Ein Liebhaber wie Tony
Supermarkt.«
Michael sah sie einen Moment lang überrascht an, dann stand er auf. Nervös knetete er die Hände. »Danke. Sharon, eines möchte ich noch sagen, bevor ich gehe. Tony liebt dich, wie noch nie ein Mann eine Frau geliebt hat, und wenn ihr beide es nicht bald schafft, wieder zueinanderzufinden, dann ist es zu spät.«
»Das ist es bereits«, sagte Sharon traurig. »Und wir hätten es niemals versuchen sollen.«
Michael schüttelte den Kopf und ging.
Als sich die Ladentür hinter ihm geschlossen hatte, erschien Helen im Büro. »Gehtâs dir gut?«
»Nein, ganz und gar nicht. Ich habe schreckliche Kopfschmerzen.« Und ein gebrochenes Herz, fügte Sharon im Geiste hinzu. »Ich möchte nach Hause gehen. Wenn du auch nicht bleiben möchtest, dann schlieà einfach den Laden ab und mach Feierabend.«
Helen sah Sharon an, als hätte sie ihr gerade gesagt, sie wolle sich vom Dach des Hauses stürzen. »Ich schlieÃe den Laden um halb sechs.«
Sharon nickte. »Gut. Dann sehe ich dich morgen.«
»Ja«, stimmte Helen zu. »Aber du musst morgen nicht kommen. Ich schaffe es auch allein.«
Obwohl es nicht nötig gewesen wäre, setzte Sharon sich die Sonnenbrille auf, ehe sie zu ihrem Auto ging. Bevor sie aus der Parklücke setzte, öffnete sie das Verdeck, weil sie den Wind im Gesicht spüren wollte. Ohne ein bestimmtes Ziel vor Augen zu haben, fuhr sie auf die Autobahn, die stadtauswärts führte.
Nach über einer Stunde Fahrt stellte Sharon fest, dass sie geradewegs nach Hayesville fuhr. Dem Ort, in dem sie ihre Kindheit verbracht hatte und in dem Bea heute noch lebte.
Es begann stark zu regnen, und Sharon stoppte, um das Verdeck zu schlieÃen. Nach einer weiteren Stunde steuerte sie ein Restaurant an, um einen Kaffee zu trinken und die Kinder anzurufen.
»Wo bist du, Mom?«, jammerte Briana. »Du solltest doch hier sein.«
Marc sprach von einem der anderen Telefone. »AuÃerdem fängt morgen die Schule an«, fügte er hinzu.
Sharon versuchte, sich zusammenzureiÃen.
»Aber Mrs Harry ist doch bei euch, oder?«
»Nein«, erwiderte Briana. »Dad ist hier. Aber er hat Kopfschmerzen, und wir dürfen uns nicht in seinem Arbeitszimmer blicken lassen.«
Verantwortungsbewusst erwiderte Sharon: »Sagt Daddy bitte, er soll ans Telefon gehen. Ich muss ihm erklären, warum ich nicht kommen kann.«
Brian plapperte nun unentwegt von ihrer Lieblingspopgruppe, den Chancen, die siebente Klasse zu schaffen, und was der Kieferorthopäde zu den kaputten Zähnen ihrer Freundin Mary Kate gesagt hatte. Deshalb lief Marc hinüber ins Arbeitszimmer.
Sharon musste sich noch eine Weile lang Brianas Pubertätsgerede anhören, bevor Tony in die Leitung kam.
»Leg auf, Brian«, sagte er knapp.
Unter Protest gehorchte sie.
»Tony, hör mir zu«, begann Sharon. »Ich â¦Â«
»Nein, Lady«, unterbrach Tony sie brüsk. »Du hörst mir zu. Ich weià zwar weder, wo du bist, noch was du tust, aber es wäre deine verdammte Pflicht, hier zu sein. Also mach, dass du herkommst und auf diese Kinder aufpasst.«
Sharon holte tief Luft. »Ich kann nicht. Ich ⦠ich bin auÃerhalb der Stadt.«
Tony klang wie ein Fremder. »Na, wunderbar! Wird denn dein Anwalt meinen auch davon unterrichten?«
»Bitte, Tony«, flüsterte Sharon, »sei nicht so grausam.«
»Ich versuche es. Ich dachte nur, wir würden von nun an in dieser Form miteinander reden: von Anwalt zu Anwalt. Anders geht es offensichtlich nicht mehr.«
»Das stimmt doch auch, oder? Wir passen ganz einfach nicht zusammen.«
»Wo bist du?«, fragte Tony nach einem kurzen Schweigen.
»Ich werde meine Mutter besuchen.« Die Worte klangen etwas steif und fast herausfordernd, obwohl Sharon das nicht beabsichtigt hatte.
»GroÃartig! Solltest du sie zwischen zwei Bingospielen erwischen, kannst du ihr ja dein Herz ausschütten.«
»Das war unfair, Tony. Habe ich jemals Bemerkungen über deine Mutter gemacht?«
»Des Ãfteren.«
Es hatte keinen Sinn. Sharon war froh, dass Tony ihre Tränen nicht sehen konnte.
»Sag den Kindern bitte, dass ich sie liebe und morgen wieder nach Hause komme. Dann werden wir essen gehen, um ihren ersten Schultag zu feiern.«
Tony schwieg so lange, dass Sharon schon glaubte, er hätte aufgelegt. Dann aber
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