Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)
erschütterte Vertrauen wiederhergestellt und einige der Mängel von Oslo behoben wurden. Obwohl sie manchmal als »Bushs Roadmap« bezeichnet wurde, war sie das Ergebnis von Verhandlungen unter den Mitgliedern des Nahostquartetts. Dabei waren fünf Punkte umstritten.
Der erste und grundlegendste war der Parallelismus. Mein Mantra lautete – und die EU und Russland pflichteten mir bei –, dass es nirgendwohin führe, wenn für israelische Schritte vorausgesetzt wurde, dass die Palästinenser zuvor bestimmte Sicherheitsforderungen erfüllten; wir verwiesen in dieser Hinsicht auf den Mitchell-Bericht. Offenbar teilte das US -Außenministerium diese Ansicht, nicht aber das Weiße Haus. Dennoch wurde dieses Prinzip – was zu einem erheblichen Teil dem UN -Team zu verdanken war – nach viel Gezerre und einigen schwierigen Augenblicken schließlich in die Roadmap aufgenommen. In der ersten Phase sollten die Palästinenser ein für alle Mal entschieden gegen den Terrorismus vorgehen und korrupte Institutionen reformieren. Aber auch den Israelis wurden klare Verpflichtungen auferlegt: Sie sollten die Siedlungstätigkeit einfrieren, einschließlich des »natürlichen« Wachstums; die sogenannten Siedlungsvorposten aufgeben, die unter Scharon überall auf der Westbank aus dem Boden geschossen und sogar nach israelischem Recht illegal waren, und den Palästinensern erlauben, ihre Institutionen in Ostjerusalem wiederzueröffnen. Die Erfüllung der jeweiligen Verpflichtungen wurde nicht davon abhängig gemacht, dass die andere Seite ihre Aufgaben erfüllte.
Ein zweiter Schlüsselaspekt der Roadmap war die Leistungsabhängigkeit. Während Zeiträume festgelegt wurden, in denen der Prozess in die nächste Phase – einschließlich der abschließenden Verhandlungen – eintreten sollte, würde der genaue Zeitpunkt davon abhängen, ob die Konfliktparteien ihre Verpflichtungen erfüllt hatten. Dies war insbesondere den Israelis wichtig, da sie Arafats Bereitschaft bezweifelten, seiner Verpflichtung, gegen den Terrorismus vorzugehen, nachzukommen.
Die logische Folgerung aus der Leistungsabhängigkeit war die dritte Neuheit: die Überwachung. Dafür musste eine Struktur aufgebaut werden, die es der Weltgemeinschaft ermöglichen würde, die Handlungen und Versäumnisse der Konfliktparteien bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen im Auge zu behalten. Dies war stets ein heftig umstrittener Aspekt der Roadmap. Trotz ständigen Drängens von EU und UNO willigten die Vereinigten Staaten nie in die Schaffung eines gemeinsamen, förmlichen Mechanismus ein, der die Konfliktparteien hätte zur Ordnung rufen können, wenn sie ihre Verpflichtungen nicht erfüllten. Die mangelnde amerikanische Bereitschaft, ein gemeinsames Gremium zu ermächtigen, nicht nur die Palästinenser, sondern auch die Israelis zu kritisieren, nahm der Roadmap viel von ihrem Potential.
Das vierte neue Element war die Benennung eines klaren Endziels von Verhandlungen: einer Zwei-Staaten-Lösung, welche die seit 1967 bestehende israelische Besatzung beenden, den Palästinensern einen realen Staat und Israel dauerhafte Sicherheit geben würde. Noch nie hatte man sich dieses Ziel zu Beginn von Verhandlungen gesetzt. Ich hätte gewünscht, dass es, gestützt auf die von Clinton aufgestellten Parameter, konkreter ausformuliert worden wäre, mit klaren Bezugspunkten hinsichtlich Grenzen, Sicherheit, Jerusalem und Flüchtlingen. Nach meiner Ansicht wird es den Konfliktparteien umso leichter fallen, in Verhandlungen zu einer Übereinkunft zu kommen, je konkreter die Weltgemeinschaft sich in diesen Fragen äußert.
Schließlich enthielt die Roadmap als fünfte Neuerung die Möglichkeit, sich als Zwischenstation auf dem Weg zu einer endgültigen Lösung schon vor Abschluss der Verhandlungen auf einen palästinensischen Staat mit provisorischen Grenzen zu einigen. Ich hatte dies nie für eine gute Idee gehalten, und die Palästinenser sahen es ebenso. Für sie kam eine solche Zwischenlösung allenfalls dann und nur dann in Frage, wenn die Details einer endgültigen Regelung bereits ausgehandelt waren, das heißt in der Phase von deren Umsetzung. Deshalb wurde sie als Option bezeichnet. Aus Oslo hatten die Palästinenser gelernt, dass das Temporäre dazu neigte, zum Dauerhaften zu werden – was, wie man hinzufügen kann, spiegelbildlich der israelischen Befürchtung entsprach, sogenannte dauerhafte Lösungen könnten sich eines Tages als bloß temporär herausstellen.
Schimon
Weitere Kostenlose Bücher