Ein Lord entdeckt die Liebe
ihr das Herz brechen, indem er ihr zeigte, dass er schockiert oder sogar voller Widerwillen war? Nicht auszudenken, dass er womöglich Mitleid mir ihr empfand. Nein, das würde sie nicht ertragen!
Schritte näherten sich, und Chloe begann den Kristalltropfen zu polieren. Zumindest, bis ihr Blick auf den Marquess fiel. Er musste aus dem hinteren Teil des Hauses gekommen sein. Und er ging so vorsichtig, als wolle er vermeiden, von irgendwem bemerkt zu werden. In den Händen hielt er einen großen Korb.
Er durchquerte die Eingangshalle, ohne nach oben zu schauen. Zweifellos rechnete er nicht damit, dass jemand auf der Leiter saß. Einen Moment lang wollte Chloe ihn einfach vorbeigehen lassen. Doch dann kam sie sich vor wie ein Feigling. Himmel, sie war nicht nach London gekommen, um sich wie eine dumme Gans zu benehmen! Also holte sie tief Luft und sagte: „Guten Tag, Mylord. Haben Sie einen Augenblick Zeit für mich?“
Er erstarrte. Dann wandte er sich um und schaute nach oben. „Hardwick! Was tun Sie da?“
„Ich habe den Kampf mit dem Staub und den Spinnweben von Jahrzehnten aufgenommen“, gab sie zurück. Und es gelang ihr tatsächlich, ihrer Stimme einen fröhlichen Klang zu verleihen.
„Nun, Sie hätten wissen müssen, was auf Sie zukommt. Schließlich habe ich Sie und Mairi gewarnt. Und nun steigen Sie bitte herunter, ehe Ihnen etwas zustößt!“ Er setzte den Korb in einer Ecke ab, trat dann zur Leiter und streckte die Arme aus, um Chloe zu helfen.
Ein seltsamer Laut drang aus dem Korb.
Chloe achtete nicht darauf, denn jetzt lagen Marlands Hände auf ihrer Taille, und heiße Schauer überliefen ihren Körper. Sie umfasste fest seine Schultern und ließ sich von ihm von der Leiter heben.
Dann stand sie vor ihm und rührte sich nicht. Auch der Marquess stand reglos. Staub rieselte von dem in Schwingung geraten Lüster herab und legte sich als dünne graue Schicht auf ihr Haar und ihre Kleidung.
Ihr Herz raste. Braedons Hände verströmten eine Hitze, die sich in ihrem Körper ausbreitete und das Blut in ihren Adern zum Kochen zu bringen schien. Sie hielt den Atem an. Marland musste das doch auch spüren!
Ja, gewiss hatte er es bemerkt, denn abrupt ließ er sie los und trat einen Schritt zurück.
„Ich habe mit einigen Bekannten gesprochen, die der Gesellschaft der Altertumsforscher angehören“, begann er. „So konnte ich ein paar interessante Kleinigkeiten über den Speer erfahren. Signor Pisano hat recht. Es gibt niemanden unter den Mitgliedern, der sich nicht für den Speer interessiert. Ich nehme an, das haben Sie inzwischen auch herausgefunden. Oder haben Sie gar keinen Kontakt zu Ihren Bekannten aufgenommen?“
„Ich habe einige Briefe geschrieben“, erklärte sie. „Aber leider mit wenig Erfolg. Niemand scheint zu wissen, wer der geheimnisvolle Nabob ist, in dessen Besitz sich der Speer befindet.“
„Mir erging es ähnlich. Ich kann nur sagen, dass die wildesten Gerüchte im Umlauf sind.“
„Das kann ich bestätigen. Jemand schrieb mir, er habe gehört, der Speer sei aus vergoldetem Holz und schon ganz brüchig.“
„Laxton hat überall herumerzählt, der Speer sei ins Land geschmuggelt worden, weil der Prinzregent damit ermordet werden solle. Er behauptet nun, es sei seine Pflicht als Patriot, die Waffe an sich zu bringen.“
Chloe verdrehte die Augen. „Laxton scheint wirklich überhaupt keine Skrupel zu haben. Und da wir gerade von ihm reden … Ich wollte Sie fragen, ob Ihnen in letzter Zeit etwas Ungewöhnliches aufgefallen ist.“
„Etwas Ungewöhnliches? Und was könnte das mit Laxton zu tun haben?“
Sie berichtete ihm, dass sie seit kurzem das Gefühl hatte, beobachtet zu werden. „Als ich gestern Nachmittag nach Ashton House ging“, sagte sie, „war es besonders stark. Ich wollte etwas aus meinem Zimmer dort holen. Auf den ersten Blick sah alles völlig normal aus. Aber ich konnte deutlich spüren, dass jemand in dem Raum gewesen war. Ein paar Sachen lagen nicht an der Stelle, wo ich sie hingelegt hatte. Und dann stellte ich fest, dass das, was ich suchte, verschwunden war.“
Braedon runzelte die Stirn. „Mir selbst ist nichts aufgefallen. Könnte es sein, dass Ihre Nerven Ihnen einen Streich spielen? Sie sind schließlich durch die Ereignisse der letzten Tage stark belastet.“
„Das ist kein ausreichender Grund dafür, dass mein Notizbuch gestohlen wurde.“
„Nein, natürlich nicht!“ Er dachte angestrengt nach, und plötzlich huschte ein
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