Ein Lied für meine Tochter
lächelt. »Es ist nur eine Formalität, die wir erledigen müssen, bevor Sie einen Termin mit dem Sozialarbeiter machen können.«
»Dem Sozialarbeiter?«, wiederholt Vanessa.
»Das ist Standard bei gleichgeschlechtlichen Paaren, um Fragen anzusprechen, über die sie bis dato vielleicht nicht nachgedacht haben. Ein Beispiel: Sollte Ihre Partnerin das Kind austragen, Zoe, dann werden Sie es nach der Geburt adoptieren müssen.«
»Aber wir sind verheiratet …«
»Nicht in Rhode Island.« Dr. Fourchette schüttelt den Kopf. »Noch einmal: Das ist nichts, worüber Sie sich Sorgen machen müssen. Wir müssen das Ganze nur in Gang bringen.«
Eine vertraute Welle der Enttäuschung bricht über mich herein. Wieder ist der Weg zum Kind voller Hindernisse.
»Na gut«, sagt Vanessa entschlossen. »Was genau muss Max unterschreiben? Gibt es da ein Formular?«
Dr. Fourchette gibt ihr ein Blatt Papier. »Er soll es einfach an uns zurückschicken, und sobald wir es haben, melden wir uns bei Ihnen.« Wieder lächelt sie uns an. »Ich freue mich für Sie, Zoe. Ich gratuliere Ihnen – Ihnen beiden.«
Vanessa und ich schweigen, bis wir die Klinik verlassen haben und gemeinsam in einem ansonsten leeren Aufzug fahren. »Du musst mit ihm reden«, sagt Vanessa schließlich.
»Und was soll ich ihm sagen? Hey, ich bin mit Vanessa verheiratet, und wir hätten gerne, dass du uns deinen Samen spendest? «
»So ist das nicht«, erwidert Vanessa. »Die Embryonen existieren doch bereits. Was hat er denn mit ihnen vor?«
Wir erreichen das Erdgeschoss, und die Aufzugtüren gleiten auf. Eine Frau mit Kinderwagen wartet davor. Das Baby trägt ein weißes Kapuzensweatshirt mit einem kleinen Bär auf der Brust.
»Ich werde es versuchen«, sage ich.
Ich finde Max am Haus eines Kunden, wo er Laub und Zweige aus dem Blumenbeet harkt, um es im Frühling neu zu bepflanzen. Der Schnee ist genauso schnell geschmolzen, wie er gekommen ist, und es riecht nach Frühling. Max trägt Hemd und Schal, und er schwitzt. »Nettes Haus«, bemerke ich anerkennend und schaue mich in dem riesigen Garten um.
Max wirbelt beim Klang meiner Stimme herum. »Zoe? Was machst du denn hier?«
»Liddy hat mir gesagt, wo ich dich finden kann«, sage ich. »Hast du kurz Zeit für mich?«
Er lehnt sich auf seine Harke, wischt sich den Schweiß von der Stirn und nickt. »Sicher. Willst du dich, äh, setzen?« Er deutet auf eine Steinbank. Ich spüre den kalten Granit durch meine Hose hindurch.
»Wie wird das?«, frage ich. »Wenn es blüht, meine ich.«
»Oh, das wird richtig toll. Feuerlilien. Sie sollten Ende April blühen, wenn ich sie bis dahin vor Käfern schützen kann.«
»Ich freue mich, dass du noch immer gärtnerst. Sicher war ich mir nicht.«
»Warum sollte ich das denn nicht mehr tun?«
»Ich weiß nicht.« Ich zucke mit den Schultern. »Ich dachte, du würdest vielleicht für die Kirche arbeiten.«
»Nun, montags tue ich das auch«, sagt Max. »Sie gehört zu meinen Kunden.« Er reibt sich mit der Faust das Kinn. »Ich habe ein Plakat an einer Bar gesehen, auf dem stand, dass du dort singst. Du bist doch nicht mehr aufgetreten, seit wir … seit langer Zeit.«
»Ich weiß. Es hat mich wieder gepackt.« Ich zögere. »Aber du gehst doch nicht in diese Bar … oder?«
»Nein.« Max lacht. »Ich bin vollkommen trocken.«
»Gut. Ich meine, das ist wirklich gut. Und ja, ich habe hier und da ein wenig gesungen. Das ist eine gute Vorbereitung für meine Therapiesitzungen.«
»Das machst du also auch noch, ja?«
»Warum sollte ich das denn nicht mehr tun?«
Er schüttelt den Kopf. »Ich weiß nicht. In letzter Zeit hast du dich sehr … verändert.«
Es ist immer komisch, wenn man seinen Ex trifft. Es ist wie bei einem fremdsprachigen Film: Was die Figuren sich zu sagen haben, hat nichts mit den Untertiteln zu tun. Sorgfältig achten wir darauf, einander nicht zu berühren, obwohl ich früher einmal nur dicht an ihn geschmiegt habe schlafen können. Ich habe förmlich an ihm geklebt wie Moos auf einem Felsen. Wir sind zwei Fremde, die jedes noch so beschämende Geheimnis des anderen kennen, jede verdeckte Sommersprosse und jeden noch so kleinen Fehler.
»Ich habe geheiratet«, platze ich heraus.
Da Max mir keinen Unterhalt gezahlt hat, gibt es auch keinen Grund, warum er das wissen sollte. Eine Sekunde lang schaut er mich einfach nur verblüfft an. »Du meinst, du und …?«
»Vanessa«, sage ich. »Ja.«
»Wow.« Max rutscht ein paar
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