Ein Liebhaber wie Tony
und sie damals gebaut hatten, um für immer darin gemeinsam zu leben. Vor ihr lag der Hafen mit seinen vielen Booten. Die bunten Segel bildeten einen reizvollen Kontrast zum blauen Wasser, aber Sharon achtete gar nicht darauf.
Sie dachte über die Verrücktheit ihrer Situation nach. Dieses ständige Hin- und Herpendeln zwischen ihrer Wohnung und dem Haus war alles andere als angenehm. Der Scheidungsrichter hatte diese Lösung vorgeschlagen, um die Kinder nicht aus ihrer gewohnten Umgebung zu reiÃen. Deshalb lebte sie einen Monat lang drei Tage die Woche im Haus, den nächsten Monat vier Tage je Woche. Die restliche Zeit verbrachte Tony mit den Kindern.
Sharon fühlte sich dadurch oft zerrissen und heimatlos. Sie glaubte, dass es den anderen ebenso ging, sie es aber nicht zugaben. Es war nicht einfach, sich zu merken, wer wann wo lebte, aber sie musste lernen, damit umzugehen. SchlieÃlich war es für sie die einzige Möglichkeit, beide Kinder zu sehen. Würde sie es auf eine gerichtliche Entscheidung ankommen lassen, hätte sie auf Brian keinerlei Ansprüche, und Tony könnte ihr ganz einfach verbieten, die Kleine zu sehen. Das aber würde ihr das Herz brechen.
Zwar hatte Tony etwas Derartiges nie angedeutet, aber man konnte nie wissen.
Das Haus stand am Ende einer langen StraÃe und war umgeben von hoch aufragenden Kiefern. Marc trainierte in der Auffahrt mit seinem Skateboard. Er war jetzt sieben Jahre alt und das genaue Abbild seines Vaters.
Als er Sharon bemerkte, erhellte sich seine Miene. Gekonnt sprang er vom Skateboard und klemmte es sich unter den Arm.
»Ich denke, du hast Hausarrest?«, fragte Sharon, nachdem Marc sie stürmisch begrüÃt hatte.
Das Lachen verschwand, und er sah plötzlich sehr bedrückt aus.
»Ja, aber das war ungerecht von Daddy«, behauptete er ein bisschen trotzig.
Sie strich ihm zärtlich durchs dunkle Haar, während sie gemeinsam die breiten Steinstufen hinaufgingen, die zur Rundbogenhaustür führten.
»Das lass mich mal entscheiden«, sagte Sharon in gespielter Ernsthaftigkeit und öffnete die Tür. »Also los, was hast du angestellt?«
Sie betraten die Vorhalle, und Sharon legte ihre Handtasche auf den schimmernden antiken Holztisch, den Tonys italienische Vorfahren nach Amerika gebracht hatten. Die Reisetasche konnte sie später noch aus dem Auto holen.
»Nun?«, ermunterte sie Marc, der mit der Antwort zögerte.
»Ich habe Brianas Goldfische in den Swimmingpool gesetzt«, gestand er kleinlaut. »Aber ich konnte doch nicht wissen, dass das Chlorwasser ihnen schadet.«
»Dein Vater hatte ganz recht, dich zu bestrafen.« Sie zog einen Mundwinkel hoch und versuchte, wie ein alter Gangsterboss zu klingen. »Du kennst die Gesetze, Junge. Lass die Finger von anderer Leute Sachen.«
Marc hatte keine Chance, darauf zu antworten, da Mrs Harry, die Haushälterin, das Staubsaugen unterbrach und Sharon strahlend begrüÃte.
»Willkommen daheim, Mrs Morelli.«
Bei diesen Worten krampfte sich Sharons Herz zusammen, aber sie erwiderte die freundliche BegrüÃung, bevor sie sich entschuldigte und nach oben ging.
Das Schlafzimmer zu betreten, in dem sie so viele schöne Nächte mit Tony verbracht hatte, fiel Sharon immer noch ziemlich schwer.
Eine Weile verharrte sie still mitten im Raum; ihr Blick glitt über die Einrichtung, blieb auf dem breiten Bett haften. Oh Tony ⦠warum? Warum musste alles so kommen?
SchlieÃlich gab Sharon sich einen Ruck, zog ihre Bundfaltenhose und die Seidenbluse aus; dann schlüpfte sie in bequeme Jeans und ein T-Shirt. Danach betrachtete sie sich im Spiegel. Ihren goldbraunen Haaren, der schlanken Figur und den braunen Augen widmete sie nur wenig Aufmerksamkeit. Dafür umso mehr der Tatsache, dass sie nur eins zweiundfünfzig groà war und die Oberschenkel eine Spur zu dick wurden.
Mit einem Seufzer kniete Sharon sich vor den geöffneten Schrank, um ihre Lieblingsschuhe zu suchen. Als sie ein leises Lachen hörte, zuckte sie zusammen und fuhr herum. Tony stand strahlend in der Tür.
»Es muss dir einen unheimlichen Spaà machen, mich laufend zu erschrecken, Mr Morelli!«
Ihr Ex-Ehemann setzte sich auf die Bettkante, sah Sharon mit Unschuldsmiene an und legte die Hand aufs Herz.
»Ich war so stolz darauf, dich nicht gekniffen zu haben, obwohl mein italienisches Blut danach verlangte. Und jetzt verletzt
Weitere Kostenlose Bücher