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Ein Lied für meine Tochter

Ein Lied für meine Tochter

Titel: Ein Lied für meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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was sie gesagt hat, sondern einfach nur wegen ihrer Stimme. Sie hat nicht gesungen, doch ihre Worte hatten eine Melodie, die mich sofort an Musik erinnerte.
    Tatsache ist: Ich habe schon wieder mal Mist gebaut. Ich will Zoe nicht erzählen, dass ich inzwischen eine Entscheidung getroffen habe, aber ich muss es tun. Und irgendetwas sagt mir, dass sie genauso begeistert davon sein wird, dass Liddy und Reid ihre Kinder großziehen, wie ich von der Vorstellung begeistert bin, dass sie zwei Homomütter bekommen.
    Wade Preston greift in die Innentasche seines Jacketts und holt eine Visitenkarte heraus. »Was halten Sie davon, wenn wir uns nächste Woche einfach mal treffen?«, schlägt er vor. »Wir haben viel zu besprechen, wenn wir den Ball ins Rollen bringen wollen.« Als Pastor Clive ihn wegführt, um ihm ein paar weitere Gemeindemitglieder vorzustellen, wirft er mir noch kurz sein Millionen-Dollar-Lächeln zu.
    Ich habe sechs Donuts auf meinem Teller, und ich will nicht einen davon mehr essen. Genau genommen ist mir sogar kotzübel.
    Denn die Wahrheit ist, dass der Ball längst rollt.
    Er ist auf halbem Weg den Berg hinunter.
    Am Abend vor meinem Termin mit Wade Preston in Pastor Clives Büro – er dachte, wir würden die private Atmosphäre zu schätzen wissen – habe ich einen Traum. Liddy ist schon schwanger, doch im Entbindungszimmer ist nicht nur Reid, sondern Dutzende von Leuten. Alle tragen sie OP-Kleidung und blaue Masken. Man kann sie nicht erkennen, sieht nichts von ihrem Gesicht, außer den Augen.
    Pastor Clive sitzt zwischen Liddys Beinen und spielt den Arzt. Er greift nach unten, um das Baby aufzufangen. »Das machst du toll«, sagt er zu ihr, während sie schreit und diesen blutigen Klumpen Kind in die Welt presst.
    Eine Krankenschwester nimmt das Baby und wickelt es ein, und während sie das tut, schnappt sie nach Luft. Sie ruft nach Pastor Clive, der in die blaue Decke schaut und sagt: »Gütiger Herr Jesus.«
    »Was ist los?«, frage ich und dränge mich durch die Menge. »Was ist los?«
    Aber sie hören mich nicht. »Vielleicht wird sie es ja nicht bemerken«, flüstert die Krankenschwester und gibt Liddy das Baby. »Hier ist Ihr Sohn«, sagt sie.
    Liddy hebt die Decke, in die der Neugeborene gewickelt ist, und beginnt zu kreischen. Fast lässt sie das Baby fallen, und ich springe hinzu, um es aufzufangen.
    Und da sehe ich es: Das Kind hat kein Gesicht.
    Stattdessen ist nur ein Haufen Lumpen und Wolle zu sehen, und da, wo der Mund sein sollte, ist eine Naht.
    »Ich will das nicht!«, schreit Liddy. »Das ist nicht wirklich meins!«
    Eine der maskierten Zuschauerinnen tritt vor. Sie nimmt mir das Baby ab und formt aus dem falschen Gesicht eine Nase, zwei daumennagelgroße Augen, als wäre das Kind aus Lehm gemacht. Dann schaut sie auf es herab, als wäre es das Schönste auf der Welt. »Seht doch«, sagt sie, zieht die Maske aus und lächelt. Und in diesem Augenblick erkenne ich Zoe.
    Ich schwitze, als ich Pastor Clives Büro betrete, um mich mit Wade zu treffen. Ich schwitze so sehr, dass mein Hemd fast vollkommen durchnässt ist. Wade wird mich vermutlich entweder für einen Freak halten oder annehmen, dass ich unter einer Stoffwechselstörung leide, dabei habe ich schlicht und ergreifend nur Angst, ihm zu sagen, was ich schon den ganzen Morgen denke: nämlich, dass ich einen großen Fehler mache.
    Sicher, ich will Liddy und Reid helfen … aber ich will Zoe auch nicht verletzen.
    Wade trägt wieder einen maßgeschneiderten Anzug. Diesmal hat der Stoff einen silbrigen Schimmer. Damit sieht er aus wie Jesus auf Gemälden: stets ein wenig heller als alle anderen um ihn herum.
    »Schön Sie zu sehen, Max«, begrüßt mich Wade und schüttelt mir die Hand. »Ich muss Ihnen sagen, seit wir am Sonntag miteinander gesprochen haben, sind Sie mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen.«
    »Oh«, sage ich. »Nun ja …«
    »Aber jetzt müssen wir erst einmal ein paar Dinge klären. Ich werde Ihnen also einige Fragen stellen, die Sie bitte beantworten, so gut es geht.«
    »Darf ich Ihnen zuerst eine stellen?«, frage ich.
    Wade schaut mich an und nickt. »Natürlich.«
    »Eigentlich ist es weniger eine Frage als vielmehr eine Erklärung. Ich meine, ich weiß, dass ich das Recht habe zu bestimmen, was mit diesen Embryonen geschieht, Zoe aber auch.«
    Wade setzt sich auf Pastor Clives Schreibtischkante. »Da haben Sie zu hundert Prozent recht … zumindest bei oberflächlicher Betrachtung. Sie und Zoe, Sie

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