte, Gäste aus Übersee kommen nicht, bloß weil wir eine Farm in Afrika haben. Was wollen wir ihnen bieten? Die wollen Löwen und Elefanten sehen, Safaris machen, Drinks bei Sonnenuntergang am Lagerfeuer und Mozarts Klarinettenkonzert, all den romantischen Kram. Woher sollen wir Löwen und Elefanten kriegen?«
Nelly, die mit deutlichem Interesse zugehört hatte, fuhr hoch. »Löwen – hier?«, schrie sie auf und zeigte das Weiße ihrer Augen wie ein ängstliches Tier.
»Du wirst ein fetter Leckerbissen für die Löwen sein, sie werden alle hinter dir herjagen und uns verschmähen. Wir werden uns eine andere Bäckerin suchen müssen …« Jill blieb ihr Scherz im Hals stecken, als sie die schreckgeweiteten Augen ihrer alten Nanny bemerkte. »Nelly, es tut mir Leid. Keine Löwen, ich versprech’s.«
Die alte Zulu warf einen misstrauischen Blick in die Runde und räumte, aufgeregt in sich hineinbrabbelnd, die Kaffeetassen weg. Jill nahm sich vor, sich später bei ihr zu entschuldigen.
»Keine Löwen«, nickte Phillip, »um ein Löwenrudel zu unterhalten, ist unser Land nicht groß genug, wir müssten Gehege bauen, und dafür brauchen die Leute nicht nach Afrika zu fliegen, das finden sie auch im Zoo um die Ecke. Lasst uns mal Bestandsaufnahme machen.« Er zählte an den Fingern ab. »Wir haben rund zwölf Antilopenarten. Auf Wildtierauktionen könnten wir den Bestand aufstocken. Wir haben Zebras, eine Flusspferdfamilie, Paviane, Warzenschweine, viele kleine Reptilien, Insekten, Vögel …«
»Und da ist ja auch noch Oskar,« murmelte sie.
»Richtig«, nickte Phillip, »da ist ja auch noch Oskar!«
Oskar war ein halbwüchsiger Spitzmaulnashornbulle, den Jill vor eineinhalb Jahren als wenige Monate altes Kälbchen neben seiner sterbenden Mutter gefunden hatte. Vermutlich war diese vom Hluhluwe Game Reserve ausgebrochen. Das rechte Hinterbein des Tieres war auf das Dreifache im Umfang angeschwollen, eine Drahtschlinge, von Wilderern ausgelegt, hatte das Bein bis auf den Knochen durchgetrennt. Das fußballgroße Stück, das aus ihrem Oberschenkel herausgerissen worden war, ließ darauf schließen, dass bereits ein paar Hyänen da gewesen waren. Phillip musste das Muttertier erschießen, die Wilderer entkamen ihm.
Jill taufte das kleine Nashorn, das eine perfekte Miniaturausgabe seiner kolossartigen Mutter war, Oskar und zog es auf der Farm groß. Oskar, der aussah wie ein dicker, großohriger Hund, lief anfänglich frei herum, folgte ihr aufgeregt schnaufend überallhin, erschien abends vor ihrer Tür und legte sich in ihrem Badezimmer schlafen. Offensichtlich betrachtete er sie als Ersatzmutter. Seine Angewohnheit, jeden in Jills Nähe einfach umzuwerfen, besiegelte sein Schicksal. Sie ließ ein riesiges Gehege, das an Hluhluwe angrenzte, einzäunen und verbannte Oskar dorthin. Das aber behagte ihm überhaupt nicht. Regelmäßig brach er aus, trampelte den Pfad zu Inqabas Gemüsegarten hinunter und labte sich an solchen Delikatessen wie Guaven, Melonen und Zuckermais. Dann lugte er putzig zwischen den mannshohen Maishalmen hervor und wurde der Liebling aller.
»Das ist ja ganz lustig, solange er noch klein ist«, gab Martin zu bedenken, »aber was passiert, wenn er mal ein großer, schlecht gelaunter Nashornbulle ist? Er wird unsere Gäste zu Brei trampeln.«
»Das entscheiden wir, wenn er groß und schlecht gelaunt
Weitere Kostenlose Bücher