Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Lied über der Stadt

Ein Lied über der Stadt

Titel: Ein Lied über der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ewald Arenz
Vom Netzwerk:
Sie unterhielten sich, und der Uniformierte zeigte auf die Maschine, die Luise nicht erkannt hatte. Sie gingen dorthin, lebhaft ins Gespräch vertieft.
    »Das ist Ritter von Greim«, sagte Luises Gegenüber etwas leiser als vorhin und deutete auf den Uniformierten. »Ihm gehört die Flugschule hier.«
    Luise sah ihm hinterher. Ritter von Greim war ihr natürlich ein Begriff. Einer der Weltkriegspiloten. Sie hatte ihn sich älter vorgestellt.
    »Und der andere?«, fragte sie, ebenfalls mit gesenkter Stimme.
    »Das ist Fieseler. Mit seiner neuen Maschine. Hat er selber entworfen.«
    Luise war völlig überrascht. »Die Schwalbe?«
    Am liebsten wäre sie sofort hinübergegangen. Ihr Gesprächspartner musste die kleine Bewegung wohl gesehen haben, denn er fragte: »Sie kennen Fieseler?«
    Luise musste vor Aufregung lachen. »Nein! Ja, doch! Nicht persönlich natürlich. Aber Fieseler! Das ist Fieseler?«
    »Allmählich habe ich das Gefühl, Sie werden recht enttäuscht sein, wenn Sie meinen Namen hören«, sagte ihr Pilot lächelnd, »anscheinend kennen Sie die Berühmtheiten alle schon.«
    »Entschuldigen Sie!«, rief Luise immer noch etwas aufgeregt. »Bitte: Wie heißen Sie?«
    Er deutete eine kleine Verbeugung an: »Arthur Greben. Und Sie, Fräulein?«
    »Luise Anding«, sagte Luise höflich, um dann doch noch gleich nachzufragen: »Wird Fieseler Rückenflug zeigen? Kann er wirklich eine Außenrolle fliegen?«
    Greben musste lachen. »Fräulein Anding«, sagte er, »Sie werden es gleich sehen. Aber Sie müssen jetzt hier raus, egal, ob der Herr Walther es Ihnen erlaubt hat oder nicht. Es geht gleich los, und wenn von Greim Sie hier sieht, wirft er Sie raus, und Sie sehen gar nichts.«
    Luise zögerte kurz und warf einen Blick auf Fieselers Maschine. Jetzt, nachdem sie wusste, wem sie gehörte und wer sie gebaut hatte, bereute sie, dass sie keine Fotos von ihr gemacht hatte.
    Greben bemerkte wohl, was in ihr vorging.
    »Wenn es vorbei ist, dürfen Sie noch mal aufs Flugfeld kommen«, versprach er. »Und wenn Sie aufgehalten werden, dann sagen Sie, dass Greben es erlaubt hat. Ich bin mir nicht sicher, ob Walther noch einmal funktioniert.«
    Luise merkte, dass sie ein wenig rot wurde, und hoffte, man würde es nicht sehen.
    »Danke«, sagte sie schnell, »ich komme auf jeden Fall.« Da fiel ihr noch etwas ein, und sie blieb erneut stehen.
    »Na?«, fragte Greben, der sich noch einmal umdrehte. Er hatte sich schon gebückt, um die Hemmschuhe vor den Rädern wegzunehmen.
    »Ob ich … darf ich vielleicht den Motor noch fotografieren?«, fragte sie schnell.
    Greben sah sie einen Augenblick völlig verblüfft an. Dann lachte er laut los.
    »Das ist wirklich großartig! Alle anderen hätten gefragt, ob sie mich fotografieren dürfen. Und Sie wollen ein Foto vom Motor! Sehr gut, Fräulein Anding, wirklich sehr gut! Ich mag Sie! Machen Sie Ihr Foto, und dann raus mit Ihnen!«
    Luise fotografierte Motor und Aufhängung, während weiter hinten die ersten Maschinen gestartet wurden. Greben schloss die Bänder seiner Fliegerhaube und stieg auf die Tragfläche.
    »Bis später«, winkte er ihr zu, immer noch lachend, und Luise lief aus der Halle zur brausenden Menge der Zuschauer.

    Es war am frühen Morgen noch diesig gewesen, aber jetzt hatte es ganz aufgeklart, und eine leichte Brise aus Südwesten füllte die rotweißen Windsäcke, die an vier Masten entlang der Start- und Landebahn angebracht waren. Luise war aus der Halle schräg über das Feld gelaufen, das vom Regen der vergangenen Tage ein wenig aufgeweicht war. Die Flieger würden aufpassen müssen, beim Landen nicht ausgerechnet in einer Pfütze aufzusetzen, dachte sie. Wenn ein Rad in der Mulde hängen blieb, konnte das Fahrgestell leicht brechen. Sie duckte sich unter dem Absperrseil hindurch und wurde nach etwas Gedränge und ein paar boshaften Bemerkungen über Leute, die sich an keine Regeln halten können, schnell Teil der Zuschauermenge.
    Der Trubel war gewaltig. Fliegende Händler mit Ballons in Zeppelinform wurden von Kindern umlagert, die ihre Eltern um einen Groschen anbettelten. Zigarren- und Pfeifenrauch stieg von der Tribüne gegenüber auf, wo wohl die Honoratioren der Stadt ihre Sitzplätze hatten. Hier, wo sie stand, inmitten von Arbeitern und Bauern, wurden die billigeren Zigaretten geraucht und schon jetzt, am frühen Vormittag, Bier aus Flaschen in die mitgebrachten Steinkrüge geschenkt. Volksfestatmosphäre lag über dem ganzen Platz. Da dröhnten

Weitere Kostenlose Bücher