Ein Lied für meine Tochter
vielleicht hat sie auch nur von deiner fantastischen Lasagne gehört.«
Zoe legt die Salatlöffel beiseite. »Ich bin ein Wrack«, verkündet sie. »Ich kann das nicht.«
»Es wird noch viel schlimmer werden, bevor es besser wird.«
Zoe wirft sich in meine Arme, und einen Augenblick lang halten wir einander einfach fest. »Heute, im Altenheim, haben wir im Kreis musiziert, und als wir gerade mit den Handglocken gespielt haben, ist Mrs. Greaves aufgestanden, auf die Toilette gegangen und hat vergessen, wieder zurückzukommen«, erzählt Zoe. »Sie war mein F. Weißt du eigentlich, wie schwer es ist, Amazing Grace ohne ein F zu spielen?«
»Wo ist sie hingegangen?«
»Die Pfleger haben sie in der Garage gefunden. Sie saß neben dem Van, der die Bewohner donnerstags zum Supermarkt fährt. Die Glocke haben sie eine Stunde später in einem Ofen entdeckt.«
»War er an?«
»Der Van?«
»Der Ofen.«
»Nein. Gott sei Dank nicht.«
»Und die Moral von der Geschicht’ ist, dass wir beide einen gewaltigen Rechtsstreit zu bewältigen haben, aber wenigstens haben wir unsere Handglocken nicht verloren.«
Ich spüre sie an meiner Schulter lächeln. »Ich wusste, dass du mir helfen würdest, das Licht am Ende des Tunnels zu sehen«, sagt Zoe.
Es klopft an der Tür. Angela redet bereits, als ich öffne. »Wissen Sie, was Wade Preston und ein Spermium gemein haben? Die Chance von eins zu drei Millionen, ein Mensch zu werden.« Sie drückt mir einen dicken Stapel Papier in die Hand. »Das Rätsel ist gelöst. Jetzt wissen wir, was Max mit den Embryonen vorhat: Er will sie seinem Bruder geben.«
»Was?« Das ist Zoes Stimme, doch sie klingt wie ein Schlag.
»Das verstehe ich nicht.« Ich blättere die Papiere durch, doch da steht nur Juristenkauderwelsch. »Er kann sie doch nicht einfach so verschenken.«
»Na ja, er wird es zumindest versuchen«, erwidert Angela. »Ich habe heute einen Antrag von Ben Benjamin bekommen, dem hiesigen Anwalt, der mit Wade Preston zusammenarbeitet. Er will Reid und Liddy Baxter als Nebenkläger auftreten lassen. Max hat offiziell erklärt, dass sein Bruder und seine Schwägerin die Empfänger der Embryonen sein sollen.« Sie schnaubt verächtlich. »Und jetzt raten Sie mal, wer Wades fette Rechnung bezahlt.«
»Dann wollen sie sich die Embryonen also kaufen.«
»So würden sie das nie nennen, aber technisch gesehen ist es genau das. Reid und Liddy zahlen für die Klage. Sie positionieren sich als zukünftige Eltern für die Embryonen, und plötzlich hat Wade nicht nur einen Kläger, sondern auch ein christliches, traditionelles Paar, das er Richter O’Neill unter die Nase reiben kann.«
Langsam, sehr langsam setze ich das Puzzle zusammen. »Meinen Sie damit, dass Liddy Zoes Baby bekommen soll?«
»Das ist ihr Plan«, bestätigt Angela.
Ich zittere vor Wut am ganzen Leib. »Ich werde Zoes Baby bekommen.«
Doch Angela hört nicht zu. Sie schaut Zoe an, die wie gelähmt wirkt. »Zoe? Alles okay mit Ihnen?«
Ich kenne meine Partnerin: Wenn sie brüllt, dann geht es schnell vorbei. Doch wenn ihre Stimme nur ein Flüstern ist, dann ist sie wirklich wütend, und jetzt ist sie kaum zu verstehen, als sie sagt: »Wollen Sie mir damit etwa sagen, dass mein Kind, das meine Frau zur Welt bringen soll und das ich selber großziehen will … dass dieses Kind von jemandem ausgetragen und aufgezogen werden soll, den ich nicht ausstehen kann? Und dass ich da kein Wort mitzureden habe?«
Angela nimmt mir das Glas Wein aus der Hand und leert es in einem Zug. »Sie werden den Richter auffordern, Max die Embryonen zu geben. Dann kann er mit ihnen tun, was immer er will – aber sie sagen dem Richter auch, dass Max beabsichtigt, sie Reid und Liddy zu geben, wohlwissend, dass das die Entscheidung beeinflussen wird.«
»Warum können Reid und Liddy nicht einfach ihre eigenen Kinder bekommen?«, frage ich.
Zoe dreht sich zu mir um. »Weil Reid die gleichen Fruchtbarkeitsprobleme hat wie Max. Das ist genetisch bedingt. Wir haben in einer Klinik nach Antworten gesucht … und sie bei Clive Lincoln.«
»Die Embryonen sind während Max’ und Zoes Ehe entstanden. Wenn sie sie noch immer will, wie kann ein Richter sie da einem Fremden geben?«, verlange ich zu wissen.
»Die Gegenseite vertritt den Standpunkt, dass eine heterosexuelle, reiche, christliche Familie die bestmögliche Umgebung für die ungeborenen Kinder ist«, erklärt Angela. »Und Reid und Liddy sind keine Fremden. Sie sind genetisch mit
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