Ein letzter Brief von dir (German Edition)
Dinge gesagt», wandte sich Bogna an Maude. «Und Ning hat großen Kopf, also …»
«Ich bin sicher, dass du die Kunden nicht mit Bonbons bewerfen wirst», unterbrach Maude sie nachsichtig. Bogna hatte den Job bereits in der Tasche, sehr zu Orlas Bestürzung.
«Wer ist denn dein Lieblingsautor?», fragte Orla und legte
Mansfield Park
beiseite. Sie hatte es aufgegeben, desinteressiert wirken zu wollen. Sie konnte sich Bogna überhaupt nicht als Verkäuferin vorstellen. Gleichzeitig fühlte sie sich verantwortlich: Sie hatte Tasha den Job angeboten, und Bogna hatte gehört, wie die Russin
njet
gesagt hatte.
Bogna bestrafte sie mit einem vernichtenden Blick, den Orla bereits aus dem Unterricht kannte, und sagte: «Ich nicht brauchen Job, wissen Sie?»
Vom Sofa kam ein tiefes Knurren, das Orla erschreckte. Der Mann blätterte geräuschvoll eine Seite in seinem Buch um und hatte die Stirn demonstrativ in Falten gelegt.
«Okay, ich
brauche
Job», blaffte Bogna. «Weil böser Bruder mich Miete zahlen macht für Wohnung, die ihm verdammt gehört. Mich. Seine Schwester!» Sie ließ einen weiteren vernichtenden Blick aufblitzen, diesmal jedoch in Richtung Sofa. «Er ist Tier.»
Das Tier regte sich, den Kopf immer noch über das Buch gebeugt.
«Er sieht eigentlich ganz nett aus, finde ich», sagte Maude mild. «Also, kannst du mittwochabends von fünf bis acht und samstags den ganzen Tag kommen?» Maude, die Meisterin der spontanen Entscheidung, zerknüllte die Liste der in Frage kommenden Bewerber, die Orla ihr geschrieben hatte.
«Hmm.» Bognas Mundwinkel bewegten sich nach unten. «Den ganzen Samstag? Ich mag gern großes Bad und fertig machen für Nacht draußen.»
Ein erneutes, lauteres Knurren kam vom Sofa.
«Bogna …»
Ganz offensichtlich genervt, gab Bogna nach. Ja, sie könne samstags den ganzen Tag arbeiten. «Wie viel zahlen?»
«Elf Pfund pro Stunde.» Maude überging das genervte Schnalzen, das von Orla kam, die zehn vorgeschlagen hatte.
«Nicht genug.»
«Oh.» Maude geriet aus der Fassung. «Na ja, vielleicht könnte ich …»
«Warten Sie, bitte.»
Der Mann stand umständlich auf. In der weiblich-verspielten Atmosphäre des Buchladens fiel seine dunkle Aufmachung entschieden ins Auge: schwarze Jeans, schwarzes Hemd, schwarze Haare. Seine Haut dagegen war im Kontrast dazu schneeweiß und ließ ihn wie ein Prinz aus dem Märchen aussehen.
«Bogna.» Er sprach mit einem drängenden Unterton, seine Stimme so dunkel wie seine Kleidung.
«Musisz pracować. Ta pani jest przyzwoita, dobra i bedzie ptacić uczciwe wynagrodzenie. Powiedz ‹dziękuję› i wnos się stąd.»
Mit herabgezogenen Mundwinkeln sagte Bogna: «Okay, Maude, elf Pfund ist gut.»
«Wunderbar.» Maude klatschte in ihre zarten Hände.
«Und?» Der Mann schaute Bogna erwartungsvoll an.
«Danke», sagte Bogna mechanisch.
«Was haben Sie denn da gerade in dieser schönen Sprache gesagt?», fragte Maude den Mann, der sie weit überragte. Er sah nicht so aus, als sei er in der letzten Zeit viel an die Sonne gekommen, sondern eher wie der erfrischende Hauch des osteuropäischen Winters, und Orla merkte sofort, dass er Maude ebenso sehr gefiel wie seine Schwester.
«Nichts. Tut nichts zur Sache.»
«Mein böser Bruder sagt», mischte sich Bogna ein, die sich offensichtlich freute, etwas gegen seinen Willen tun zu können, «dass ich brauche Job und Sie anständig und gut und zahlen gutes Geld, und ich soll sagen ja, und wir sollen raus hier und euch lassen machen euren Tag.»
«Und hat denn dein böser Bruder auch einen Namen?» Maude schien tatsächlich zu flirten. Orla wandte sich ab, damit sie ihr Lächeln nicht sah. Trotz eines Altersunterschieds von vierzig Jahren flirtete ihre Vermieterin mit dem großen, dunklen Fremden.
«Ich heiße Marek.» Er sagte es, bevor Bogna es aussprechen konnte. Ganz offenbar kämpften sie darum, wer von den beiden das Sagen hatte. «Und wir sind sehr dankbar, dass Sie das Potenzial in Bogna sehen. Sie wird hart für Sie arbeiten, das verspreche ich.»
«Es ist immer wieder wunderbar, zu sehen, wenn eine Familie zusammenhält.» Maudes sehnsüchtiger Ton erstaunte Orla. Dann fiel ihr ein, dass sie noch nie jemanden aus Maudes Familie getroffen hatte. Es erschreckte sie ein wenig, dass sie Monate gebraucht hatte, um das zu bemerken. War sie so sehr in ihrem eigenen Kummer gefangen, dass sie andere Menschen gar nicht mehr wahrnahm?
«Meine Schwester geht gern in Ihren Unterricht», sagte
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