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Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)

Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)

Titel: Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kofi Annan
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wollten, mit dem von uns vorbereiteten Deal über die Armut auseinandersetzen müssen. Einen anderen gab es nicht. Zusammen mit der Einfachheit der im Bericht dargelegten Ziele – der Rechte auf Leben, Gesundheit, Bildung, sanitäre Versorgung und Nahrung, die niemand, der bei klarem Verstand war, ablehnen konnte – wurde es den Mitgliedsstaaten dadurch noch schwerer gemacht, unsere Vorschläge abzulehnen.
    Eine weitere Maßnahme schließlich komplettierte unser Blatt. Als Regierungschef steckt man in den Zwängen des Amts fest, inmitten von zahllosen Assistenten und Beratern, während man ständig darüber nachdenkt, mit welchen Kompromissen man die verschiedenen Wählergruppen zufriedenstellen kann. Wir hatten oft genug erlebt, wie Vereinbarungen, die auf einsichtigen kollektiven Interessen beruhten, im politischen Alltag verwässert und ausgehebelt wurden. Aber wenn man sie allein antrifft, sind nach meiner Erfahrung sogar die halsstarrigsten Staatsmänner für vernünftige Argumente empfänglich. Auf dem Millenniumsgipfel bildeten wir drei Gesprächsrunden, in denen über die entscheidenden Elemente des Berichts Wir, die Völker diskutiert wurde – ohne Assistenten und Berater an ihrer Seite. Dies entlastete sie von innenpolitischen Rücksichten und der Unruhe, die solche Mitarbeiter in Verhandlungen bringen. Beamte, Berater und graue Eminenzen hassten diese Maßnahme, aber – und das sagte einiges – die Staats- und Regierungschefs selbst waren davon sehr angetan.
    Die enge Verzahnung dieser Faktoren bewirkte, dass wir die von uns angestrebte globale Übereinkunft erreichten. Fast alle Elemente von Wir, die Völker wurden in die von 189 UN -Mitgliedsstaaten unterzeichnete Millenniumserklärung übernommen, deren Zielen sich darüber hinaus auch 23 internationale Organisationen anschlossen. Im Gegensatz zu früheren Gipfeln wurde in dieser Vereinbarung nicht nur das bestehende Machtgleichgewicht festgeschrieben, eine Eroberung legitimiert oder das unverletzliche Recht der Staaten bekräftigt, sich nach eigenem Gutdünken selbst zu regieren. Diesmal hatten sich alle Staaten verpflichtet, weltweit die Hauptmerkmale extremer Not und Armut zu bekämpfen. Anstatt ausdrücklich die Macht und den Schutz von Staaten zu stärken, richtete die Übereinkunft die Prinzipien der Verantwortlichkeit und Rechenschaftspflicht aller Regierungen darauf aus, das Leid der am meisten benachteiligten Menschen auf der Welt zu lindern und zu beenden.
    Aus der Millenniumserklärung wurden acht Millenniumsziele abgeleitet, die im Sommer 2001 nach einer ganzen Reihe von Konsultationen und Verhandlungen unter Leitung von John Ruggie und Michael Doyle sowie der Oberaufsicht meiner überaus fähigen Stellvertreterin Louise Frechette – zu deren Aufgabenbereich die UN -Agenden für Wirtschaft und Management gehörten – endgültig formuliert wurden. Anschließend wurde Mark Malloch Brown, der energische, reformorientierte Chef der UNDP , mit der anspruchsvollen Aufgabe betraut, die Ziele weltweit durchzusetzen und für sie zu werben. Im Wesentlichen lauteten die Ziele wie folgt:
Bekämpfung von extremer Armut und Hunger
Grundschuldbildung für alle
Gleichstellung der Geschlechter
Senkung der Kindersterblichkeit
Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Müttern
Bekämpfung von HIV/AIDS , Malaria und anderen Krankheiten
Ökologische Nachhaltigkeit
Aufbau einer globalen Entwicklungspartnerschaft
    An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass alle diese Ziele sowie ihre Unterziele und Vorgaben schon vor dem Jahr 2000 von wichtigen Mitgliedsstaaten formuliert und unterzeichnet worden waren. Aber diesen Verpflichtungen fehlte es an Nachdrücklichkeit, so dass sie im Sande verlaufen oder weitgehend unbeachtet geblieben waren.
    Ein entscheidendes Merkmal der Millenniumserklärung als Instrument der Armutsbekämpfung war die Tatsache, dass sie von allen Nationen unterzeichnet wurde. Sie unterstrich die Pflicht der reichen Länder, Entwicklungshilfe zu leisten, machte dies jedoch von der ausdrücklichen Übernahme der Verantwortung auf Seiten der armen und sich entwickelnden Länder abhängig. Kurz, sie führte in einer globalen Vereinbarung die universale, von allen Ländern zu tragende Pflicht ein, den extrem Armen dieser Welt Entwicklung zu ermöglichen.
    Von früheren Versprechen der Armutsbekämpfung unterschied sich die Millenniumserklärung auch dadurch, dass die UN -Mitgliedsstaaten ein Dokument unterzeichnet hatten, das sie auf konkrete,

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