Ein Leben als Geist (Romeo & Julian) (German Edition)
sogar egal gewesen wäre wenn du mich anschließend ins Gefängnis gesteckt hättest. Aber davon mal abgesehen—glaubst du wirklich, mit dir ins Bett zu gehen war mein einziger Ausweg?“
Julian zwang sich, dem forschenden, aufgebrachten Blick ruhig standzuhalten. „Ich habe keine Ahnung, wie du sonst hättest fliehen können.“
„Ich hätte einen Weg gefunden“, sagte Romeo ernsthaft. „Das weißt du. Im Grunde deines Herzens weißt du es.“
Ja. Julian wusste es. Trotz all der nagenden Zweifel hatte er sich immer wieder gesagt, dass Romeo eine Wahl gehabt hatte. Und dennoch hatte er sich danach gesehnt, diese Bestätigung direkt von Romeo selbst zu bekommen.
Anscheinend war er jedoch nicht der Einzige, der Bestätigung brauchte. Romeo wirkte ungewöhnlich bedrückt als er sagte „Das ist es, was mich betrifft. Aber was war es eigentlich für dich? Wieso hast du in der Nacht mit mir geschlafen? Trotz allem, der ganzen Situation, dem Risiko, erwischt zu werden. Warum?“
Die Frage war berechtigt, oder nicht? Es wäre einfach zu behaupten, dass Romeo eine unwiderstehliche Versuchung gewesen war. Er sah unverschämt gut aus, und der Sex mit ihm war auf vielerlei Art befriedigender als alles, was Julian zuvor erlebt hatte, aber das hatte er schließlich vorher nicht wissen können. Er hatte nicht wissen können, dass Romeo der perfekte Sexpartner für ihn war, und er war nicht so oberflächlich, als dass ein hübsches Gesicht und ein gut gebauter Körper ausreichten um ihn jegliche Hemmung vergessen zu lassen.
Also warum war er in jener Nacht bereit gewesen, alles zu riskieren?
„Ich denke…“ setzte er an und legte seine Hand auf Romeos, die noch immer auf seinem Bein ruhte. „Um jemanden zu zitieren—du warst nicht der einzige für den es damals Liebe auf den ersten Blick war.“
Den Ausdruck strahlender Freude auf Romeos Gesicht würde Julian wohl nie vergessen. Und den Kuss, der folgte, genauso wenig. Voller Emotionen, Leidenschaft und Vergnügen, war er gleichzeitig eine Liebeserklärung und ein Versprechen.
„Willst du immer noch ins Kino?“ fragte Romeo nach einer ganzen Weile.
„Nee.“
„Was willst du dann?“
„Ich will dich meinen Eltern vorstellen.“
Romeo gelang es, nicht so auszusehen, als wolle er davonlaufen. Er konnte sein Unbehagen zwar auch nicht ganz verbergen, aber wenigstens nickte er, auch wenn sein stoischer Gesichtsausdruck etwas gezwungen wirkte.
„Okay?“ vergewisserte Julian sich.
„Ja. Lass uns fahren.“
Kapitel 5
Die Fahrt in die hübsche, ruhige Vorstadtgegend in der Julians Eltern lebten dauerte fast eineinhalb Stunden. Falls der unerwartete Besuch ihres Sohnes Ma Harris überrascht hatte, versteckte sie es gut hinter einem kleinen Freudenschrei und dem atemlosen Schnattern einer Glucke die ihren ersten und einzigen Sohn verwöhnen wollte.
Julian hatte wirklich geglaubt, m ehr als eine Stunde Vorlaufzeit sei genug, doch anscheinend war das eine Fehleinschätzung. Sogar zehn Minuten nach ihrer Ankunft lief sie noch immer aufgeregt hin und her, leise brummelnd weil niemand mehr den Anstand besaß, ihr früh genug Bescheid zu sagen damit sie alle Vorbereitungen in Ruhe erledigen konnte. Natürlich kannte Julian seine Mutter und wusste, dass sie mit Vorbereitungen vor allem meinte, einige Köstlichkeiten zu backen mit denen sie ihren Sohn und dessen Gast verwöhnen konnte.
Er saß auf dem alten , aber noch immer erstaunlich bequemen, Sofa im Wohnzimmer seiner Eltern und wartete darauf, dass seine Mutter aufhörte, herumzuwurschteln. Romeo war an seiner Seite, eines seiner langen, schlanken Beine locker über das andere gelegt, während er seine Umgebung mit leicht belustigter Miene musterte.
„Wirklich, Junge, du hättest mir ruhig ein bisschen früher Bescheid sagen können“, sagte Julians Mutter als sie mit einem großen Tablett voller verlockend duftender Brownies aus der Küche kam.
Julian brauchte nicht hinzusehen um zu wissen, dass Romeos Blick zu ihm schweifte und auf seinem Gesicht ruhte. Zweifellos glitzerten seine Augen vor Vergnügen, aber Julian hatte nicht vor, die Herausforderung anzunehmen.
„Falsch, Mom“, antwortete er sanft. „Du solltest nur einfach nicht so viel Aufwand betreiben.“
Sie schnaubte, stellte das Tablett auf den Tisch und winkte dann mit der Hand als wolle sie eine lästige Fliege verscheuchen. „Das ist doch gar nichts, Junge. Ich habe nur rasch eine Kleinigkeit für dich und deinen Freund
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