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Ein Leben unter Toten

Ein Leben unter Toten

Titel: Ein Leben unter Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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müssen leise sprechen, ich bin mir nicht sicher, ob wir abgehört werden.«
    »Verstehe.« Lady Sarah deutete auf das Bett. Die beiden Frauen ließen sich darauf nieder.
    »Sie verlangt, daß wir uns für das Fest schön machen«, erklärte Carola Finley. »Wir sollen uns andere Sachen anziehen und uns auch schminken, damit Farbe in unsere welken Gesichter gerät. Das hat sie wörtlich gesagt. Und diese Kleidung, die ich trage, stammt aus dem Fundus. Sie hat Frauen gehört, die längst verstorben sind.«
    »Das ist ja grauenhaft«, flüsterte Sarah Goldwyn. Sie bekam eine Gänsehaut.
    Ihre neue Freundin lächelte verloren. »Das sagen Sie so. Wir haben uns längst damit abgefunden.«
    »Und wie wird das ablaufen?« erkundigte sich die Horror-Oma.
    »Man schmückt den Friedhof. Auf der einen Seite werden Tische und Stühle aufgestellt. Es gibt etwas zu essen und zu trinken. Irgend jemand stellte einen Kassettenrecorder auf, und dann müssen wir tanzen. Wirklich tanzen. Zwischen den Gräbern und über den Köpfen der Toten.« Sie schüttelte den Kopf.
    »Es ist grauenhaft.«
    »Wie lange dauert das Fest?«
    »Bis Blanche Everett es abbricht.«
    »Sie hat von Besuchern gesprochen«, sagte Lady Sarah. »Kommt da noch jemand?«
    »Keine Ahnung.«
    »Weshalb sagt sie dann so etwas?«
    »Ich weiß es nicht«, erklärte Carola Finley. »Tut mir echt leid. Ich weiß nicht, was im Kopf dieser Blanche Everett vor sich geht. Etwas Gescheites wird es nicht bestimmt nicht sein, das steht fest.«
    Lady Sarah winkte ab. »Nun tun Sie mal nicht so.« Sie sagte er bewußt provozierend. »Sie sind doch lange genug hier und haben die Augen immer offengehalten. Welches Geheimnis verbergen die Mauern?«
    »Ich kann es Ihnen nicht sagen.«
    »Auch nichts über Rawson?«
    »Der Doc?« Die Frau lachte auf. »Ich habe ihn nicht einmal zu Gesicht bekommen.«
    »Leitet er nicht die Untersuchungen?«
    Carola Finley stand auf und begann damit, im Zimmer hin und her zu gehen. »Untersuchungen leiten. Das wird wohl mal gesagt, aber passiert ist so etwas nicht. Man hört von ihm, man sieht ihn nie. Es wird nur über ihn gesprochen, er selbst bleibt als geheimnisvolle Persönlichkeit im Hintergrund versteckt. Wie ein Phantom, ein Schatten. Und niemand kann ihn fassen. Das ist eben so.«
    »Wo lebt er denn?« fragte die Horror-Oma.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Er muß doch eine Praxis haben, eine Wohnung oder sogar einen Trakt. Das Haus ist schließlich groß genug.«
    »Eine Praxis hat er«, erwiderte die Frau und stoppte mit ihrer Wanderung. Nahe der Tür blieb sie stehen, verschränkte die Arme vor der Brust und hob beide Schultern »Nur hat diese Praxis noch niemand von uns betreten dürfen, das ist auch eine Tatsache.«
    Lady Sarah schüttelte den Kopf. »Wirklich kaum vorstellbar. Man könnte auf den Gedanken kommen, daß er gar nicht existiert.«
    »Das ohne Zweifel.«
    »Wie meinen Sie das? Gibt es ihn, oder gibt es ihn nicht?«
    »Ich kann Ihnen wirklich keine genaue Antwort geben. Um Doc Rawson liegt der Schleier eines Geheimnisses.«
    »Gesehen haben Sie ihn nicht?«
    »Nein, das…«
    »Moment.« Lady Sarah hob die Hand. »Haben Sie ihn vielleicht gehört? Seine Stimme, zum Beispiel?«
    Carola Finley warf der Horror-Oma einen nachdenklichen Blick zu. »Die Frage ist gut«, murmelte sie. »Wirklich gut. Wenn Sie die so direkt stellen, muß ich leider passen.«
    »Sie haben die Stimme nicht gehört?«
    »Ja und nein.« Die Heiminsassin kam wieder zu der Horror-Oma und ließ sich neben ihr nieder. »Es ist so. Manchmal bin ich in der Nacht aufgewacht, und da spürte ich, daß etwas nicht stimmte. Ich lag lange wach und hörte die Geräusche. Es war ein schweres Ächzen und Stöhnen, als würde ein Mensch unter unsäglichen Schmerzen leiden. Für mich war es furchtbar, dies zu hören. So ging es bis in den Morgen Schlaf habe ich natürlich nicht mehr finden können, aber das macht auch nichts. In unserem Alter ist man da nicht so scharf drauf.«
    »Sie haben aber nichts getan?«
    »Nein, nicht in diesem Haus. Hätten Sie denn etwas gemacht, Mrs. Goldwyn?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Carola Finley lächelte. »Ich halte Sie für eine sehr mutige Frau, das einmal vorweggesagt. Ob Sie allerdings den Mut noch hätten, wenn Sie hier länger wohnen würden, das ist sehr fraglich. Dieses Haus, diese Mauern, die machen einen Menschen kaputt. Sie höhlen ihn aus, sie zerreiben ihn, sie zerren an seinem Nervenkostüm. Und nicht jeder hat so gute Nerven,

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