Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)

Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)

Titel: Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kofi Annan
Vom Netzwerk:
Verfasser des Berichts hatten es vermieden, eine enge Perspektive, die »ausschließlich auf Sicherheit« angelegt war, einzunehmen und die Probleme lediglich einer Seite anzulasten, was in der Vergangenheit oftmals nur zu neuer Frustration und Rückschritten geführt hatte.
    Wir hatten begonnen, dem Friedensprozess ein neues Fundament zu geben, doch der in Scharm el-Scheich geschlossene Waffenstillstand hielt nicht. Er wurde durch das Handeln beider Seiten durchlöchert. Sowohl die Israelis als auch die Palästinenser provozierten und übten Gewalt aus, und der Waffenstillstand wurde von der Weltgemeinschaft praktisch nicht überwacht. Es gab noch viel zu tun, wenn die internationale Gemeinschaft eine wirkungsvolle Rolle spielen sollte. Tony Blair sagte damals zu mir, er halte die »Intervention einer wie auch immer gearteten internationalen Autorität« für notwendig, um »eine Vereinbarung durchzusetzen«, und er sprach sogar die Überlegung aus, ob ich es nicht versuchen sollte. Aber ohne bereitwillige Partnerregierungen, die genügend Gewicht besaßen, um die Befolgung einer entsprechenden Vereinbarung durchzusetzen, war eine solche Anstrengung vergebene Liebesmüh.
    Der Friedensprozess stockte. Barak sah einer deutlichen Niederlage gegen Ariel Sharon in den Wahlen am 6. Februar 2001 entgegen. Die Maßnahmen, die er gegen die Palästinenser ergriff, waren schwerwiegend und überstiegen alles, was noch durch Sicherheitserwägungen gerechtfertigt werden konnte. In dieser nahezu hoffnungslosen Atmosphäre legte Clinton am 23. Dezember 2000 nicht weiter verhandlungsfähige »Basta-Parameter« für ein Abkommen vor. Baraks und Arafats Reaktionen darauf waren jeweils an Bedingungen geknüpft. In Washington verstand man Baraks Reaktion als »Ja, vorausgesetzt …« und Arafats als »Nein, wenn auch …«. Nach amerikanischem Verständnis bedeutete dies, dass Arafat die Schuld am Scheitern trug. So endeten Clintons Jahre des noblen, engagierten Einsatzes für den Friedensprozess mit einem unglücklichen Fehlschlag.
    Doch damit war das letzte Wort noch nicht gesprochen. Im Januar 2001 trafen im ägyptischen Taba israelische und palästinensische Unterhändler zusammen, um den Versuch zu unternehmen, noch vor den israelischen Wahlen eine Übereinkunft zustande zu bringen. Als die Verhandlungen am 27. Januar endeten, ließen beide Seiten verlautbaren, dass man einer Einigung noch nie näher gekommen sei. Trotz der Behauptung, dass Arafat kein Partner sei, hoffte Barak immer noch, dass ein UN -EU-Gipfel einberufen werden würde, auf dem ein Abkommen mit Arafat unterzeichnet werden könnte. Jedenfalls sprach er viel über diese Idee. Doch seine Werte in den Meinungsumfragen sackten stetig ab, und als Arafat auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos scharfe Angriffe gegen Israel richtete, war mir klar, dass Baraks Idee keine Chance hatte. Ich redete Arafat bei einem zweistündigen Treffen nachdrücklich ins Gewissen und brachte ihn dazu, sich in einer gemeinsamen Pressekonferenz vor achtzig Journalisten versöhnlicher zu äußern, ebenso in einem Interview mit dem israelischen Fernsehen. Doch es war klar, dass keine weiteren Treffen stattfinden würden.
    Mein Mut sank, als Präsident Mubarak von einem Gespräch mit dem jüngst zurückgetretenen israelischen Präsidenten Ezer Weizman, der in den neunziger Jahren seinen Einfluss zugunsten des Friedens geltend gemacht hatte, erzählte. Weizman hatte erklärt, dass Barak gescheitert sei und er sich der Mehrheit im Land anschließen und Sharons Likud wählen werde. Clinton fasste die Lage zusammen, als wir Neujahrsgrüße austauschten: »Die Arbeiterpartei betrachtet die Palästinenser als legitim. Rabin hat sie immer für Menschen gehalten. Er hat sie wie Menschen behandelt. Die anderen Typen [vom Likud] sehen in ihnen keine legitime Kraft.« Wie sich herausstellte, war es mir gelungen, der UNO gerade dann einen Platz am Verhandlungstisch zu sichern, als die Stühle hochgestellt wurden. Und nach Clintons Abgang war kein US -Präsident sonderlich erpicht darauf, sie wieder herunterzuholen.
    Die Bildung des Nahostquartetts
    Dass Präsident George W. Bush das persönliche Engagement seines Vorgängers nicht fortsetzen würde, war kein Geheimnis, dennoch war ich entsetzt, wie wenig er sich engagierte. Während die Zweite Intifada 2001 weiterwütete und vieles von dem zerstörte, was in den sieben Jahren zuvor mühsam aufgebaut worden war, schaute er eigentlich nur zu. Es war

Weitere Kostenlose Bücher