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Ein leises boeses Fluestern

Ein leises boeses Fluestern

Titel: Ein leises boeses Fluestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodus Carroll
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sie steckten, war mit Fettflecken durchtränkt, bis sie nach Hause kamen. Dann setzte sich sein Vater auf der Veranda in den Schaukelstuhl und las die Times, und Max und sein Bruder hockten mit der Witzbeilage auf den Stufen, und in der Küche briet seine Mutter Speck und Eier …
    Es war lange her, aber er erinnerte sich ganz deutlich daran. Heute ging er nicht mehr zur Kirche.
    Der Kirchenraum war überfüllt. Kein Sitzplatz war mehr frei, und auch in den Gängen standen Leute. Max blieb dicht an der Tür hinter einer Gruppe von Menschen mit nassen Regenmänteln. Plötzlich schritt ein Kirchendiener den Mittelgang hinunter an die Eingangstür, öffnete beide Flügel und hakte sie an zwei Säulen fest. Ihm folgte der andächtige Zug der Kinder, die Mädchen in weißen Kleidern und die Jungen in weißen Hemden und dunklen Hosen.
    Sie traten hinaus in den Regen und rannten gleich in Deckung. Erwachsene strömten aus der Kirche und hoben dunkle Regenschirme. Unter ihnen entdeckte Max Louise. Zusammen eilten sie zu seinem Wagen. Clarissa saß schon drin und wartete auf sie.
    »Hast du mich gesehen?« fragte Clarissa. »Hast du mich bei der Firmung gesehen?«
    »Du hast bezaubernd ausgesehen«, antwortete Max.
    Louise beugte sich von dem Hintersitz nach vorn. »In meinen Augen siehst du aus, als hättest du Fieber.« Sie legte eine Hand auf die Stirn des Mädchens. »Und du bist auch ganz heiß.«
    »Ich bin nur aufgeregt.« Clarissa rutschte auf dem harten Ledersitz auf und ab. Max ließ den Motor an und bog in einen schmalen Weg ein, der auf die Landstraße führte.
    »Ich wußte, du würdest kommen, Max.« Clarissa schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. »Ich wußte, du würdest mich ansehen.« Sie fuhr mit der Hand unter den schweren Zopf, der ihr den Rücken hinunterhing. »Ist es nicht sehr schwül?«
    »Du hast bestimmt Fieber«, wiederholte Louise. »Sobald wir nach Hause kommen, gehst du ins Bett.« Sie berührte Clarissas langen Zopf. »Dein Haar ist immer noch feucht. Heilige Mutter Gottes, seit zwei Tagen ist es nicht mehr trocken geworden.«
    »Es wird schon trocken werden«, meinte Clarissa. »Ich wußte, ihr würdet beide kommen.« Sie lächelte Louise verschmitzt an. »Ich bin so glücklich, daß ihr beide zu meiner Firmung gekommen seid.«
    »Sieh mich nicht dabei an«, meinte Louise. »Ich war es nicht, die ihn in die Kirche gebracht hat.«
    Clarissa rutschte über den Vordersitz und drückte Max’ Arm. »Es ist mir gleich, warum du gekommen bist. Hauptsache, du warst da.«
    Max konzentrierte sich auf die Straße. »Ich konnte nicht viel erkennen«, brummte er. »Denk daran, daß du alles deiner Mutter erzählen mußt.«
    »Ich werde ihr heute abend schreiben.« Clarissa gähnte und kuschelte sich an ihn.
    Schweigend fuhren sie durch die Stadt, in der die Verkehrsampeln rote und grüne Lichter durch die nasse Windschutzscheibe warfen, und die Landstraße entlang, vorbei an den verfallenen Bauernhäusern. Einmal versäumte Max es, vor einem Schienenstrang das Gas wegzunehmen, und der Wagen holperte heftig. Er empfand den Ruck und das Geräusch als nervenzerfetzend. Es war, als könne er in dem Regen auf den Schienen beinahe sehen, wie … Lieber Gott! Er fluchte halblaut vor sich hin. Es war doch nicht möglich, daß Clarissas Phantasien ihn um den Verstand brachten!
    Er sah zu Clarissa hinüber. Sie trug kindliche weiße Sandaletten und streckte ihre leicht gebräunten, langen, schlanken Beine mit den sanft gerundeten Waden aus. Sie war auf dem Sitz zusammengesunken und hatte die Hände spröde über dem Magen gefaltet. Eine Aura von kindlicher Unschuld, die Max zum größten Teil ihrem weißen Firmungskleid zuschrieb, umgab sie.
    Man stelle sich Clarissa in einem schwarzen Kleid vor! Er lachte laut heraus.
    »Was ist da so komisch?« erkundigte sich Louise.
    »Nichts«, antwortete Max. »Mir ist nur etwas Dummes eingefallen.«
    Sie langten zu Hause an und rannten durch den Regen in den Schutz der unteren Veranda. Sobald sie drinnen waren, schickte Louise Clarissa ins Bett.
    »Ruf nicht den Arzt«, bettelte Clarissa. »Ich mag ihn nicht. Er riecht schlecht.«
    »Wer hat etwas davon gesagt, wir wollten einen Doktor holen?« Louise nahm ihren marineblauen Strohhut ab und hängte ihn auf den Geländerpfosten. »Du hast Fieber, das ist alles. Und wir wollen nicht, daß es schlimmer wird. Mach, daß du nach oben und ins Bett kommst. Ich setze deine Medizin auf den Herd. Wenn du das nächste Mal im Regen

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