Ein Leben als Geist (Romeo & Julian) (German Edition)
Wochentag?“ erkundigte sich Hannah als sie endlich aufgehört hatte, dämlich zu grinsen. „Stimmt irgendwas nicht?“
„Nein, alles in O rdnung.“ Julian versuchte möglichst normal zu klingen. „Nur ein bisschen unerwartete Freizeit und da dachte ich, wir könnten die Gelegenheit nutzen.“
„Um deinen Freund deiner Familie vorzustellen?“ Hannah lächelte wissend.
„Äh… Ja.“
„Schon gut, Bruderherz. Ich könnte ihn auch nicht geheim halten. Mit jemandem wie ihm muss man angeben, solange man ihn hat.“
Julian sah sie scharf an, überrascht von ihrem plötzlichen bitteren Tonfall. „Was soll das denn heißen?“
„Nichts.“ Hannah zuckte betont nachlässig die Schultern. „Nur dass man nie weiß, wie lange so jemand bei einem bleibt.“
„ Wa—“ setzte Julian an, doch Romeo unterbrach ihn. Oder besser gesagt, Julian verstummte als Romeo sich vorbeugte und Hannah mit kühlem Blick fixierte.
„Ich habe vor, eine ganze Weile bei ihm zu bleiben“, sagte er leise aber mit unmissverständlicher Aufrichtigkeit. „Und ich bin keine Trophäe. Man muss nicht mit mir angeben.“
Hannah hielt seinem kalten, steinernen Blick einen Moment lang stand, dann seufzte sie theatralisch. „Oh Mann, du bist ja wirklich der Traum eines jeden Mädchens, hm? Du siehst gut aus, weißt ganz genau, was du sagen musst und klingst auch noch überzeugend, wenn du es sagst. Oh, und du bist natürlich schwul. Verdammt, was habe ich bloß falsch gemacht? Warum du, Julian? Warum musstest du dir so jemanden angeln?“ Sie rollte mit den Augen und stieß einen weiteren tiefen Seufzer aus, lächelte aber bereits wieder verschmitzt.
„Ich freue mich aber wirklich für euch beide. Ihr seht so süß zusammen aus und ich wette, Mom ist überglücklich, oder?“
„Äh, ich weiß nicht so recht. Meinst du?“
„Ach, komm schon, Bruderherz. Sie hat deinen Schatz doch bereits adoptiert, das weißt du genauso gut wie ich. Sie findet ihn total toll und ist begeistert davon, dass du dir endlich einen netten, rechtschaffenen Kerl wie ihn geangelt hast.“
„Hm. Stimmt. ‚N ett und rechtschaffen‘ ist genau die richtige Beschreibung für Paris.“ Julian grinste und tauschte einen Blick mit Romeo. „Und wer weiß, jetzt da ich ihn mir geangelt habe, werde ich ihm vielleicht eines Tages auch Fesseln anlegen.“
Das kurze, kaum merkliche Aufblitzen in Romeos Augen sagte Julian, dass sein Freund die Anspielung verstanden hatte. Manchmal konnte das Leben wunderbar sein. Trotz all der Drehungen und Wendungen und all der unvorhersehbaren Ereignisse, die ihre Beziehung mit sich brachte, konnten sie sich einer Sache sicher sein. Der Sex war fantastisch und es gab noch jede Menge auszuprobieren.
* * * *
„Also, was denkst du?“ fragte Julian als sie es in den frühen Abendstunden endlich geschafft hatten, in Romeos Wohnung zurückzukehren.
„Worüber?“
„Meine total durchgeknallte Familie.“
„Ah, ach so. Naja, sie sind nett.“
„Sind sie das?“
„Ja.“
„Aber?“
Romeos Mundwinkel zuckten. „Kein ‚aber‘.“
„Nein?“
„Nein.“
„Hmm.“ Julian sah zu wie Romeo eine Flasche Wein von der Küchentheke nahm und sie mit der üblichen Geschicklichkeit entkorkte. „Wie wäre es dann mit ‚und‘?“
„Jules.“ Romeo drehte sich zu ihm, die Flasche und zwei Gläser in den Händen. „Was willst du hören?“
„Die Wahrheit, schätze ich.“
„Tja, die habe ich dir gerade gesagt. Deine Familie ist nett.“
„Nett?“
Romeo stöhnte und füllte die beiden Weingläser. „Jules, jetzt mal ernsthaft. Was soll ich sagen? Ich habe die Unterhaltung genossen, die selbstgemachten Leckereien deiner Mom waren fantastisch und Hannah ist einfach Klasse. Reicht das?“
„Nein“, platzte Julian heraus.
Romeo runzelte die Stirn. „Was dann? Was soll ich denn sagen?“
„Ich weiß nicht“, murmelte Julian. „Ich frage mich nur, wie es für dich ist… Naja, wie es ist, eine Familie um dich herum zu haben.“
Romeo seufzte. „Was denkst du denn? Es ist schön. Ich freue mich für dich, dass du so tolle Leute in deinem Leben hast. Sie lieben dich alle, das ist offensichtlich. Und ja, es ist auch traurig. Oder besser gesagt, es macht mich traurig. Ich hatte auch mal eine Familie. Eltern, die mich geliebt haben und all das, aber…“ Er biss sich auf die Lippe und sah weg.
„Oh, verdammt, tut mir leid, Baby.“ Julian machte die wenigen Schritte, die zwischen ihnen lagen. Er nahm Romeo
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