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Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Titel: Ein letzter Brief von dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Ashton
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herein, um Maude behilflich zu sein. Er war stark und entschlossen, und zusammen mit Orla bugsierte er sie auf den Gehweg. Dort blieb sie stehen wie eine Marionette mit durchschnittenen Fäden. In ihren endlich geöffneten Augen stand tiefe Furcht.
    «Was ist mit ihr los?», fragte Tom Orla. Unbeholfen hielten sie Maude gemeinsam aufrecht und verständigten sich flüsternd über den Lärm der quietschenden Taxireifen und Antheas Tirade hinweg.
    «Ist es zu fassen! Orla-Schätzchen! Du verrücktes Huhn! Ausgerechnet heute!»
    Orla konzentrierte sich auf Tom und sagte unter Tränen: «Sie hat Agoraphobie. Sie sollte zu Hause sein.» Eigentlich war sie gut in der Handhabung von Krisen, aber diese hier überstieg ihre Kräfte. Sie fühlte sich selbst ganz panisch. Maude bedeutete ihr zu viel, als dass sie vernünftig denken konnte. «Wir müssen sie ins Haus bringen, bitte!»
    Ohne ein weiteres Wort hob Tom Maude auf und ging mit ihr auf dem Arm in langen Schritten über die Straße. Die Gäste folgten ihm und sahen zu, wie er Anthea ignorierte, die neben ihm herwuselte und keifte: «Sie kommt mir nicht ins Haus! Stell sie wieder hin! Ich lasse dich nicht …»
    «Das hier ist eine kranke, alte Frau», zischte Tom. «Wir sind gleich im Haus. Alles in Ordnung. Halten Sie durch, meine Liebe.» Er warf Orla über Maudes Kopf hinweg einen flehenden Blick zu.
    «Bitte, Anthea», sagte Orla um Toms massigen Körper herum, als sie den Eingang erreichten.
    Gebannt von den Ereignissen, blickten die Gäste von Anthea zu Orla und wieder zurück, als wären sie Zeugen eines Wimbledon-Finales.
    Anthea funkelte Orla an, doch dann schien etwas von ihr abzufallen. Leise, als beugte sie sich der Notwendigkeit, die Situation im Stillen zu klären, ohne Publikum, sagte sie: «Ach, bringt sie schon nach oben in mein Zimmer.»
    Mit schweren, wütenden Schritten stapfte sie selbst voran.
    Unzählige Augenpaare bohrten sich in ihren Rücken, als Orla die Treppe hinaufstieg. Ihr war nur allzu bewusst, dass sich die Quinns unter den Anwesenden befanden. Die Tapete im Treppenhaus war ihr aus dem Artikel im Internet vertraut, und sie erkannte auch das breite Bett mit dem Sternenbaldachin, auf dem Tom Maude nun so sanft wie ein Baby ablegte.
    «Ihre Gesichtsfarbe gefällt mir nicht», sagte er zu Orla.
    Es klopfte vorsichtig an der Tür, und eine mollige Frau mit Hochsteckfrisur steckte ihren Kopf herein. «Tom, Liebling, was ist …»
    «Um Gottes willen, Ann!», fauchte Tom. «Warte unten auf mich.»
    Die Frau zog sich mit geröteten Wangen und geschürzten Lippen zurück.
    Anthea tigerte zwischen Bad und Schlafzimmer hin und her. «Was ist mit ihr los? Wer zum Teufel ist das überhaupt? Warum schleppst du alte Damen mit zu deinem schwachsinnigen Hobby?»
    Das Schlafzimmer war in Wirklichkeit kleiner als auf den Fotos und so unaufgeräumt wie das eines Teenagers.
    «Zwei Mal hab ich dich da draußen gesehen, Fräulein. Zwei Mal. Und erkannt habe ich dich erst jetzt.» Anthea schüttelte den Kopf wie ein Scharfrichter.
    «Die Dame braucht Wasser.» Tom ignorierte Anthea, als wäre sie ein Geist, den nur Orla sehen konnte. Er stöberte eine Mohairdecke auf und breitete sie über Maude, während Orla ihr die Schuhe auszog.
    Sie hätten nie herkommen dürfen. Aber nun war es passiert, und das Abenteuer hatte von Maude einen solchen Tribut gefordert, dass sie nun Orlas erste Priorität war. Sie rieb ihre eiskalten Hände warm.
Meine tausend Tode kann ich auch noch später sterben
, dachte sie.
    Maude erholte sich ein wenig, ihr Gesicht bekam etwas Farbe. «Sag’s ihr», befahl sie mit schwacher Stimme. «Sag ihr, warum du hier bist.»
    «Ja, bitte tu das endlich.» Anthea stemmte die Hände in die Hüften. Ihre Arme waren dünne Striche, wie auf einer Kinderzeichnung. «Ich bin ganz Ohr, Schätzchen.» Sie schüttelte Toms begütigende Hand ab. «Verpiss dich, Tom, das geht dich gar nichts an.» Der große Schauspieler fuhr zurück und verließ verletzt den Raum. Anthea blickte einen Moment zu Boden und lief ihm dann nach, humpelnd, mit nur einem Schuh.
    Der Streit wurde zischend auf der Treppe ausgetragen. Orla beachtete ihn nicht und kümmerte sich um Maude, die immerhin, wie sie selbst, endlich wieder normal atmete und die Augen geöffnet hielt. «Wir sind bald zu Hause», sagte Orla und fügte, als Maude sich unruhig bewegte, flüsternd hinzu: «Ich weiß, ich weiß, nicht ohne das Tagebuch.»
    Das überhitzte Zimmer war ein einziges Chaos. Vor

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