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Ein Lied für meine Tochter

Ein Lied für meine Tochter

Titel: Ein Lied für meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Lieblingsbibelstelle ist? Der Anfang von Johannes 20, wo Maria Magdalena nach Jesu Tod trauert. Für sie war er nicht Jesus, weißt du, er war ihr Freund und ihr Lehrer und schlicht jemand, der ihr sehr am Herzen lag. Sie ist zum Grab gekommen, weil sie seinem Körper einfach nahe sein wollte, denn das war alles, was von ihm übrig war. Doch als sie dort ankommt, ist auch der Leichnam fort. Kannst du dir vorstellen, wie einsam sie sich gefühlt haben muss? Sie begann zu weinen, und ein Fremder fragte sie, was los sei … und dann sagte er ihren Namen, und in diesem Moment erkannte sie, dass sie mit Jesus sprach.« Liddy schaut mich an. »Ich habe schon oft geglaubt, Gott habe mich verlassen. Doch dann stellt sich immer wieder heraus, dass ich nur am falschen Ort gesucht hatte.«
    Ich weiß nicht, wofür ich mich mehr schäme: für die Tatsache, dass ich in Jesu Augen ein Versager bin, oder in Liddys.
    »Gott ist nicht am Boden dieser Flasche«, fährt Liddy fort. »Richter O’Neill wird alles beobachten, was wir tun. Er wird mich beobachten, Reid und dich.« Sie schließt die Augen. »Ich will dein Baby haben, Max.«
    Ich bin wie elektrisiert.
    Gütiger Gott , bete ich stumm, lass es mich so sehen, wie Du es tust. Erinnere mich daran, dass wir nicht vollkommen sind, ehe wir nicht Dein Angesicht erblickt haben.
    Aber ich starre Liddy an.
    »Wenn es ein Junge wird«, sagt sie, »dann werde ich ihn Max nennen.«
    Ich schlucke. Mein Mund ist plötzlich wie ausgetrocknet. »Das musst du nicht tun.«
    »Ich weiß, dass ich das nicht muss, aber ich will es.« Liddy dreht sich zu mir um. »Hast du dir je etwas so sehr gewünscht, dass du das Gefühl hattest, wenn du zu sehr hoffst, würdest du es verderben?«
    Zwischen den Worten höre ich das, was sie nicht laut ausgesprochen hat. Also packe ich sie am Hinterkopf, beuge mich vor und küsse sie.
    Gott ist Liebe . Das habe ich Pastor Clive schon tausend Mal sagen hören, doch erst jetzt verstehe ich, was er damit gemeint hat.
    Liddy reißt die Arme zwischen uns hoch und stößt mich mit größerer Kraft zurück, als ich es von ihr erwartet habe. Mein Stuhl kreischt über den Boden. Liddys Wangen sind knallrot, und sie hat die Hand vor den Mund geschlagen.
    »Liddy«, sage ich, und mich verlässt der Mut, »ich wollte nicht …«
    »Du musst dich nicht entschuldigen, Max.« Plötzlich ist da eine Mauer zwischen uns. Ich sehe sie nicht, aber ich kann sie fühlen. »Das ist nur der Alkohol.« Sie bläst die Kerze aus. »Wir sollten jetzt besser gehen.«
    Liddy verlässt die Kapelle, aber ich bleibe sitzen. Noch mindestens eine Minute lang warte ich in der Dunkelheit.
    Als ich Jesus nach meinem Autounfall in mein Herz gelassen habe, da habe ich auch Clive Lincoln in mein Leben gelassen. Wir trafen uns in seinem Büro, und wir sprachen darüber, warum ich getrunken habe.
    Ich erzählte ihm davon, wie leer ich mich gefühlt und wie ich versucht hatte, diese Leere zu füllen.
    Er sagte, diese Leere sei wie Treibsand, und ich würde rasch darin versinken.
    Er bat mich, all die Dinge aufzulisten, die diese Leere noch vergrößerten.
    Pleite zu sein , sagte ich.
    Betrunken zu sein.
    Kunden zu verlieren.
    Zoe zu verlieren.
    Ein Baby zu verlieren.
    Dann sprach er darüber, wie man diese Leere füllen könnte.
    Mit Gott. Mit Freunden. Mit einer Familie.
    »Ja«, sagte ich und schaute zu Boden. »Ich danke Gott für Reid.«
    Doch Pastor Clive hört, wenn man etwas nicht so meint, wie man es sagt, und er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Das ist nicht das erste Mal, dass Reid dich aus dem Sumpf gezogen hat, nicht wahr?«
    »Nein.«
    »Wie fühlst du dich dabei?«
    »Wie glauben Sie wohl?«, explodierte ich. »Ich fühle mich wie ein verdammter Looser. Reid scheint immer alles zuzufliegen, und ich drohe ständig zu ertrinken.«
    »Das liegt daran, dass Reid sich in Jesu Hände gegeben hat. Er lässt sich von einem anderen über die Stromschnellen führen, Max, während du … du versuchst noch immer, gegen den Strom anzuschwimmen.«
    Ich grinste. »Ich soll also einfach loslassen, und dann kümmert sich Gott schon um alles?«
    »Warum nicht? Du selbst hast in letzter Zeit definitiv keinen allzu überzeugenden Job gemacht.« Pastor Clive trat hinter meinen Stuhl. »Sag Jesus, was du willst. Was hat Reid, was du auch haben willst?«
    »Ich werde nicht laut mit Jesus sprechen …«
    »Glaubst du nicht, dass er auch deine Gedanken lesen kann?«
    »Na, schön«, seufzte ich. »Ich

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