Ein Lord entbrennt in Leidenschaft
nachgab, ohne einen Ausgleich zu verlangen. Gar nichts wollte er? Keine Gegenleistung irgendeiner Art? Keine Zahlung?
Bei dem Wort errötete Clarissa, was Amelia nicht entging. „Er hat etwas verlangt, nicht wahr? Und da ich Rasenby kenne, weiß ich genau, was. Clarissa, du bist nicht hässlich, wenn du natürlich auch neben mir verblasst. Hat er dich geküsst?“
Clarissa errötete noch tiefer, doch mehr als ein Kopfschütteln brachte sie nicht zustande.
„Er hat dich geküsst! Also, Clarrie! Und hat es dir gefallen?“
Clarissas Wangen glühten. „Amelia, bitte, ich …“
Gnadenlos fuhr Amelia fort: „Nun, du hast ja eine wahrhaft große Gefälligkeit von ihm erbeten. Ich meine, mich aufzugeben … das war mehr als einen Kuss wert. Was also hast du ihm gegeben, meine tugendhafte Schwester? Es muss mehr gewesen sein als nur ein paar Küsse!“
„Amelia, frag nicht. Lass es dabei bewenden, dass es nicht … nicht … jedenfalls war es letztendlich meine Schuld, nicht Kits.“
„Nicht seine Schuld? Himmel, Clarissa, was meinst du? Ach, du lieber Gott!“ Als Clarissa die Hände vors Gesicht schlug und in Tränen ausbrach, ging Amelia plötzlich ein Licht auf. Doch nur ganz kurz überwog ihre Verblüffung. „Er hat mit dir geschlafen! Ich kann es nicht glauben! Meine Schwester hat ihren Heiligenschein verloren! Entjungfert vom berüchtigtsten Frauenhelden der Stadt! Ach, du je!“ Sprachlos starrte sie ihre Schwester an, die ihr mit einem Mal in einem ganz anderen Licht erschien. Sie lächelte boshaft und beugte sich dichter zu Clarissa. „Du musst mir alles erzählen! Sag, war es so schön, wie man hört?“
„Amelia, hör auf, darüber werde ich nicht sprechen. Das betrifft nur Kit und mich.“
Neugierig musterte Amelia die Schwester, die offensichtlich peinlichst berührt war. Und da war noch etwas. Trotz ihrer Müdigkeit sah sie rosig aus, viel hübscher als sonst, und … ja, strahlte irgendwie. Listig sagte sie: „Clarrie, aber – ich meine, weil ich doch bald heiraten werde – sag mir doch wenigstens, ob es dir gefallen hat.“
„Oh ja, es war wunderbar.“ Ihr abermaliges Erröten und ihr Ausdruck höchster Erfüllung verblüffte Amelia, doch eines wurde ihr dabei klar. „Ha, du bist in ihn verliebt, ganz klar! Arme Clarrie, verliebt in einen Wüstling! Stimmt es?“
Clarissas Schweigen sagte ihr genug.
„Wusste ich’s nicht? Ich glaube, du warst von Anfang an in ihn verliebt, und deine edle Geschichte war nur eine Ausrede, um ihn dir selbst zu angeln. Gib es zu!“
Clarissa bereute mittlerweile, dass sie in ihrem aufgewühlten Zustand so kop fl os reagiert und alles preisgegeben hatte. „Nein, bestimmt nicht, ich … ich … ach, es ist gleichgültig. Jedenfalls bin ich froh, dass er dich in Ruhe lassen wird. Wir werden auch so eine Möglichkeit fi nden, dass du Edward heiraten kannst; hab einfach ein wenig Geduld. Und nun geh endlich. Ich habe grässliches Kopfweh.“ Damit sprang sie auf und schob Amelia einfach aus dem Zimmer. Dann verschloss sie die Tür und warf sich aufs Bett, wo sie, endlich allein, in herzzerreißendes Schluchzen ausbrach.
Am Abend, nach einem in sehr gedämpfter Stimmung eingenommenen Dinner, setzte Clarissa ein kurzes Schreiben mit den nötigsten Erklärungen auf, siegelte es und gab es Amelia mit der strikten Anweisung, es umgehend Edward zu überreichen. Natürlich reizte eben das deren Neugier ungemein. Sie öffnete es, kaum dass sie das Haus verlassen hatte.
Während am nächsten Morgen Clarissa nach einer unruhigen, von schweren Träumen geplagten Nacht noch in tiefem Schlummer lag, eilte Amelia schon ins Schlafzimmer ihrer Mutter. Sie hatte sich aus Clarissas Brief genug zusammenreimen können, um zu verstehen, dass ihre Mama eine ungeheure Menge Geld benötigte, und da sie der Ansicht war, selbst nicht ohne eine mindestens ebenso große Summe auskommen zu können, hatte sie sich einen Plan zurechtgelegt, der ihnen beiden dienen würde.
Sie setzte sich ohne Umstände neben ihre Mutter aufs Bett und begann: „Mama, ich muss dir etwas ganz Empörendes mitteilen.“ Und dann enthüllte sie skrupellos ihre Version des Geschehenen, das Clarissa ihr im Vertrauen und unter dem Druck der Ereignisse mitgeteilt hatte.
Lady Maria war zutiefst schockiert. „Was meinst du? Deine Schwester – meine Tochter – kompromittiert von Lord Rasenby?“, fragte sie bebend.
Ungeduldig hielt Amelia ihr das Riech fl äschchen, das sie vorsorglich mitgebracht
Weitere Kostenlose Bücher