Ein Lord entbrennt in Leidenschaft
dachte, ich könne ihn eine Zeit lang hinhalten … Weißt du, Clarissa“, setzte sie halb trotzig, halb selbstgefällig hinzu, „es gibt Wege, einen Mann so zu reizen, dass …“
„Dann erläutere sie mir doch bitte!“
Da sie selten so direkt angegriffen wurde, geriet Amelia unter dem fl ammenden Blick Clarissas ins Stocken. „Ach, ich … mir würde schon etwas einfallen. Und ich fi nde, wir sollten gar nicht über solche Dinge sprechen. Mama wäre entsetzt.“
„Und du meinst, sie wäre weniger entsetzt, wenn du ihr von deinem Vorhaben erzähltest? Mach dich nicht lächerlich! Weißt du, du hast dich wieder einmal von deinem Dickkopf hinreißen lassen. Solange du nämlich deinen Kopf durchsetzen kannst, ist dir gleichgültig, wer dafür zahlen muss – Mama, Edward, Lord Rasenby oder ich! Du bist ein dummes, selbstsüchtiges, gedankenloses Ding und verdienst Edward überhaupt nicht. Aber er muss vor Liebe den Verstand verloren haben, sonst würde er dich fallen lassen, denn du bist einfach nur ein … ein Flittchen. Kit verdient wirklich, vor deinesgleichen beschützt zu werden.“
Verblüfft gaffte Amelia die sonst so ruhige Clarissa an, die anscheinend am Wohlergehen ihrer armen Schwester überhaupt nicht interessiert war und deren Belange nicht wie sonst immer vornan stellte, sondern offensichtlich mehr an Edward dachte, von Rasenby ganz zu schweigen. Halt! Das war es! „Was sorgst du dich plötzlich so um Rasenby?“
„Ich weiß nicht, was du meinst. Ich möchte nicht, dass du überhaupt irgendjemandem wehtust. Mir tut nur der arme Edward leid.“
„Das glaube ich nicht. Und jetzt fällt mir auch ein, dass ich Rasenby seit einigen Tagen nicht gesehen habe. Keiner konnte sagen, wo er ist.“
„Ach? Aber das hast du Mama nicht erzählt. Du hast behauptet, du hättest auf gleich zwei Gesellschaften mit Kit … Lord Rasenby … getanzt.“
Abwehrend wedelte Amelia mit der Hand. „Was denkst du? Ich brauchte schließlich eine Ausrede, um mich mit Edward zu treffen. Aber lassen wir das. Ich will viel lieber wissen, wo Lord Rasenby – oder Kit, wie du ihn nennst – während der letzten Tage war. Genau die Tage, an denen du auch nicht zu Hause warst. Ich glaube, du verschweigst mir etwas, Schwesterchen!“
Erschöpft und aufgewühlt, wie Clarissa war, fi el ihr keine Antwort ein. Sie schüttelte nur den Kopf.
„Himmel! Ich habe recht!“, rief Amelia schadenfroh. „Du bist ganz rot geworden! Los, Clarissa, erzähl, du kannst sowieso nicht lügen. Sag, was hast du gemacht?“
„Nichts! Nichts habe ich gemacht! Ich bin müde. Ich möchte allein sein! Wir reden später weiter.“
„Kommt nicht infrage! Ich werde nicht warten, bis du dir irgendeine plausible Geschichte ausgedacht hast. Ich gehe nicht eher, als bis du mir gesagt hast, was zwischen dir und Rasenby war. Also kannst du genauso gut gleich damit herausrücken!“ Mit funkelnden Augen nahm sie die Verwirrung wahr, die sich auf Clarissas Gesicht spiegelte. Noch nie hatte sie ihre sonst so gleichmütige Schwester derart fassungslos gesehen. Sie fasste sie bei den Schultern und schüttelte sie ein wenig. „Komm, Clarrie, rede. Ich geh sowieso nicht eher.“
Clarissa fühlte sich geistig wie körperlich dermaßen ausgelaugt, dass ihr jede Kraft zum Widerstand fehlte. „Ich … Amelia, du musst schwören, es für dich zu behalten.“
„Ja, ja, bestimmt, rede nur endlich.“
„Also gut. Aber ehe du über mich urteilst, vergiss nicht, dass ich nur dein Bestes im Sinn hatte.“
„Himmel, Clarrie, sag endlich, was du getan hast!“
Und so wurde Clarissa dazu gebracht, einer mit offenem Mund und immer ungläubiger lauschenden Amelia eine stark zensierte Version ihres Abenteuers zu präsentieren.
10. KAPITEL
Nachdem Amelia sich von der empörenden Entdeckung erholt hatte, dass ihre Schwester zu solch liederlichem, leichtsinnigen Betragen fähig war, rief sie erbost: „Du gehässiges Biest! Du konntest es nur nicht ertragen zu sehen, dass ich mein Glück mache! Du hast mir alles verdorben! Meine einzige Chance, reich zu werden! Was soll ich denn jetzt tun?“
„Amelia, sieh doch ein, dass ich es für dich getan habe. Ich habe dich … gerettet.“
„Gerettet für was? Für ein Leben mit Edward in einer abscheulichen kleinen Hütte mit einem Dutzend Gören am Rockzipfel? Da gehe ich lieber auf die Straße!“
„Amelia, du weißt nicht, was du sagst!“ Clarissa, beinahe ein wenig erleichtert, dieses Geständnis hinter sich
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