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Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Titel: Ein letzter Brief von dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Ashton
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hier leben und Arbeit finden, also müssen sie ihre sprachlichen Fähigkeiten doppelt so schnell verbessern wie andere. Eine der Russinnen, Tasha, muss ganz schön kämpfen. Ich bin noch dageblieben, um ihr ein wenig zu helfen. Weil nicht jeder eine Maude hat, die sich um ihn kümmert.»
    In den Tiefen von Orlas Tasche piepte ihr Handy. Sie wechselten einen Blick.
    «Mittwochabend» – Maude warf einen Blick auf ihre zarte goldene Armbanduhr – «acht Uhr, und zwar auf den Punkt genau.»
    «Wir sehen uns dann oben.» Orla ging in den hinteren Teil des dunklen Ladens und wühlte nach ihrem Telefon.
    «Ich mach schon mal den Wein auf», sagte Maude und ging.
    «Orla? Hier ist Ma. Kannst du sprechen?»
    «Ma. Wie geht’s?»
    «Mir geht’s bestens. Kann mich nicht beklagen. Furchtbar still hier heute. Ich habe gerade daran gedacht, wie du früher manchmal nach der Arbeit vorbeigekommen bist. Aber natürlich bin ich eine alte, alte Frau, und natürlich habt ihr jungen Leute euer eigenes Leben.»
    «Deirdre hat mir heute Morgen eine SMS geschickt.»
    «Tatsächlich? Oh, sie ist sehr technisch geworden, seit sie so ein Eierfon hat.»
    «Sie hat sie mir geschickt, als sie gerade bei dir gewesen war. Sie hat geschrieben, sie hätte Hugh vor der Haustür getroffen.»
    «Er hat meinen Schuppen gestrichen. Eine furchtbare Farbe, aber was kann man da machen?»
    «Also bist du doch gar nicht so einsam für eine alte, alte, vergessene Frau, was, Ma?»
    «Du wärst eine großartige Detektivin. Zu deiner Information: Ich
bin
einsam, weil ich mich nach meinem jüngsten Kind sehne. Wann kommst du nach Hause?»
    «Bald.»
    «Immer noch dem verschollenen Tagebuch auf der Spur?»
    «Das habe ich mehr oder weniger aufgegeben. Wenn er es nicht eingemauert hat, ist es nicht hier.»
    «Sie werden dir den Job an der Schule nicht für immer freihalten.»
    «Ma, ich fühle mich schon schlecht genug dabei, dass ich meine Klasse mitten im Schuljahr alleingelassen habe, da musst du nicht noch Salz in die Wunde streuen. Versuch doch mal, den größeren Zusammenhang zu sehen. Sims Tod hat einfach alle Karten neu gemischt. Ich liebe die Tobercree-Grundschule, aber jetzt … Wie auch immer, sie haben mir noch einen Monat für meine endgültige Entscheidung gegeben.»
    «Was gibt es da zu entscheiden? Du wolltest doch eigentlich nur zwei verdammte Tage fort sein! Es ist Zeit, endlich mit dem normalen Leben weiterzumachen. Ich will nicht dabei zusehen, wie du dir dein ganzes Leben wegen der Aufregung um Sim verpfuschst.»
    «Das ist doch keine Aufregung, Ma. Das ist einfach eine Riesenveränderung in meinem Leben. Hör mal, gibt es neuen Klatsch?»
    «Und ob. Die von nebenan hat schon wieder einen neuen Typen. Und zwar so einen riesigen Glatzkopf mit einem Bierbauch, auf dem man Trampolin springen könnte!»
    «Ma!»
    «Liebling?»
    «Ich vermisse dich wirklich, weißt du?»
     
    «Es stimmt nicht, dass ich mein Leben verpfusche», sagte Orla zu ihrer Valentinskarte, während sie sich nach dem Duschen mit dem Handtuch abrubbelte. «Und ja, bevor du es sagst, Ma sagt eine Menge Dinge, die nicht stimmen. Aber was dich angeht, hatte sie recht.»
    Ma Cassidy hatte eine Schwäche für Sim entwickelt. Sie bot ihm sogar den Ohrensessel ihres verstorbenen Mannes an, umgarnte ihn mit süßem Tee und selbstgebackenem Kuchen, gackerte wie ein Huhn über jeden seiner Scherze. Sie bezeichnete ihn als
Prachtexemplar
und staunte, dass ein Senatorensohn in ihrem Wintergarten saß und wie ein stinknormaler Mensch ihre Éclairs aß.
    «Du hast immer gesagt, dass ich Ma zu nahestehe. Sie fühlt sich bedroht von meiner plötzlichen Unabhängigkeit, nehme ich an. Hey, Sim, jetzt guck doch mal hier. Mein Po ist wieder da!» Orla ließ das Handtuch fallen, um ihr wiedergewonnenes Körperteil zu zeigen. Sie wackelte ein wenig damit. Die Valentinskarte schwieg.
    «Wie du willst.» Orla zog einen großen weißen Schlüpfer an, den Sim scheußlich gefunden hätte. «Ich weiß, ich weiß; Bridget-Jones-Unterhosen. Aber du hast ja keine Ahnung, wie qualvoll Stringtangas sind.»
    Sie tapste die Stufen hoch und fragte sich, ob sie nicht vielleicht einfach die eine alte Frau durch die andere ersetzt hatte. Maudes Sicht der Dinge war ein wenig weltoffener, weniger Tobercree-zentrisch als Mas. Vielleicht hatte sie deshalb auf sie gehört, als Maude sie vor Monaten überredet hatte zu bleiben.
    Orla hatte zunächst sofort zurück in ihr Nest fliegen wollen. «Ich bin nicht bereit

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