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Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Titel: Ein letzter Brief von dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Ashton
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entlockten Orla ein Lächeln – nicht das kalorienreduzierte Lippenverziehen der letzten Wochen, sondern ein prachtvolles, vollfettes Lächeln.
     
    Es war im Jahr 2009 .
    Die Nachricht von dem «kleinen Zusammentreffen» in Orlas neuer Wohngemeinschaft hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Freunde von Freunden und Feinde von Freunden klopften an die Tür, streckten ihnen eine Flasche entgegen und wurden in die winzige Wohnung im Schatten der Christ Church eingelassen. Laute und ausgelassene Gespräche kämpften gegen die Musik an. Körper wiegten sich im Takt, beugten sich vor, umarmten einander, fielen zu Boden. Je nach Perspektive war es ein unvorstellbarer Albtraum oder die beste Party aller Zeiten.
    «
Du
bist schuld, Davey.» Orla bohrte einen Finger in die breite Brust ihres Mitbewohners, eines groben, schwarzbärtigen Typen mit einem uferlosen Wohlwollen der Menschheit gegenüber. «All deine verdammten Schauspielerfreunde. Wenn die irgendwo einen kostenlosen Drink wittern, sind sie sofort alle zur Stelle.»
    «Mea culpa.»
Davey hob abwehrend seine großen Hände. «Im vorderen Zimmer geht es zu wie in einem Scheiß-Fellini-Film. Die ganze Besetzung von dieser neuen Revue ist hier, und ich kenne keinen Einzigen von diesen verschissenen Scheißern.»
    Orla hatte die besagte Revue nicht gesehen, aber sie hatte die überschwänglichen Kritiken gelesen. «Einer von denen hat sich als Dachs verkleidet.»
    «Ich hab ihn dabei erwischt, wie er in den Schirmständer gepinkelt hat. Ich dachte schon, dass ich Halluzinationen hab.» Davey rieb sich den Kopf. «Ich glaube verdammt noch mal, dass ich verdammt besoffen bin», sagte er missmutig.
    «Ich glaube verdammt noch mal auch, dass du das verdammt noch mal bist.» Seit sie eingezogen war, hatte sie Davey ein paar Mal ins Bett bringen müssen, aber sein Charme und ihre Gutmütigkeit passten so gut zusammen, dass es sich nicht wie eine Last anfühlte. «Setz dich doch ein bisschen hin.»
    Orla arbeitete sich durch das Gedränge aus Armen, Schultern und Hintern in ihrem Flur. Als das Thema «Valentinstagsparty» aufkam, war ihr erster Impuls gewesen, über den entwürdigenden Verfall der Romantik in der modernen Welt zu schimpfen, über die schreckliche Kommerzialisierung der Liebe mit blödsinnigen Geschenken, überteuertem Essen in rosafarben erleuchteten Restaurants und billigen Rosen.
    «Es wird eine Anti-Valentinsparty», stellte sie klar.
    «Ich nehme also an, dass dir niemand eine Valentinskarte geschickt hat?», entgegnete Davey.
    «Halt den Mund. Und nein.»
    Als die Party in vollem Gang war, war Orla kurz vor der Explosion. Die ausgelassene Stimmung kippte langsam ins Klaustrophobische, die Musik war nur noch Krach, und die lebhaften Gesichter um sie herum wirkten wie Grimassen.
    «Hey.» Eine Hand schoss aus dem Gedränge und packte Orlas Handgelenk. «Ich hab schon nach dir gesucht.»
    «Und jetzt hast du mich gefunden.» Orla musterte den Mann, mit dem sie vorhin geflirtet hatte. Seine Pupillen, schwarz wie Lakritze, verdeckten fast die Iris. Ein Schweißfilm lag über seiner Oberlippe. Sein viel zu enges Nadelstreifenjackett wirkte lächerlich. In der Stunde, seit sie miteinander gesprochen hatten, musste er irgendetwas genommen haben, während bei ihr der Schwips nachgelassen hatte. «Ich muss weiter!», formte sie mit den Lippen, weil die Musik plötzlich ohrenbetäubend war.
    «Ich lass dich nicht wieder entkommen.»
    «Oh, doch, das tust du!», lächelte Orla und versuchte, sich loszureißen.
    «Hey, komm schon. Du bist echt endgeil. Bleib hier.»
    Das platte Kompliment deprimierte Orla furchtbar. Wenn sie vollkommen nüchtern oder die Musik nicht ganz so laut gewesen wäre, hätte es sie vielleicht nicht so getroffen. Die Männer von heute erwarteten offenbar, dass die Frauen von heute geschmeichelt waren, wenn man ihnen ein paar Kraftausdrücke und Paris-Hiltonismen entgegenschleuderte, und das verdarb ihr gründlich die Laune. Wütend starrte sie den Typen an.
    Ein Partygast, der hinter Orla stand, mischte sich ein. «Belästigt der Rüpel dich?», fragte er mit tiefer Stimme. Ein Arm langte über ihre Schulter und löste die fremden Finger von ihrem Handgelenk.
    «Alles okay», sagte Orla und betrachtete die rot lackierten Fingernägel an der fremden Hand.
    «Ey, Simeon, zieh Leine. Ich und diese Dame hier gehen gleich miteinander in Flammen auf.»
    «Dann geb ich mal die Feuerwehr.» Sim hielt Orlas Arm fest, beugte sich zu ihr und

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