Ein Lied für meine Tochter
passiert, bedeutet, dass ich vermutlich sicher davor bin. Du bist so etwas wie mein Glücksbringer.«
Zoe blinzelt verwirrt … Dann lacht sie laut. »Ich kann einfach nicht glauben, dass du das wirklich gesagt hast.«
»Und ich kann nicht glauben, dass es mir gelungen ist, dich zum Lachen zu bringen, obwohl du doch eigentlich Gott und die Welt verfluchen müsstest. Ich will dir mal was sagen, Zoe: Du bist eine lausige Krebspatientin.«
Und wieder lacht sie. »Ich habe Krebs«, sagt sie in ungläubigem Ton. »Ich habe wirklich Krebs.«
»Vielleicht schaffst du es ja, vor Sonnenuntergang auch noch Wundbrand zu bekommen.«
»Wäre das nicht ein wenig gierig?«, erwidert Zoe. »Ich meine, jemand anderes wird doch sicher auch eine Heuschreckenplage oder die Schweinegrippe brauchen können …«
»Oder Termiten«, füge ich hinzu. »Trockenfäule.«
»Eine Zahnfleischentzündung.«
»Einen Wasserrohrbruch«, schlage ich vor.
Zoe hält kurz inne. »Metaphorisch gesprochen«, sagt sie dann, »war das wohl von Anfang an das Problem.«
Und wir beide lachen so laut, dass die Schulsekretärin, die ihr Büro nebenan hat, den Kopf hereinsteckt, um zu sehen, ob wir in Ordnung sind. Zu dem Zeitpunkt laufen mir schon die Tränen über die Wangen, und vor lauter Lachen habe ich Bauchschmerzen. »Ich brauche eine Totaloperation«, sagt Zoe, beugt sich vor und schnappt nach Luft, »und ich kann nicht aufhören zu lachen. Irgendwas stimmt doch nicht mit mir.«
Ich starre sie so ernst an, wie ich kann. »Nun ja … Ich glaube, du hast Krebs«, sage ich.
Nachdem ich mich gegenüber Teddy, meinem Freund im College, während der Mahnwache für Matthew Shepard geoutet hatte, passierte etwas völlig Überraschendes: Er outete sich auch. So war das also: Zwei Homosexuelle, die ihr Bestes getan hatten, nach außen so heterosexuell wie möglich zu wirken – und jetzt kamen wir endlich mit uns selbst ins Reine. Wir kuschelten und umarmten uns weiterhin, allerdings mit großer Erleichterung, nun da wir wussten, dass wir nicht länger (erfolglos) versuchen mussten, einander zu erregen. (Wenn ich früher den Leuten erzählt habe, dass ich im College einen Freund hatte, mit dem ich sogar geschlafen habe, dann waren sie immer überrascht. Aber nur weil ich homosexuell bin, heißt das nicht, dass ich keinen Sex mit einem Mann haben kann. Es steht nur nicht gerade ganz oben auf meiner Wunschliste.) Nach unserem sexuellen Erwachen fuhren Teddy und ich während des Memorial Day nach Provincetown. Wir begafften Dragqueens auf der Commercial Street und vor Sonnenöl glänzende Kerle in Stringtangas am Strand. Wir gingen zu Tee und Tanz ins Boatslip und hinterher in die PiedBar , wo ich so viele Lesben auf einem Haufen sah wie noch nie in meinem Leben. An diesem Wochenende hatte ich das Gefühl, als stünde die ganze Welt Kopf, und Homosexuelle seien die Norm, nicht die anderen. Aber ich hatte auch das Gefühl, dass ich nicht ganz dorthin passte. Ich habe nie zu jener Art von Homosexuellen gehört, die nur mit anderen Homosexuellen rumhängen oder ein wildes, dekadentes Leben führen. Ich bin kein Mannweib. Ich kann nicht Motorrad fahren, selbst wenn mein Leben davon abhängen würde. Nein, ich liege lieber abends um acht im Schlafanzug auf der Couch und schaue mir Wiederholungen von Seifenopern an. Die Folge davon ist allerdings, dass die Frauen, auf die ich in meinem Leben treffe, zumeist heterosexuell sind.
Jeder Homosexuelle hat irgendwann einmal das Pech, sich in jemand Heterosexuellen zu verlieben. Beim ersten Mal denkt man sich: Ich kann sie ändern. Ich kenne sie besser als sie sich selbst. Doch zu guter Letzt hat man dann nur eine kaputte Beziehung und ein gebrochenes Herz. Das heterosexuelle Gegenstück dazu ist die Frau, deren Mann sie jeden Tag verprügelt und von dem sie unerschütterlich glaubt, er werde irgendwann schon aufhören. In beiden Fällen gilt: Menschen ändern sich nicht. Egal, wie charmant man auch ist, und egal, wie sehr man den anderen auch liebt, man kann einen Menschen nicht in etwas verwandeln, das er einfach nicht ist.
Während meiner Kindheit habe ich mich ständig in heterosexuelle Mädchen verliebt, auch wenn ich dem Gefühl damals noch keinen Namen geben konnte. Mein erster Reinfall als Erwachsene war Janine Durfee, die als Catcher im College-Softball-Team spielte. Ich wusste, dass sie einen Freund hatte – einen, der sie ständig betrog. Eines Abends, als sie in Tränen aufgelöst in mein
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