Ein Lindwurm unter Wölfen (German Edition)

vertraut. Das tun nämlich nicht viele. Aber wem hätte er sich auch anvertrauen sollen? Er hat ja sonst niemanden. Glaube ich zumindest.“ Der Lindwurm wollte dem Wolf nicht alles genau erzählen, da er der Meinung war, dass der Wolf besser mit Velyne direkt reden sollte, wenn er solche Dinge wissen wollte.
    „Verstehe... war trotzdem leichtsinnig. Und warum hast du ihn nicht getötet, wenn ich fragen darf?“ Der Wolf war schon etwas neugierig, doch man sah nicht jeden Tag einen Wolf mit einem Lindwurm herumwandern. Velyne schlief noch friedlich, von den Fragen bekam er gar nichts mit, was vielleicht sogar besser war.
    „Weil... ich ihn mag. Velyne ist sehr nett. Und außerdem war ich wohl grade nicht so hungrig. Wir Lindwürmer haben ja einen ziemlich schlechten Ruf, aber eigentlich sind wir gar nicht so schlimm. Ich jedenfalls verschone gelegentlich auch mal ein Opfer. Und Velyne wusste es einfach zu schätzen, dass ich ihn nicht getötet habe.“ Mehr wollte der Lindwurm besser nicht erzählen. Zumindest nicht, ohne Velynes Zustimmung.
    Der Wolf nickte, für ihn schien der Lindwurm wohl der erste Jäger zu sein, der nicht dauerhaft skrupellos agierte. Mehr wollte der Wolf auch nicht wissen, er wollte Velyne auch nicht aufwecken. „Na gut... verstehe, aber ein Letztes noch. Hast du nie Angst, dass der Heißhunger dich überkommen könnte?“
    „Nein. Das habe ich gut unter Kontrolle. Natürlich muss ich mich manchmal zurückhalten, aber das schaffe ich schon. Und hier gibt es mehr als genug zu essen für mich. Es ist also nicht so schwer, auf Wölfe zu verzichten“, antwortete der Lindwurm lächelnd. Er beantwortete die Fragen des Wolfs gerne, denn außer Velyne hatte sich nur selten ein anderer Wolf wirklich für ihn interessiert.
    „Dann bin ich ja erleichtert“, meinte der Wolf und seufzte in Erleichterung, auch an seiner Haltung konnte man es auch sehen. „Was fresst ihr Lindwürmer denn? Bisher habe ich auch noch keinen anderen Lindwurm getroffen“, meinte der Wolf, Velyne schlief noch tief und fest während sein Bauch immer dünner wurde.
    „Also eigentlich fressen wir so ziemlich alles, was kleiner ist als wir selbst. Es muss nur lebendig sein. Wir Lindwürmer sind da nicht so wählerisch. Und es ist kein Wunder, dass du noch keinen anderen Lindwurm getroffen hast. Es gibt nicht viele von uns und wir leben oft auch sehr weit voneinander entfernt. Selbst ich habe schon lange keinen anderen Lindwurm mehr getroffen.“
    Der Wolf sah den Lindwurm schon fast ungläubig an. „Also... ist das wahr? Aber das ist doch nicht gut wenn Lindwürmer so weit voneinander weg wohnen. Vermehrt ihr euch überhaupt? Ihr seid doch schon so wenige“, fragte der neugierige Wolf und sah den Lindwurm weiterhin an.
    Der Lindwurm lächelte. „Wir sind von Natur aus Einzelgänger. Das ist für euch Wölfe sicher schwer zu verstehen, da ihr ja meistens in Rudeln lebt. Aber für uns ist es ganz gut, wenn wir nicht so dicht beieinander Leben. So können wir uns nicht gegenseitig unsere Beute streitig machen. Wir kommen meistens nur zur Paarungszeit zusammen. Aber dann wissen wir instinktiv, wohin wir gehen müssen um eine Partnerin zu finden. Ich weiß auch nicht warum, aber es funktioniert.“
    Der Wolf sah den Lindwurm an und wusste nicht wirklich was darauf zu antworten. Es hörte sich schon etwas komisch an, aber er glaubte dem Lindwurm. „Tatsächlich? Aber haltet ihr es denn auch so lange aus? Ich meine... ich verstehe es nicht, da würde ich als Wolf verrückt werden.“ Er sah zum Lindwurm auf und grinste etwas.
    Der Lindwurm lächelte. „Natürlich ist es manchmal nicht leicht, so lange allein zu sein. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran.“ Der Lindwurm schleckte dem Wolf einmal kurz über die Schnauze. „Und seit ich so viele Wölfe um mich habe, fühle ich mich nicht mehr allein. Es ist zwar kein Ersatz für ein Lindwurmweibchen, aber zumindest lenkt es mich etwas davon ab, dass hier keine anderen Lindwürmer in Reichweite sind.“
    Der Wolf zuckte etwas zusammen, als ihn der Lindwurm abschleckte. Er hatte immer noch etwas Angst vor ihm, auch wenn sie nicht sehr groß war. „Wir sind eben nur Wölfe, vom Wesen vermutlich anders. War dein Wolf da schon einmal mit wenn Paarungszeit war? Ihr reist doch zusammen, oder nicht?“
    „Nein, bisher nicht. Und ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee wäre. Von mir hat er zwar nichts zu befürchten, aber ich weiß nicht, wie andere Lindwürmer auf ihn