Ein Lord entdeckt die Liebe
Hund.
Braedon runzelte die Stirn und schaute sich in dem vernachlässigt wirkenden Zimmer um. Auf einem Tisch entdeckte er eine Armee von Zinnsoldaten.
Habe ich mich richtig entschieden? fragte Braedon sich. Ihm fiel ein, wie schockiert er bei Robs Anblick gewesen war. Mairi würde es gewiss nicht anders ergehen. Er räusperte sich. „Man könnte meinen, die Soldaten gefallen dir nicht besonders gut.“
Rob wandte sich um. „Ich weiß nicht, was ich mit ihnen tun soll.“ Den Hund hielt er noch immer fest in der Hand.
Connor hatte Mairi nie gut behandelt. Tatsächlich hatte er sie öfter zum Opfer seiner bösen Streiche gemacht als jeden anderen. Ihr lebhaftes Temperament musste wohl Connors schlechteste Seiten zum Vorschein gebracht haben. Braedon hatte sein Bestes getan, um sie zu schützen. Doch vergeblich. Connors Boshaftigkeit war nur durch seinen Einfallsreichtum übertroffen worden. Immer hatte er einen Weg gefunden, andere unter seiner Grausamkeit leiden zu lassen. Für Mairi war das alles kaum zu ertragen gewesen. Braedon war sich sicher, dass ihre psychischen Probleme hauptsächlich darauf zurückzuführen waren, dass sie sich Connor so viele Jahre lang hilflos ausgeliefert gefühlt hatte.
Deshalb befürchtete er eine äußerst heftige Reaktion von Seiten seiner Schwester, wenn sie Rob zum ersten Mal sah. Wie diese Reaktion allerdings genau ausfallen würde, konnte er sich nicht vorstellen. Alles war möglich … Der Junge sah seinem Vater so unglaublich ähnlich! Vielleicht würde Mairi das nach dem ersten Schock amüsant finden. Es war jedoch auch denkbar, dass sie sich furchtbar erschrecken und in einem Chaos der Gefühle versinken würde.
Seit jenem Gespräch unter Geschwistern in Denning Castle spürte Braedon, dass seine Schwester an einem Scheideweg angekommen war. Wenn es ihr gelang, offen mit Ashton über ihre Gefühle zu sprechen, dann konnte die zweifellos bestehende Zuneigung zwischen den beiden zu einer umfassenden Heilung führen. Mairi würde lernen, ein ruhigeres und dabei glücklicheres Leben zu führen. Braedon wünschte sich sehr, dass es dazu kommen würde. Deshalb war er fest entschlossen, nicht zuzulassen, dass äußere Einflüsse einen solch guten Ausgang verhinderten.
„Rob“, sagte er, „kommst du bitte einmal zu mir? Ich möchte etwas mit dir besprechen.“
Der Junge kletterte vom Fenstersitz hinunter und näherte sich dem Marquess langsam. Vorsichtig.
Braedon hatte inzwischen auf einem der kleinen Stühle Platz genommen.
Zögernd ließ Rob sich ihm gegenüber nieder. „Möchtn Sie Ihren Hund wiederhabn?“, fragte er scheinbar gelassen. Dabei hielt er die Holzfigur fest umklammert.
„Nein“, meinte Braedon, dem die versteckte Angst nicht entgangen war. „Du hast ihn von deinem Vater bekommen. Deshalb gehört er jetzt dir.“
Sichtlich erleichtert atmete der Junge auf.
Marland griff nach einem der Zinnsoldaten und prüfte mit der Fingerkuppe, wie spitz dessen auf den Gewehrlauf aufgesetztes Bajonett war. Dann stellte er ihn so auf den Tisch zurück, dass die Waffe auf einen französischen Soldaten zeigte. Als er den Laut nachahmte, der beim Abfeuern eines Gewehrs entsteht, und den Franzosen leicht anstieß, fiel der gehorsam um.
Der Junge zeigte keinerlei Interesse. „Warum lassn Sie Ihr Haar nich schneidn?“, fragte er.
„Weil es mir so gefällt, wie es ist“, gab er zurück.
Rob fuhr sich mit der Hand durch sein eigenes kurz geschnittenes Haar und schwieg.
„Du magst Hunde, nicht wahr?“
Ah, das Kind lächelte. Zum ersten Mal, soweit Braedon sich erinnern konnte.
„Ja.“
„Weißt du, wie man sich um einen Hund kümmern muss?“
Rob nickte. „Wir hattn Hunde. Einer gehörte in die Küche, der andere in den Stall. Er hat auf die Pferde aufgepasst. Un ich habe ihn jeden Tag gefüttert. Manchmal hab ich ihn auch gestriegelt.“ Er runzelte die Stirn und streckte plötzlich kampflustig das Kinn vor. „Mein Dad mochte Hunde. Er hat sie mitgenomm auf die Jagd.“
„Das stimmt“, meinte Braedon. Er war erstaunt darüber, wie leicht es ihm fiel, sich mit dem Jungen über Connor zu unterhalten. „Dein Dad hat oft gejagt.“ Er wartete einen Moment lang, doch Rob hatte nichts weiter zu sagen. Also kam Braedon auf das Thema zu sprechen, um das es ihm von Anfang an gegangen war. „Ich habe ein paar Briefe an Leute geschrieben, die auf dem Land wohnen. Nette Leute. Bestimmt wird eine der Familien dich gern aufnehmen. Du kannst dann auf dem Land
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