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Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Titel: Ein letzter Brief von dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Ashton
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«Lass mich einfach unerkannt hier herumstreifen.»
    «Essen», knurrte eine tiefe Stimme. Mareks weiße Finger fanden Orlas und zogen sie hoch von ihrem Samtthron. «Dorthin.» Er zeigte auf eine lange Tafel, auf der hübsche kleine Häppchen und Bröckchen auf Tellern und Tabletts angerichtet waren. Es wirkte wie ein Gemälde von Caravaggio. «Ich verhungere.» Er nickte Reece kurz zu. «Entschuldige uns.»
    «Denk dran!», rief Reece ihr hinterher. «Mitternacht. Such nach mir.»
    «Marek!» Orla entwand sich dem Griff seiner Hand. «Das war der Gastgeber!»
    «Der gefällt mir aber nicht.»
    «Reece war für mich wie ein Schutzengel.» Orla näherte sich dem Buffet und spürte, wie sich ihre Stimmung beim Anblick all der Kohlehydrate aufhellte. Sie fügte hinzu: «Obwohl ich zugeben muss, dass er dich ziemlich kühl behandelt hat.»
    «Nicht kühl. Unhöflich.»
    «Okay, unhöflich. Ich weiß nicht, weißt du, als Sims bester Freund und so, vielleicht hat er das Gefühl … illoyal zu sein.»
    «Du bist nicht untreu. Sim ist nicht hier. Ich bin hier», sagte Marek ein wenig zu leidenschaftlich für einen Mann, der sich gerade mit einer Auswahl kleiner Quiches beschäftigte.
    Aber Orlas Gewissen sagte ihr etwas anderes. Es sagte, dass sie untreu war und dass so eine unwichtige Kleinigkeit wie der Tod die Liebe nicht einfach auslöschen konnte. Sie hatte überhaupt keinen Appetit mehr. War sie denn die einzige Romantikerin auf der Welt?
    «Es ist so heiß hier. Können wir nicht einfach …» Orla schaute sehnsüchtig zu dem Wintergarten, der sich die gesamte Länge des Hauses entlangzog und den Blick auf den großzügigen Garten freigab.
    «Sicher.» Marek wandte sich widerwillig vom Essen ab. «Weißt du, du solltest dich niemals zwischen einen Polen und sein Abendessen stellen», grummelte er. «Ich kann ziemlich gereizt sein, wenn ich nicht regelmäßig gefüttert werde.»
    «Das hier sind doch nur die Häppchen. Auf der Einladung stand, dass noch ein Spanferkel gegrillt wird. Das machen sie sicher draußen.»
    Marek legte die Hand auf ihren Rücken und lenkte sie zur Terrasse. Orlas Haut brannte unter der beiläufigen Berührung. Draußen auf der Terrasse standen alle um das Spanferkel herum, das appetitlich duftete, aber Orla knabberte nur an dem labberigen Brötchen herum, das Marek ihr brachte.
    «Ich esse das, wenn du nicht …», schlug er hoffnungsvoll vor.
    «Ich mag nicht mehr.» Sie gab es ihm, und sie setzten sich auf eine gusseiserne Bank, ein wenig weiter vom Haus entfernt.
    «Dein Anruf hat mich sehr überrascht.» Marek verschlang das Brötchen mit drei Bissen.
    «Ich brauchte eine Begleitung», sagte Orla und zuckte die Achseln.
    «All diese Komplimente. Wie soll mein Ego nur damit zurechtkommen?»
    Sie warf ihm einen kurzen Blick zu, um zu sehen, ob er einen Witz machte – aber er schien zu schmollen. Orla schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn. «Es tut mir leid, Marek, das war so unhöflich.»
    Sie erinnerte sich an die Autofahrt, an seinen kleinen Scherz:
Das ist auch kein Date, oder?
Orla atmete tief durch. Sie wollte ihm die Wahrheit sagen und hoffte, dass die Karte nicht zuhörte.
    «Ich wollte eine Begleitung, aber ich wollte auch, dass du es bist, Marek Zajak. Weil …» Sie wusste nicht recht, wie sie es ausdrücken sollte. «Weil du freundlich bist», sagte sie schließlich lahm.
    Mareks kohlschwarze Brauen senkten sich. Er sah aus, als hätte sie ihn geschlagen. «Freundlich? Das … ist ja eigentlich etwas Gutes, aber –
freundlich
? Ist das alles, was ich für dich bin?»
    «Nein. Ich wollte dich besser kennenlernen», fügte sie hastig hinzu, als ob sie gerade einen Mord gestand. «Jetzt hast du’s. Mein Gott. Bin ich jetzt ganz rot geworden?»
    «Wie eine Tomate.»
    Wieder lächelte er sein überraschendes Lächeln. Er wirkte so froh, dass Orla ebenfalls lächeln musste. Sie hatte das sentimentale Vergnügen, einen Mann anzulächeln, der ebenfalls lächelte, während ihrer Trauerzeit schon beinahe vergessen.
    «Ich glaube, wir passen gut zueinander.» Marek sagte das so leise, dass sie sich zu ihm beugen musste, um ihn zu verstehen.
    «Tun wir das?» Sie konnte nur ausweichend und unverbindlich reagieren. Orla war eine verhinderte Verlobte, und sie wusste, dass Marek es schätzte, wie ernst sie ihre Verpflichtungen nahm.
    «Ja, das tun wir.» Marek wirkte ganz sicher.
    Der Trubel ließ nach. Die winzigen Härchen auf Orlas Armen stellten sich in der nächtlichen

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