Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)
Krieg verursachten menschlichen Leids. Dazu gehörten die Offenhaltung des Flughafens von Sarajevo und die Aufrechterhaltung der Luftbrücke in die Stadt; die Sicherung der Lebensmittel- und Arzneimittellieferungen des UNHCR sowie der Schutz der entsprechenden Lager und anderer UN -Einrichtungen; der Schutz anderer humanitärer Organisationen und, wenn vom Internationalen Roten Kreuz angefordert, der Schutz von Konvois mit freigelassenen Gefangenen. Es war eine große, komplexe Mission, die viele Friedenssoldaten und Katastrophenhelfer das Leben kostete. Bis Ende 1995 wurden mit knapp 13 000 Flügen fast 160 000 Tonnen Lebensmittel über die Luftbrücke nach Sarajevo gebracht, während von UNPROFOR unterstützte Konvois über 850 000 Tonnen Hilfsgüter auslieferten.
Das zweite, ebenfalls breit angelegte Aufgabenfeld der UN -Friedenstruppe umfasste die Eindämmung des Konflikts und die bestmögliche Milderung seiner Auswirkungen, um zu verhindern, dass er sich über das Territorium des ehemaligen Jugoslawien hinaus ausbreitete. Um dies zu erreichen, wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, die den kriegführenden Parteien Grenzen setzen sollten, wie das im Oktober 1992 verhängte Flugverbot über Bosnien, die Schaffung von waffenfreien Zonen und – als erste derartige Mission – die präventive Stationierung von UN -Truppen in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien im Dezember 1992.
Das dritte Aufgabenfeld betraf die Beilegung des Konflikts. Sowohl auf lokaler als auch auf strategischer Ebene sollten die Kriegsparteien darin unterstützt werden, eine friedliche Lösung anzustreben. Zu diesem Zweck handelten die UN -Vertreter lokale Waffenstillstände aus und unterstützten ein umfassendes politisches Abkommen. Zu Letzterem gehörte die Förderung von Bemühungen der Internationalen Konferenz über das ehemalige Jugoslawien sowie der im April 1994 gebildeten Kontaktgruppe.
Obwohl all das bedeutsame Zielsetzungen waren, ergab sich aus ihnen kein klares politisches Ziel für den UN -Einsatz. Die UN -Friedenssoldaten waren weder stationiert worden, um den Krieg zu beenden, noch hatte man sie entsandt, um auf einer Seite in die Kampfhandlungen einzugreifen.
1993 wurde Srebrenica – eine von Flüchtlingen überlaufene Enklave, in der rund 60 000 Moslems in der Falle saßen – von bosnisch-serbischen Truppen, die eine umfassende ethnische Säuberung im Sinn hatten, belagert und bombardiert. Folglich forderte der Sicherheitsrat am 16. April 1993, »dass alle Parteien und anderen Beteiligten Srebrenica und die umliegenden Gebiete als Sicherheitszone betrachten, die von jedem bewaffneten Angriff und jeder anderen feindlichen Handlung freizuhalten ist«. Wenige Wochen später verlieh der Sicherheitsrat fünf weiteren bedrohten Städten denselben Status: Žepa, Goražde, Biha ć , Tuzla und der Hauptstadt Sarajevo.
Der Beschluss, Sarajevo zur »Sicherheitszone« zu erklären, verschaffte der Stadt nur vorübergehend Erleichterung. Die Kämpfe in ihrer Umgebung und der Artilleriebeschuss nahmen bald wieder zu, und es wurde rasch klar, dass der Sicherheitsrat erneut über sein Versprechen nachdenken musste, »die uneingeschränkte Achtung der … Sicherheitszonen zu gewährleisten«. Mitte Mai lehnte das selbsternannte bosnisch-serbische Parlament in Pale einen Friedensplan des UN -Sonderbeauftragten Cyrus Vance und des EU -Vertreters Lord Owen ab, wonach sowohl der Ausschuss der blockfreien Länder unter Führung von Venezuela, das damals im Sicherheitsrat saß, als auch die Vereinigten Staaten ein »nachdrücklicheres« Vorgehen verlangten. Dieses umfasste die Aufhebung des Waffenembargos gegen Bosnien sowie NATO -Luftangriffe auf bosnisch-serbische Ziele. Großbritannien und Frankreich, die beide große Truppenkontingente vor Ort hatten und den amerikanischen Vorschlag eines Luftkriegs grundsätzlich ablehnten, sprachen sich für eine andere Option aus. Das Ergebnis war die am 4. Juni 1993 verabschiedete Resolution 836, durch die das Mandat von UNPROFOR in den Sicherheitszonen erneut ausgeweitet, ihre Verantwortung für deren Schutz bekräftigt und die Möglichkeit von Luftangriffen auf die Sicherheitszonen und ihre Umgebung gebilligt wurde.
Zu diesem Zeitpunkt war ich mir vollauf im Klaren darüber, wie komplex unser neuer Bosnienplan war und wie schwierig es sein würde, weitere Truppen aufzubringen. Die UN -Kräfte in Bosnien waren bereits gefährlich verstreut aufgestellt, und mich beunruhigte die
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