Ein Lindwurm unter Wölfen (German Edition)
vielleicht freilassen sollte. Er hatte früher nie ein Problem damit gehabt, andere Jungdrachen zu fressen, doch bei diesem ist es ihm von Anfang an etwas schwer gefallen. Und noch ging es dem Drachen gut. Er war unverletzt und es war noch nicht zu spät für ihn.
„Ich... ich meine... hat Slykur mich verraten? Wie hast du uns gefunden? Wollte er mich loswerden? Hat er dir gesagt, dass du mich fressen sollst?", fragte der Kleine und winselte leise. Er würde eh bald sterben, das wusste er nun und wollte Klarheit ob Slykur wirklich so ein guter Freund war wie er annahm. Der Lindwurm würde es auch schamlos ausnützen können, der Kleine könnte es entweder glauben, oder auch nicht. Das blieb ihm überlassen.
Der Lindwurm beschloss, ehrlich zu sein und sagte: „Es stimmt zwar, dass Slykur schon Drachen verraten hat, aber ich habe ihm nicht wirklich eine Wahl gelassen. Er hat mir ziemlich zugesetzt, als ich ihn zum ersten Mal getroffen hatte. Und vorhin hatte ich mich ja in einen anderen Drachen verwandelt. Da konnte Slykur mich nicht erkennen. Dich hat er nicht verraten. Er wusste ja gar nicht, dass der Drache in Wahrheit ein Lindwurm war. Hehehe.“
„Hör auf zu lachen. Ich sterbe hier drin und du lachst", beschwerte sich der kleine Drache. Er fand es ganz und gar nicht lustig, dass der Lindwurm sich jetzt auch noch lustig machen konnte.
Der Lindwurm starrte eine Weile in die Ferne. Dann fragte er nachdenklich den kleinen Drachen: „Sag mal... wenn ich dich wieder rauslassen würde, was würdest du dann tun?“
„Ich würde wegfliegen und nie wieder kommen. Ich würde meine Freunde nie verraten, auch wenn ich noch so erpresst werden würde. Falls es stimmt was du sagst, verzeihe ich es ihm nicht. Er fühlt sich schuldig und deswegen wollte er mich trainieren, denke ich“, sagte der Jungdrache in vollem ernst. Darauf Velyne: „Hm... willst du wirklich dein Mittagessen ziehen lassen?“
„Hm... irgendwie tut er mir leid. Und vielleicht könnte der Kleine ja mal ein Verbündeter von uns werden. Wir könnten sicher jede Hilfe gebrauchen, wenn wir Slykur beseitigen wollen, oder?“, meinte der Lindwurm nachdenklich. Wie viele Lindwürmer, dachte er meistens drei Schritte voraus. Auch wenn es für andere oft schwer nachzuvollziehen war, lagen Lindwürmer mit ihrer Einschätzung anderer Wesen meistens richtig. Und der Lindwurm war sich ziemlich sicher, dass von dem Kleinen keine Gefahr ausging. Auch nicht, wenn er größer wurde. Und nachdem was er über Slykur gesagt hatte, würde er wohl nicht zu ihm zurückkehren um sich dann gemeinsam mit Slykur an dem Lindwurm zu rächen.
Velyne wollte sich nicht weiter in die Entscheidung des Lindwurms einmischen. Der Wolf selbst war noch nie gut im Entscheidungen treffen und der Lindwurm war dabei auch weitaus erfahrener als Velyne. „Es liegt an dir. Futter ist Futter, aber wenn er dir Leid tut... ich mag eben keine Drachen, da darfst du mich nicht fragen. Hehe, du weißt ja warum. Jedenfalls, er ist deine Beute, er gehört dir, also solltest auch du über sein Schicksal entscheiden“, meinte Velyne grinsend und schleckte den Lindwurm ab.
„Hm.“ Der Lindwurm machte sich erst mal wieder undurchsichtig und überlegte eine Weile. „Ich glaube ich sollte ihn gehen lassen. Ich habe das Gefühl, dass der Tag kommen wird, an dem wir dankbar sein werden, dass wir ihn verschont haben. Frag mich nicht warum ich das glaube. Das sagen mir einfach meine Instinkte. Und es kommt selten vor, dass die sich irren.“
Der kleine Drache schwieg und hörte aufmerksam zu. „Hm... und was willst du dann fressen? Ich meine der kleine Drache hatte dir ja richtigen Aufwand bereitet. Du musstest Slykur überzeugen und seine Anwesenheit ertragen. Ich weiß es nicht was du von dem Ganzen hältst. solange ich heute wieder neben dir schlafen kann ist mir alles Recht“, sagte Velyne dazu und lächelte den Lindwurm glücklich an.
„Hm, darüber mache ich mir keine Sorgen. Es sollte kein Problem sein, etwas anderes Essbares zu finden. Am Besten suche ich mir gleich etwas, dass groß genug ist, damit die anderen Wölfe denken, der Drache wäre noch immer in mir. Sie würden es sicher nicht verstehen, warum ich ihn freilasse. Deshalb sollten wir das besser für uns behalten“, meinte der Lindwurm und begann nun, den Drachen wieder rauszuwürgen.
Der kleine Drache konnte es wirklich nicht glauben. Er hatte innerlich schon alles aufgegeben und hat schon fast nur noch darauf gewartet,
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