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Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Titel: Ein letzter Brief von dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Ashton
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Pub in, äh, Hammersmith.» Sie wühlte in einer Schublade nach Handschuhen. «Warte nicht auf mich.»
    «Wie du meinst, Liebes.» Maude war bereits auf dem Weg in ihre eigene Wohnung.
    «Bis nächstes Jahr!», rief Orla und wand sich einen langen, weichen Schal um den Hals. Er gehörte Marek. Sie hatte ihn ihm nie zurückgegeben.
    Sie rannte die Treppe hinunter, als müsste sie vor einem Waldbrand fliehen, erfüllt von einem frischen, beinahe vergessenen Machtgefühl. Wie konnte ich nur denken, dass ich Marek zurückerobere, indem ich geduldig in einer selbstgebauten Gefängniszelle sitzen bleibe? An der Tür angelangt, rauschte ein kribbelndes Vorgefühl durch ihre Adern. Sie hielt an und stellte sich vor, wie sie zu Marek ging und ihm sagte:
Siehst du, das habe ich für dich getan. Ich habe meinen Dämonen ins Auge geblickt, bin Anthea gegenübergetreten, habe das Tagebuch gelesen.
    Das Kribbeln wurde stärker, aber es war nicht mehr freudig und pastellfarben. Die Tür blieb geschlossen.
    Wie sie es viele Male von Maude verlangt hatte, stellte sich Orla alles bildlich vor. Sie sah sich selbst auf Antheas glanzvoller Party, das Mädchen aus der Gosse, das den Schutzwall um einen großen glitzernden Palast überwunden hatte.
    Sie konnte Anthea nicht übertrumpfen. Anthea hatte Orla mühelos geschlagen, ihr den Freund ausgespannt und ihre nächste Beziehung ebenfalls zerstört, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein.
    Die Tür stellte plötzlich für Orla ein ebenso großes Hindernis dar wie für Maude. Dahinter wartete der Beweis ihrer eigenen Unzulänglichkeit. Sie wandte sich um und erschrak beim Anblick einer Gestalt auf der Treppe.
    Maude in Mantel und Hut zu sehen war so unerwartet, als trüge sie einen Raumanzug. Sie zog mit pfiffigem Gesicht ihre Handschuhe an und sagte: «Wir müssen uns beeilen, Liebes, also beantworte ich die Fragen, die dir in deinem Köpfchen herumschwirren, besser gleich. Ja, ich weiß von deinem Stalking. Marek hat mich angerufen. Er hatte das Gefühl, dass jemand, der dir nahesteht, davon wissen sollte.»
    Kurz wurde Orla von Scham überwältigt. Marek hatte gepetzt. Nein, korrigierte sie sich.
Er hat den Stab übergeben
. Sehr typisch, sehr anständig, und nicht die Vorgehensweise eines Mannes, der zurückkehren wollte.
    «Und ja, ich habe erraten, dass der Anruf der dummen kleinen Bogna von Mareks Telefon aus einen weiteren Übungseinsatz auslösen würde. Und ja, weil ich dich mittlerweile ganz gut kenne, habe ich auch vermutet, dass du deinen Schwung verlieren würdest.» Maude, ungewohnt steif in ihren Straßensachen, sah amüsiert aus. «Dieses Tagebuch muss für dich unglaublich wichtig sein. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob darin viel Weitsicht steckt, aber du bist erwachsen. Also verlasse ich mein Haus, jawohl, am dreizehnten Jahrestag des letzten Mals, dass ich das geschafft habe. Weil ich es für eine hervorragende Idee halte, Anthea entgegenzutreten und all dies zu beenden. Es gibt auf dieser Erde keinen zweiten Menschen, für den ich das tun würde. Also. Habe ich alles beantwortet? Können wir gehen?»
    Noch im schwachen Schein der Energiesparlampe im Flur konnte Orla die Anspannung in Maudes porzellanweißem Gesicht erkennen. «Maude, die Hausordnung besagt, dass immer nur einer von uns zur gleichen Zeit durchdrehen darf. Also, komm mit hoch.»
    «Schau uns nur an!» Maude klopfte sich verärgert auf den Mantel. «Eine Frau, die nicht rausgehen kann, und eine Frau, die nicht drinbleiben kann. Wenn du dieses Tagebuch wirklich haben willst und meinst, damit deine Fragen klären zu können, dann mach vorwärts. Tu es. Heute Nacht.»
    «Du bist sauer.»
    «Es macht mich wütend, dich so zu sehen! Denkst du, das Leben ist so lang, dass man einfach einen Teil davon verschwenden kann? Ich stehe am anderen Ende, Liebes, und ich sage dir, es ist vorbei, ehe du einmal geblinzelt hast. In einem Moment spielst du Himmel und Hölle, im nächsten bist du verheiratet, und schwups!» Maude schlug ihre behandschuhten Hände aneinander, ihr feingezeichnetes Gesicht glühte. «Schwups, beerdigst du ihn. Diese Jahre, in denen der Körper perfekt funktioniert und deine Haut so glatt und weich ist wie Baumwolle, dauern nicht ewig. Sie zu vergeuden ist Blasphemie. So, Fräulein, und jetzt komm.»

Kapitel dreiunddreißig
    D er gelangweilten Telefonistin in der Taxizentrale zufolge war es die geschäftigste Nacht des Jahres. Orla und Maude hatten sogar auf diese Schrottmühle mit ihrem

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